Weil am Rhein Ein Stuhl erobert die Welt

Weiler Zeitung
Monoblocs in der kommenden Ausstellung Foto: zVg/Jürgen Lindemann Foto: Weiler Zeitung

Design: „Monobloc“ im Vitra Schaudepot / Temporary Space / Eröffnung ist am 16. März

Weil am Rhein. Er ist das am weitesten verbreitete Möbel der Welt: der weiße Kunststoffstuhl. Als Inbegriff der Massenware ist er überall dort zu finden, wo eine billige Sitzgelegenheit gebraucht wird, ob in europäischen Vorgärten, afrikanischen Cafés oder asiatischen Straßenrestaurants. Diesem Stuhl widmet sich „Monobloc – Ein Stuhl für die Welt“ vom 17. März bis 18. Juni. Die dritte Wechselausstellung im Vitra Schaudepot erzählt die Geschichte des kaum erforschten Alltagsobjekts. Sie zeigt Vorläufer, Variationen und Neuinterpretationen und geht der Kulturgeschichte eines Objekts nach, das unsere Welt prägt, heißt es in einer Mitteilung des Museums.

Die Grundidee des so genannten „Monobloc“-Stuhls geht zurück auf die alte Vision vieler Designer, einen Stuhl aus einem einzigen Stück Material herzustellen. Ab den 1920er Jahren wurde – zunächst durch Verformung von Metallblechen oder Schichtholz – mit dieser Idee experimentiert. Ab den 1950er Jahren machten neue Kunststofftechnologien es möglich, Stühle in Guss- oder Pressverfahren in einem einzigen Produktionsschritt zu fertigen. Daher stammt auch der Beiname „Monobloc“, der sich auf diese simple Herstellungsweise und das einfache Aussehen der so entstandenen Möbel bezieht. Zu den ersten serienreifen Stühlen, die so produziert wurden, zählen der „Panton Chair“ des dänischen Designers Verner Panton (1958-68), der „Bofinger-Stuhl“ des deutschen Architekten Helmut Bätzner (1964-68) und der Stuhl „Selene“ des italienischen Designers Vico Magistretti (1961-68). Auf Basis dieser Vorläufermodelle entwarf der französische Ingenieur Henry Massonnet 1972 den „Fauteuil 300“, der als Urtyp des erschwinglichen Kunststoffstuhls gilt. Dabei konnte Massonnet den Produktionsprozess so weit rationalisieren, dass ein Fertigungszyklus weniger als zwei Minuten dauerte.

Ab den 1980er Jahren brachten immer mehr Unternehmen ähnliche Modelle auf den Markt. Mit seiner weltweiten Ausbreitung wurde der weiße Monobloc zu einem Objekt, an dem sich Fragen und Widersprüche der Konsumgesellschaft manifestieren. Der Plastikstuhl ist Inbegriff eines erschwinglichen und damit demokratischen Möbels. Er gilt zugleich als wenig nachhaltig und steht für einen globalen Massenkonsum uniformierter Produkte.

Der gleiche Monobloc, der in manchen Ländern mit Billigkonsum und Wegwerfware assoziiert wird, gilt in anderen Ländern als Wertgegenstand und wird repariert.

Viele zeitgenössische Designer haben Neuinterpretationen des Monobloc geschaffen, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen. Besonders prominente Beispiele sind „Café Chair“ von Fernando und Humberto Campana (2006), „Respect Cheap Furniture“ von Martí Guixé (2009) oder das eigens für die Ausstellung gefertigte Objekt „Monothrone“ von Martino Gamper (2017).

Ergänzt wird die Ausstellung durch Hintergrundinformationen und Bilder, die den Stuhl in den unterschiedlichsten Kontexten zeigen – bei der Gartenparty oder im politischen Krisengebiet.

Die Ausstellung zeigt anhand von 20 Objekten einerseits die technische Entwicklung des Vollkunststoff-Stuhls, andererseits die kulturspezifischen Konnotationen des Möbels. Der Monobloc steht für eine pluralistische Designgeschichte abseits kanonisierter Klassiker. Gerade seine Widersprüche machen ihn zu einem Symbol für die Komplexität der materiellen Kultur unserer Zeit, schreibt das Museum.  Eröffnung: Donnerstag, 16. März, 19 Uhr, Vitra Schaudepot; Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr

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