Zum Thema „Demokratien unter Druck: Wie wehrt sich das liberale Europa"“ hatte der Weiler FDP-Ortsverband den Referenten Michael Theurer eingeladen. Der Vorsitzende der FDP Baden-Württemberg und Abgeordnete des Europäischen Parlaments gab zu dem heiklen und nicht nur in Europa zu beobachtenden Phänomen der Erstarkung extremer Parteien zahlreiche Denkanstöße. Von Adrian Steineck Weil am Rhein. Simon Basler brach das Thema zu Beginn auf die Situation in Weil am Rhein herunter. „Wir haben gesehen, was passiert, wenn Pegida durch die Stadt marschiert und wenn Antifaschisten aktiv werden, und wir haben gesehen, was passiert, wenn die Mitte der Gesellschaft aufsteht“, sagte der Vorsitzende des Weiler FDP-Ortsverbands mit Blick auf den Sternmarsch vom 17. September. Zudem gebe es in Weil am Rhein wie sonst nur in wenigen Städten in Baden-Württemberg einen Stadtrat der rechtsextremen NPD: Das werfe die Frage auf, wie die liberale Politik auf das Erstarken rechts- wie linksextremer Parteien reagieren solle. Theurer erinnerte die gut 30 Besucher im vollbesetzten Nebenzimmer des Altweiler Restaurants „Crea’tif“ daran, dass extreme Parteien immer in Krisenzeiten erstarken würden. Als Beispiel nannte er die Jahre von 1918 bis 1939, die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, die unter anderem von einer Weltwirtschaftskrise geprägt waren. Allerdings greife die Erklärung, dass extreme Parteien immer dort gedeihen würden, wo es hohe Arbeitslosenzahlen gebe, in Baden-Württemberg mit einer vergleichsweise niedrigen Arbeitslosenquote nur bedingt. Auch legte Theurer dar, dass dies kein neues Phänomen sei. So war die NPD von 1968 bis 1972 im Landtag vertreten, die ebenfalls rechtsgerichtete Partei Die Republikaner habe dies von 1992 bis 2002 geschafft. Auch in seiner Zeit als Oberbürgermeister von Horb am Neckar von 1995 bis 2009 habe er mit rechten Umtrieben zu tun gehabt und sei sogar persönlich bedroht worden, als er sich in einem Verein zur Erhaltung der ehemaligen Synagoge im Horber Ortsteil Rexingen engagierte. Es gelte, so Theurer, den Rechten mit einem Bündnis für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte entgegenzutreten. „Die Demokratie ist tragfähig“, ist Theurer überzeugt. Allerdings nahm der Landesvorsitzende seine Parteikollegen auch in die Pflicht: „Wir als Demokraten müssen die Demokratie auch leben.“ Hinsichtlich der Terrorismusbekämpfung plädierte Theurer dafür, dass Geheimdienste länderübergreifend Informationen austauschen sollten. Ähnlich wie der damalige Außenminister und Vizekanzler Hans-Dietrich Genscher in den 1970er Jahren das Bundeskriminalamt gegen die Rote-Armee-Fraktion (RAF) gestärkt habe, gelte es heute, gegen den so genannten Islamischen Staat die Geheimdienste international besser zu vernetzen. In Bezug auf die Flüchtlingsthematik plädierte der Politiker dafür, dass es zwischen den 16 Bundesländern Deutschlands einheitliche Richtlinien für die Registrierung ankommender Flüchtlinge geben müsse. Es könne nicht sein, dass ein Flüchtling in Italien registriert werde, dann in Bayern nach einem bestimmten System und in Baden-Württemberg nach einem anderen. In den USA etwa werde jeder Einreisende biometrisch erfasst und lasse sich dann unabhängig vom Vorhandensein eines Passes einwandfrei zuordnen. Dass das Thema Flüchtlinge auch in der Grenzstadt Weil am Rhein ein großes Thema ist, wurde in der anschließenden Diskussion deutlich. Etwa zehn bis 20 illegale Grenzübertritte gebe es pro Tag, meinte Simon Basler. Einig waren sich alle Besucher darin, dass eine Schließung der Grenze keine Lösung sein könne. Vielmehr gelte es etwa zu fragen, was die deutsche Bundesregierung unternehme, um Italien in der Flüchtlingskrise zu helfen, wie Christoph Hoffmann, Bürgermeister von Bad Bellingen und 2017 der Bundestagskandidat der FDP im Wahlkreis Lörrach-Müllheim, sagte. „Patentlösungen gibt es keine“, machte Michael Theurer schließlich klar. Er versprach den Weiler Liberalen, im kommenden Jahr zur Bundestagswahl wieder zu kommen. Im Anschluss gab der FDP-Bundestagskandidat Hoffmann weitere Denkanstöße. Es sei notwendig, das Asylverfahren zu beschleunigen, sagte er. In Deutschland würden ankommende Flüchtlinge mitunter mehrere Jahre in den Unterkünften auf einen Bescheid über Annahme oder Ablehnung warten, die Schweiz schaffe das in vier Wochen. FDP-Vorsitzender Basler wies darauf hin, dass in den kommenden Jahren überlegt werden müsse, wie in einer flächenarmen Stadt wie Weil am Rhein Wohnraum geschaffen werden könne.