Weil am Rhein Einblicke in die Seele des Künstlers

Weiler Zeitung
Tierkopf, Lehmfiguren und -bilder sorgen im „Underground“ für Atmosphäre. Fotos: Gabriele Hauger Foto: Weiler Zeitung

Ausstellung: Johannes Beyerle stellt im „Underground - Frei Raum für Kunst“ aus

Von Gabriele Hauger

Weil-Haltingen. Majestätische Weidbuchen-Stämme, eine stille Landschaft, ein einsamer Mann mit Block und Zeichenstift. Der einführende Film zur neuen Ausstellung im Haltinger „Underground – Frei Raum für Kunst“ präsentiert Johannes Beyerle auf Spuren- und Motivsuche. Beim anschließend in dessen Atelier gefilmten Gespräch erhält der Zuschauer inspirierende Einblicke in die kreativen Prozesse des Zeichners und Bildhauers.

Unter dem Ausstellungstitel „Zeichenroman“ präsentiert sich Beyerle hier von zwei Seiten: Da sind in den oberen Galerieräumen zum einen erstmals gezeigte Bilder-Serien, die Texte und Zeichnungen kombinieren. Im atmosphärischen „Untergrund“, den eigentlichen Räumen der Galerie, zeigt der Künstler zum Zweiten neben seinen bekannten Lehmfiguren auch eigens für die Ausstellung geschaffene Lehmbilder. Das erdnahe, geradezu archaische Arbeiten mit Lehm fasziniert Beyerle nach wie vor. In die senkrechten oder waagrechten Flächen der Bilder arbeitet er oft in Steinbrüchen gesammelte Steine ein, schafft so Strukturen, eine dominierende Bruchlinie und kreiert Bilder, die die Ästhetik der Natur widerspiegeln. Sorgfältig wählt der Künstler im Vorfeld dieses Schaffensprozesses ihn inspirierende poröse, morbide Gesteinsteile, löst diese vorsichtig heraus und arbeitet sie anschließend in die Lehmflächen ein. Mit dem Spachtel schafft er Brüche, Risse, Verletzungen. Mittels Patina lässt er Werke entstehen, die naturnah und doch klar von Menschenhand geschaffen sind.

Gezielt sucht der Künstler in der Natur nach Gesteinsformen, die ihn zu seinen Figuren inspirieren. Tierköpfe sind ein großes Thema. Was zunächst eher abstrakt wirkt, enthüllt beim Umrunden und intensiven Studium Augen, Hinterkopf oder eine Schnauze. An anderer Stelle schält sich deutlich ein Frauengesicht aus dem Lehm oder die Form eines Torso. In ihrer erdigen Farbgebung entwickeln diese Arbeiten in den bräunlichen Kellerräumen eine ganz besondere Wirkung.

Skizzenbücher

Auf einem Regal aufgereiht präsentiert Beyerle zudem sechs seiner Skizzenbücher aus den Jahren 2013 bis 2017, von denen er sich nur schwer trennen kann, wie er bekennt. Jedes dieser Bücher, in denen der Besucher blättern kann, enthält komprimiert zeichnerische und textliche Ideen, Entwürfe, Gedanken, Inspirationen – eine Art „Zeichenroman“, wie ja auch der Titel der Ausstellung lautet – kurzum: Seiten, die Einblick in die Seele des Künstlers geben.

Diese Bände schaffen die Verbindung zu den oben ausgestellten Zeichnungen. „Zeichennacht“ heißen beispielsweise die zehn Bilder im Gang. Vielfach nachts entstanden, lassen sich hier Textstellen entziffern, lässt sich Figürliches wie Bäume, Menschen, Gesichter herauslesen. An manchen Stellen überwiegt Durchgestrichenes und somit in Frage Gestelltes. Zeichnungen und Texte werden teilweise schraffiert. Dies alles spiegelt den Schaffensprozess des Künstlers wider, der nicht speziell an Personen oder Landschaften gebunden ist. Vielmehr greift Beyerle persönliche Assoziationsketten auf. Die werden zuweilen von konkreten Ereignissen oder Begegnungen mit Menschen und deren Erzählungen ausgelöst: Titelgebende Seriennamen wie „Elsa“ oder „Thomas“ verweisen darauf. Vieles belässt er bewusst rätselhaft.

Der konzentrierte Betrachter kann bei Interesse jedoch in einem ausgelegten Buch die ursprünglich von Beyerle verfassten kompletten Original-Texte nachlesen. Oder er lässt sich einfach nur von der Formgebung und Atmosphäre inspirieren. Die Bilder zeigen nie konkrete Landschaften und Personen: Es sind vielmehr Szenen, die im Kopf des Künstlers entstehen. Beyerle hat all dies in einem akribischen und durchdachten Prozess zu Papier gebracht. Die Interaktion zwischen Werk und Besucher ist erwünscht. Wie intensiv sie ausfällt, muss der Betrachter selbst bestimmen.  bis 30. April, Eimeldingerweg 16, Haltingen, Fr und So, 14 bis 18 Uhr, Di bis Do nach Vereinbarung, Tel. 07621/1612672

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