Weil am Rhein Kreiert wie ein unsterblicher Garten

Weiler Zeitung
Studierende der Basler Hochschule verwandeln das Stapflehus in einen multimedialen digitalen Garten. Foto: Jürgen Scharf Foto: Weiler Zeitung

Ausstellung: Basler Kunst-Studierende stellen im Weiler Stapflehus aus

Weil am Rhein. Diese monumentale Video-Animation animiert einen wirklich: Man könnte fast mit hineinlaufen in diesen digitalen Garten, der sich an der Stirnwand im Stapflehus auftut. Die 3D-Animation von Katrin Niedermeier basiert auf dem Grundriss des Gartens von Versailles. Da sind die Blickachsen, Wege durch geordnete Bahnen, die geschnittenen Hecken, die „dressierte Natur“, Brunnenanlagen, Bassins und Fontänen, wird das Wasser als spiegelbildliches Element in digitale Form übertragen.

Sieben Studierende der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel beschäftigen sich in der neuen Ausstellung des Kunstvereins Weil am Rhein mit der Gartenanlage von Versailles, aber nicht nur als Modell für Gärten; sie denken das Thema in unsere Zeit weiter, wenden es auf die Digitalisierung an und sehen das Internet als Modell für unseren heutigen Umgang.

Immer wieder führt das Ausstellungsthema zur barocken Gartenanlage des Schlossparks zurück und zu zeitgenössischen Analogien hin. Da werden gewisse historische Aspekte des artifiziellen Gebildes Garten unserer gegenwärtigen Epoche gegenübergestellt, etwa Strukturen, Systeme, Symmetrie.

Garten und Internet als Sinnbild des Absolutismus

Die von Katrin Niedermeier angeregte und zusammengeführte Gruppenschau begreift den Garten und das Internet als Sinnbild des Absolutismus und der Überwachung. Zugespitzt gesagt: Das Internet kann man als virtuelles globales Versailles ansehen, mit weltweit agierenden Internetkonzernen als Königen im digitalen Raum.

Da muss dieser Garten fraglos in vielerlei Medien dargestellt werden. Das beginnt bei Keramik und Porzellan, geht über Malerei bis zu Video und digitaler Kunst und endet in der Cloud, der Unendlichkeit. Niedermeier hat Leute ausgewählt, die mit neuen Medien arbeiten oder mit alten Werkstoffen auf neue Art.

Man kann einen virtuellen Rundgang vom Schloss aus starten, das entspricht dem Parterre. Hier stößt man in einer besonderen Choreografie der Exponate auf eine Porzellangruppe von Njomza Sadikaj, die die Skulpturen von Versailles widerspiegeln. In großen Vasen mit barocken Bordüren und imitiertem Stoffdekor, opulenten Figuren ohne Geschlechtlichkeit oder dem Kaffeekannenobjekt werden barocke Formen aufgegriffen und durch Verfremdungen (Klebebänder) in die heutige Zeit transportiert.

Sadikajs Skulpturen wie der Schweinskopf über einer Torte stehen stellvertretend für das Thema Völlerei, sind wohl auch augenzwinkernd gemeint, während sie Zerbrechliches in dem schiefen Turm aus lustvoll aufgeschichteten Scherben thematisiert, auf den man im ersten Stock trifft. Das ist ein ganz anderer Raum, opulent und farbig. Die kinetische Skulptur hier von Katharina Kemmerling ist eine Auseinandersetzung mit Keramik in knalligen Farben und der Versuch, das Innere zu zeigen. Ihr aus Filz gefertigter und mit Watte gefüllter weiblicher Torso, ein Blickfang, geht schon ins Groteske und Monströse.

Visuelles Kaleidoskop

Wie Computerzeichnungen wirkt die Serie von Gemälden Katrin Niedermeiers; die Motive sind bei barocken Figuren, der griechischen Mythologie und Allegorien entlehnt: ein Rückverweis vom Digitalen ins Analoge. Die Videoinstallation „Digital Flowers“ von Nadine Cueni stellt auf fünf Flatscreens eine Neucodierung des Irrgarten-Bildmaterials dar, das als visuelles Kaleidoskop im Loop läuft.

Die Cloud, das Unfassbare

Das Dachgeschoss teilen sich Melanie Kuratli mit einem Mixed-Media-Gemälde voller vieldeutiger dämonischer Wesen sowie Markus Aebersold und Chris Handberg mit einer Deckeninstallation („Nest“): Die Wolke aus Maschendraht und die Videoprojektion darunter sind ein Hinweis auf die Cloud, das Unfassbare.

In dieser modernen Schau, die vielerlei Assoziationen zulässt, wird das Internet also kreiert wie ein „unsterblicher Garten“.  Bis 16. April, Sa 15-18, So und Feiertag 14-18 Uhr

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