Von Dorothee Philipp Weil am Rhein/Freiburg. Der Prozess um den Raubüberfall auf den Marktkauf im Weiler Rhein-Center am 23. Februar vergangenen Jahres zieht sich hin, und am Ende könnte sogar eine Einstellung des Verfahrens stehen. Denn die, die etwas bezeugen könnten, haben Angst. Zwei Maskierte hatten damals am späten Samstagabend die Kassiererinnen abgepasst und gezwungen, den Tresor mit den Tageseinnahmen zu öffnen. Die Beute: 210 000 Euro und 45 000 Schweizer Franken in bar. Von dem Geld fehlt bislang jede Spur. In Untersuchungshaft sitzt seit Juli 2013 ein 29-Jähriger, den eine anonyme Aussage schwer belastet. Zur Verhandlung kommt er in Handschellen mit drei Bewachern. Ein zweiter Beschuldigter wurde aus der Untersuchungshaft entlassen, da mehrere Zeugen – alle aus seinem Freundeskreis – sein Alibi bestätigten (wir berichteten). Neben der anonymen Vertrauensperson bestätigt ein weiterer, namentlich bekannter Informant die Belastung des 29-Jährigen. Und an ihm allein hängt derzeit der Fortgang des Prozesses. Denn der Mann, dem in Friedlingen etwa 15 Geschäfte, darunter Bistros und ein Waschsalon, gehören, hat, wie auch der Anonyme, Angst. Angst vor der Freundesclique um den Angeklagten, die ihm ihre Präsenz mit einem Auftritt mit Teleskop-Schlagstöcken in einem seiner Betriebe demonstriert und einen seiner Spielautomaten zertrümmert hatten. Angst auch wegen der Drohung: „Wir beobachten dich.“ Auch von zerstochenen Reifen und einem Kidnapping-Versuch war die Rede. Da er seinen Wohnsitz in Basel hat, ist es schwierig, ihn gegen seinen Willen in den Zeugenstand zu bringen. Seine Aussagen rekapitulierte vor Gericht ein Kriminalhauptkommissar. Er habe zuletzt nur noch über E-Mail Kontakt mit dem Unternehmer gehabt. Die Geschichte, die dieser erzählt hatte, geht so: Der Angeklagte, der dem Unternehmer etwa 800 Euro schuldete, habe diesen am frühen Sonntagmorgen, dem Tag nach dem Überfall, gegen 6 Uhr in seinem Bistro aufgesucht und ihm 1000 Euro ohne Forderung von Rückgeld auf den Tisch gelegt. Das Geld hätte er aus einem dicken Bündel Banknoten herausgezogen. Schlüsselperson sitzt wegen Tankstellenraubsim Gefängnis Dann habe er ihn gefragt, ob er ihn zum Flughafen fahren könne, er müsse schnell weg. Das habe er getan, aber den Vorfall erst später mit dem Verbrechen in Zusammenhang gebracht. Der 29-Jährige habe auch nicht gesagt, wohin er fliegen wolle. Inzwischen bereue der Informant seine Aussage, sagte der Kriminalbeamte. Was die Geschichte noch komplizierter macht, ist das Verhältnis des albanisch-kroatischen Freundeskreises, zu dem der Angeklagte gehört, zu einer türkisch-kurdischen Gruppe. Ein Mitglied dieser Gruppe soll einen Teil der Marktkauf-Beute gestohlen haben, was die Freundschaft der beiden Cliquen abgekühlt haben soll. Eine Schlüsselperson sitzt derzeit wegen eines Tankstellenraubs in einer Zuger Haftanstalt ein. Er hatte über seine Anwältin mitteilen lassen, er werde zur Marktkauf-Sache nicht aussagen. „Friedlingen ist ein Sumpf“, kommentierte der Kripo-Beamte die hartnäckigen Fragen des Anwalts, was der Unternehmer an diesem Tag in Weil genau gemacht habe. So bleibt dem Gericht jetzt nur noch die Hoffnung, den Unternehmer doch noch zur Aussage zu bewegen, wobei sich die Suche nach ihm schon allein wegen der Vielzahl seiner Betriebe einigermaßen kompliziert gestaltet. Solange die anonyme Vertrauensperson und der Informant ihre Aussagen aber nicht vor Gericht wiederholen, scheinen die Täter gute Karten zu haben, und ihr Verfahren könnte eingestellt werden. Mindestens drei Täter sollen es gewesen sein: auf die beiden Räuber im Marktkauf hatte ein Auto gewartet, was ein Zeuge bestätigte. Einen weiteren Strohhalm in der Beweiskette sieht das Gericht in der Auswertung von Flugdaten vom 24. Februar 2013. Hier stellen aber die verschiedenen nationalen Zuständigkeiten am Euro-Airport ein weiteres zeitraubendes Hindernis dar. Die nächsten Verhandlungstage sind auf den 5. und 6. Mai angesetzt.