Weil am Rhein (sc). „Ich bin geschichtsverrückt“, sagt Paula Röttele, die am heutigen Freitag noch voller Vitalität ihren 90. Geburtstag feiern kann. Die vielseitig interessierte Frau, die kaum eine Gemeinderats- und Ausschusssitzung als Besucherin auslässt, weil ihr die Entwicklung der Stadt am Herzen liegt, hat sich viele Jahrzehnte in ganz besonderer Weise um das Brauchtum verdient gemacht. Noch heute ist sie engagierte Vorsitzende der Markgräfler Trachtengruppe. In Hauingen ist die Jubilarin geboren. „Man muss wissen, woher man kommt, und aus seinen Fehlern muss man lernen.“ Dieser Satz ihres Vaters prägte Paula Röttele von frühester Kindheit an. Der Vater war es auch, der die Liebe zur Heimat und das Verständnis für das Brauchtum und die Tracht in ihr weckte. „Mein Vater hat mich die Achtung vor der Tracht gelehrt“, sagt die Jubilarin. Die Begeisterung für das Dreiland und die spannende Geschichte des Markgräflerlands trugen dazu bei, dass Paula Röttele 1967 zu den Gründungsmitgliedern des Vereins für Heimatgeschichte und Volkskunde gehörte. Die Gründung der Markgräfler Trachtengruppe, die 1985 im Hinblick auf die 1200-Jahrfeier der Stadt entstand, ist ebenfalls ihr Verdienst. Mit großem persönlichem Einsatz hatte Paula Röttele den Vorsitz bis 2007 inne. Und als sich nach dem Rückzug ihres Nachfolgers niemand fand, übernahm sie vor wenigen Monaten erneut kommissarisch bis zum Jahresende die Führung des Vereins. Viele Ausstellungen in Weil am Rhein, Karlsruhe, Lörrach, Staufen oder im elsässischen Lützel hat die Jubilarin organisiert. Für all ihre Verdienste um den Erhalt und die Erforschung der Tracht ist Paula Röttele 2006 in Hausen mit der Hebelplakette ausgezeichnet worden. Immer war Paula Röttele   mit ihren Trachtenträgern bei verschiedenen Anlässen ein Aushängeschild für die Stadt. Das Erforschen der „alten Tracht“, Vorträge, Hebelabende oder das traditionelle „z’Licht go“  in der Adventszeit – dem unermüdlichen Einsatz der Jubilarin ist es zu verdanken, dass das Brauchtum im Markgräflerland nicht in Vergessenheit geraten ist. Paula Röttele kann begeisternd über viele Begebenheiten berichten. Unterstützt wurde Paula Röttele in ihrem Bemühen stets von ihrem Mann. „Ich wünsche mir, dass ein Nachfolger gefunden wird, damit mein Lebenswerk weitergeführt  werden kann“, sagt die Jubilarin. Paula Röttele sprüht auch mit 90 Jahren noch voller Tatendrang und Ideen. So bereitet sie   die Feier zum 30-jährigen Bestehen der Trachtengruppe im Dezember vor, außerdem wird es im kommenden Jahr eine Lesung über die Dichterin Helene Zapf-Beydeck bei den „Herbstzeitlosen“ geben. So zielgerichtet wie ihre Arbeit für den Erhalt des Brauchtums ist, war Paula Röttele schon als junger Mensch. Schon früh wusste sie, dass sie den Beruf der Schwester erlernen wollte. Die Klosterschule in Erlenbad bei Sasbach bei den Franziskanerinnen hat sie besucht, dann folgte die Höhere Handelsschule in Lörrach und ein Volontariat in der Freiburger Uniklinik. Beim Roten Kreuz in Stuttgart absolvierte sie die Schwesternschule. Bei Kriegsende arbeitete sie im Feldlazarett in Schopfheim und Herten. Dort begegnete sie ihrem späteren Mann, dem Zahnarzt Rudolf Röttele, dessen Mutter eine Zahnarztpraxis führte. In dieser Praxis arbeitete Paula Röttele auch dann weiter, als ihr Mann diese 1949 übernahm. Über 50 Jahre waren die beiden ein gut funktionierendes Team. Ein Lieblingshobby des Ehepaars Röttele war das Reisen. Es gibt kaum einen Kontinent, auf dem sie nicht waren. Dem Paar wurden mit dem Sohn Alexander und der Tochter Antoinette, die heute die Zahnarztpraxis des Vaters weiterführt, zwei Kinder geboren. Zur Familie gehören zwischenzeitlich auch zwei Enkel und zwei Urenkel. Am Jubeltag werden ab 11 Uhr die Gratulanten erwartet. Der Abend gehört dann der Familie.