Von Walter Bronner Weil am Rhein. Schade, dass die Altweiler Kirche am frühen Sonntagabend nur etwa zur Hälfte besetzt war. Denn der gastierenden Konstanzer Kammerchor unter Leitung von Michael Auer und mit dem vorzüglichen Organisten Sebastian Bartmann als solistisch brillierendem Mitmusiker bot mit seinem Passionskonzert ein Klangerlebnis von ergreifender Intensität. Vor allem beeindruckte die stattliche Singgemeinschaft mit einer dynamisch kontraststarken Interpretation von außerordentlicher klanglicher Souplesse und astreiner rhythmischer Präzision. Zudem enthielt das mit den Pilatus-Worten „Ecce homo“ überschriebene Programm einige Werke, die in diesem Gotteshaus erstmals zu hören waren. Darunter gleich eingangs eine dem Leitwort des Konzerts gewidmete Motette des 1968 verstorbenen Siegfried Reda. Dieser gilt als einer der profiliertesten Erneuerer der evangelischen Kirchenmusik nach dem zweiten Weltkrieg, dessen zwischen dissonanter Schärfe und kontemplativen Harmonien balancierender Kompositionsstil stark auf große frühere Vorbilder (Ernst Pepping, Hugo Distler) verweist. Ebenfalls erstmals in dieser Kirche zu hören war später auch „Lux aeterna“ des zeitgenössischen schottischen Komponisten James McMillan (*1959), ein von spirituellen Elementen und Anklängen an die traditionelle Musik seiner Heimat durchdrungene Tonschöpfung. Als Rarität geistlichen Chorgesangs gelten durfte nicht zuletzt Francis Poulencs Tonschöpfung „Tenebrae facte sunt“ im erste Konzertteil. Mit Max Regers ebenso anspruchsvoller wie heikler Motette „O Tod, wie bitter bist du“ für achtstimmigen Chor a cappella boten die Sängerinnen und Sänger eine weitere überzeugende Vortragsleistung: untadelig transparent und perfekt austariert. Eingebettet war dieses Vokalwerk zwischen die Fantasie und die Fuge über B-A-C-H, mit dem Reger dem Genius Johann Sebastian Bach seine tiefe Reverenz erwies. Die Aufgliederung dieses erratischen Blocks der klassisch-modernen Orgelliteratur bewirkte eine intensives Hörerlebnis, zumal Sebastian Bartmann das Dickicht Regerscher Akkordarbeit in einer geradezu durchlichteten Wiedergabe transparent machte. Zuvor hatte der Organist Bachs Advents-Orgelchoral „Nun komm der Heiden Heiland“ mit berückender Klanganmut zelebriert sowie mit einer rhythmisch massiv vorwärts drängenden Improvisation sein Können demonstriert. Beschlossen wurde die eindrückliche Passionsmusik mit Bachs selten zu hörender Motette „Komm, Jesu, komm“, die als einzige ihrer Art nicht auf Bibeltexten basiert, sondern Gedanken von Tod und Trauer in trostvolle Zuversicht rückt. Diese erbauliche Stimmung kompensierte auch Max Regers kurzes, von inniger melodischer und harmonischer Schönheit durchströmtes geistliches Lied „Die Nacht ist kommen“, das die Konstanzer noch als Zugabe intonierten.