Weil am Rhein Erste Impulse und weitere Ziele

Weiler Zeitung

Bildung: Burkhard Keller leitet seit einem Jahr die Gemeinschaftsschule / Verschiedene Veränderungen

Von Marco Fraune

70 bis 80 Wochenstunden umfasst der Stundenplan von Burkhard Keller. Der Leiter der Gemeinschaftsschule in Weil am Rhein klagt aber nicht, spricht vielmehr von Herausforderungen und intensiven zwölf Monaten. Seit einem Jahr leitet der 48-Jährige die frühere Werkrealschule, die nach den pädagogischen Neuerungen nun parallel auch noch bauliche Veränderungen erfährt.

Weil am Rhein. Burkhard Keller ist fast alleine in dem großen Gebäude an der Egerstraße. Es sind Schulferien, doch noch muss er einiges erledigen. Zugleich ist Zeugniszeit: Keller leitet seit einem Jahr die Schule, die in dieser Form seit zwei Jahren in Weil am Rhein besteht.

Das erste Jahr

Von einem „sehr intensiven Jahr“ spricht Keller, der trotz guter und gründlicher Vorbereitung dann in sein neues Aufgabenfeld irgendwie „reingeschmissen“ wurde. So zumindest bewertet er es zwölf Monate nach dem Start – was keineswegs als Vorwurf formuliert wird, sondern als pure Feststellung der zu meisternden Herausforderungen.

Dieser Begriff ist arg strapaziert, soll daher nicht als Allgemeinplatz, sondern ganz konkret mit Leben gefüllt werden. Also: Zu Beginn des Schuljahres 2016/207 fehlten noch vier komplette Lehrerstellen, also 120 von 780 Schulstunden galt es zu kompensieren, neue Kollegen mussten danach eingearbeitet, die Sanierung des Schulgebäudes begleitet und natürlich der neuen Schulform weitere Konturen verpasst werden. Hinzu kam, den Rollenwechsel zum Schulleiter zu vollziehen, da Keller insgesamt 16 Jahre lang zuvor als „normaler Lehrer“ an der Schule tätig war.

Die neue Rolle

Als Chef, der auf Kollegialität und Teamarbeit setzt, beschreibt sich der 48-Jährige. „Das geht auch gar nicht anders“, setzt er auf ein bisher fünfköpfiges, ab nächstem Jahr sogar achtköpfiges Schulleitungsteam. Aufgaben wie die Entwicklung der Gemeinschaftsschule, die Organisation des Stundenplans, die Weiterentwicklung des Ganztagsbetriebs oder auch die Entwicklung des Fortbildungskonzepts sind auf verschiedene Experten im Kollegium verteilt.

„Der Zeitaufwand ist enorm“, hat Keller dennoch eine große zeitliche Beanspruchung, also alles andere als einen Nine-to-five-Job. Freude verspürt er daher, dass die neue Schulform in Weil ankomme, da die Gemeinschaftsschule „stabil dreizügig“ sei.

Die Schülerzahlen

Insgesamt 67 Schüler haben sich in diesem Jahr für die Gemeinschaftsschule angemeldet. Im Vorjahr waren es 86 Schüler. „Entgegen dem Trend der Gemeinschaftsschule“ sei man in Weil damit stabil dreizügig, interpretiert Keller die Entwicklung positiv. Auch die Realschule habe weniger Schüler. Positiv sei außerdem, dass damit die Raumnot im Gebäude gelindert werde, da statt vier Klassen dann drei Klassen untergebracht werden müssen.

Schüler und Lehrer

Keller zieht seine Energie aus der Chance, eine neue Schulart zu entwickeln. So ist ihm der Rahmen vorgegeben, doch wie der Künstler eines Gemäldes will er mit wohl überlegten Pinselstrichen ein Werk mit Strahlkraft schaffen. „Das spornt mich an.“ Als Erfolg sieht der 48-Jährige an, dass die Schüler gerne zur Schule gehen. Dies bekomme er bei den vielen Gesprächen mit ihnen mit. „Diese Schule hat aber schon immer Wert darauf gelegt, die Beziehung Schüler-Lehrer zu pflegen.“

Das Kollegium zieht laut Keller bei dem Veränderungsprozess mit. 43 Kollegen sind es, sieben davon neu an der Schule. Die vier Lehrer, die zum Schuljahresende ausscheiden, tun dies aus Altersgründen oder da sie als Krankheitsvertretung eingesetzt waren.

