Wer schon alles Wissenswerte über Johann Peter Hebel zu wissen meint, ist Bernd Grether noch nicht begegnet. Von Walter Bronner Weil am Rhein. Der gebürtige Schopfheimer und Wahl-Offenburger, der sich seit seiner Kindheit aus Neigung und als Pädagoge auch von Berufs wegen intensiv mit dem bedeutenden Dichter, Geschichtenerzähler, herausragenden Kirchenmann und Moralisten befasst, war am Mittwoch bei den Weiler „Herbstzeitlosen“ zu Gast und sicherte sich mit seinen Hebel-Betrachtungen während eineinhalb Stunden die konzentrierte Aufmerksamkeit seines bildungsbeflissenen Senioren-Publikums. Dabei sprach er vor einem Auditorium, das mit Hebel sehr wohl vertraut ist, denn die Beschäftigung mit ihm ziehe sich „wie ein roter Faden“ durch die Programme der „Herbstzeitlosen“, betonte deren Leiterin Carolin Lefferts. Die diesbezüglichen Anlässe rekapitulierte Hanspeter Vollmer, ehemals Rektor in Binzen und Moderator dieses Hebel-Nachmittags im gut besuchten Gewölbekeller des Alten Rathauses. Außerdem rezitierte er den „kläglichen Versuch“ einer Hochdeutsch-Übersetzung des Gedichts „Knabe im Erdbeerschlag“. Solche Versuche gab es immer wieder, sogar von Hebel selbst, legte der Referent dar und verwies auf Büchnerpreis-Träger Arnold Stadler, der Hebels bedeutendstes Versepos „Die Vergänglichkeit“ als unübersetzbar bezeichnete. Beispielhaft veranschaulichte Grether alsdann die unterschiedlichen Sprachfärbungen im Dialekt zwischen dem evangelischen und katholischen Wiesental, schilderte die Erfolgsgeschichte des „Rheinländischen Hausfreund“-Kalenders und stellte frappierende Gegenwartsbezüge zu den Ermahnungen des „Wegweiser“-Gedichts her. Stichwörter hierzu waren Mindestlohn, Bargeldabschaffung, Abgas-Skandal und verkaufsoffener Sonntag. Den Moralisten Hebel und „Reporter mit Blick hinter die Dinge“ definierte der Referent am Beispiel der Gedichte vom „Mann im Mond“ und „Der Winter“, ebenso an Kalendergeschichten und Anekdoten wie „Dankbarkeit“, „Schlechter Lohn“, „Mittagessen im Hofe“ und „Der Barbierjunge von Segringen“. Mit Verweisen auf Goethe, der von Hebel große Stücke hielt, sowie mit den hintersinnigen Geschichten von Zundelheiner und Zundelfrieder charakterisierte Grether den mit feinem Humor begabten Aufklärer, verständnisvollen Seelsorger, Natur- und Menschenfreund, der dieses positive Image von sich auch ganz bewusst pflegte, weswegen er sogar etwas weniger günstig lautende Akten über sich verschwinden ließ. Das Charakterbild vervollständigten Verszitate aus „Der Kirschbaum“, „Agathe an der Bahre des Paten“ und „das Spinnli“, das Trachtenträgerin Paula Röttele dann auch vollständig rezitierte. Ein komprimierter Lebenslauf Hebels vom Wiesentäler Waisenbub bis zum ersten Kirchenmann im Großherzogtum garnierte Grether mit etlichen anekdotischen Einsprengseln, die des Dichters Heimweh nach dem Oberland, seine keusche Verehrung der Weiler Pfarrerstochter Gustave Fecht und seine enorme Arbeitsdisziplin beleuchteten. Zitate aus Briefen an Gustave und die – ebenfalls mit gezügelter Leidenschaft verehrte – Schauspielerin Henriette Hendel, an Sophie Haufe und an den Theologenfreund Friedrich Wilhelm Hitzig ergänzten den faktenreichen Vortrag.