Neue Schulform

Die Gemeinschaftsschule in Weil gibt es nun seit zwei Jahren. Als „vielschichtig“ beschreibt der Schulleiter seine Bildungseinrichtung. Die Entwicklung der Schulart, die unterschiedlichen Niveaustufen oder auch der Ganztagsbetrieb erfordern viele Absprachen unter den Verantwortlichen und eine passende Organisation. „Erste Impulse habe ich gesetzt“, erklärt Keller. Denn für ihn steht fest: „Pädagogik funktioniert nur dann, wenn das Organisatorische funktioniert.“

Die Heterogenität der Schüler habe stark zugenommen, blickt Keller auf insgesamt gut eineinhalb Jahrzehnte Tätigkeit als Lehrer. Die Gemeinschaftsschule kümmert sich um Schüler mit Förderbedarf ebenso wie um diejenigen mit Empfehlung fürs Gymnasium.

„Die Gemeinschaftsschule als Schulsystem ist etwas flexibler als andere Schulformen“, erklärt Keller. Statt auf Frontalunterricht wird auf flexiblere Arbeitsformen gesetzt. Der Pädagoge ist hier Teamspieler, kein Einzelkämpfer. „Die Menge ist zu umfangreich“, setzt der Schulleiter auf die Verteilung von Aufgaben. Dabei müssten alle Lehrer mitgenommen werden. Seine „Wertschätzung gegenüber dem Kollegium“ bringt er in einem Atemzug zum Ausdruck. Der größten Sorge der Überforderung der Lehrer stellt Keller eine effiziente Organisation gegenüber. Teilweise müsse auch etwas zurückgestellt werden, was den Rahmen erst einmal sprengen würde.

Es gibt noch viele Felder, die ausgestaltet werden müssen, weiß Keller. So das Coaching mit Schülern, also auf bestimmte Weise mit den Schülern zu sprechen. „Das muss entwickelt werden. Da wären wir gerne einen Schritt weiter.“ Ein Erledigt-Haken könne er nirgendwo setzen.

Die Eltern

Die Rückmeldungen der Eltern sei überwiegend positiv, freut sich Keller. „Es wird auch Kritik geäußert, aber konstruktive.“ Das Interesse der Eltern an der Schule habe zugenommen, auch würden diese angesichts der Sozialen Medien auch mehr untereinander kommunizieren. Kein Wunder, so der Schulleiter, schließlich würden die Kinder auch den Nachmittag hier verbringen.

Austausch mit Schulen

In Schliengen zählt die Gemeinschaftsschule zu den Starterschulen und kann ebenso auf Erfahrungen zurückgreifen wie die Gemeinschaftsschule in Schopfheim. „Wir können auf diesen Erfahrungen aufbauen“, erklärt Keller. Doch jede Schule sei doch auch anders, blickt er auf Räume, die Schüler oder die Organisationsstruktur.

Die Weiterentwicklung

„Unser Job ist die pädagogische Weiterentwicklung“, gibt der Schulleiter die klare Ausrichtung vor. Je älter die Kinder werden, desto mehr rücke der fachliche Aspekt in den Vordergrund. So wird es nach dem Sommer schon eine siebte Gemeinschaftsschulklasse geben. In drei Jahren stehen dann also erstmals Prüfungen in der neuen Form an. „Das bedarf vieler Absprachen und Konferenzen sowie einer Vertiefung der Fachlichkeit.“ Nicht angestrebt werde aber ein Abiturzweig an der Gemeinschaftsschule. „Das ist ein Teil der Ehrlichkeit. Das können wir nicht leisten.“

An den Erhalt seiner Schulform glaubt Keller zugleich zu hundert Prozent. Doch: „Ich fürchte, dass der Schule zu viele Aufgaben übertragen werden.“ Stattdessen wünscht er sich, dass nun Ruhe in die Bildungslandschaft einkehre und sich seine Schule weiterentwickeln kann.

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