„Und wo ist denn nun die Sammlung"“ Diese Frage stellen Besucher des Vitra Design Museums immer wieder. Sie haben gehört, dass Vitra seit vielen Jahren eine Sammlung von Design-Objekten aufbaut, die als Wegmarken der Designgeschichte gelten. Jetzt wird ein Teil davon der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Von Dorothee Philipp Weil am Rhein. Das neue Gebäude des „Schaudepots“ hat das Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron entworfen, das erst vor Kurzem wieder mit dem Erweiterungsbau des Colmarer Unterlinden-Museums Schlagzeilen gemacht hat. Das „Schaulager“ soll bewusst nicht wie ein Museum aussehen, erläutert Susanne Graner, die Leiterin der Sammlung. Rund 400 der insgesamt 7000 Möbel-Objekte werden hier in der fensterlosen Halle Einzug halten, präsentiert auf den für Lagerräume üblichen Schwerlastregalen. Die mittlere Querachse des 1600 Quadratmeter großen, weiß gestrichenen Raums ist verbreitert, so dass hier wechselnde Sonderausstellungen zu einzelnen Themenbereichen gezeigt wer- den können. Die in langen Reihen angeordneten Leuchtstoffröhren an der Decke wirken wie aufgeklebte Sonnenstrahlen und verbreiten ein schattenloses, helles Licht, das die Objekte bestens in Szene setzt. Die Ausstellung soll die Besucher einerseits chronologisch durch die Designgeschichte führen, andererseits aber auch einzelne Schwerpunkte zeigen und somit die „gewachsene Ordnung“ der Sammlung repräsentieren, die sich seit ihren Anfängen in den 1980er Jahren ergeben hat, sagt Susanne Graner. Rund 400 Exponate wurden von einem Gremium für das Schaudepot ausgewählt, unter ihnen Schlüsselstücke des Möbeldesigns, nicht nur unter dem gestalterischen Aspekt der Stilistik und Materialwahl, sondern auch des gesellschaftlichen Kontextes, in dem sie entstanden. Zu sehen sind seltene Entwürfe von Design-Legenden wie Gerrit Rietveld oder Charles und Ray Eames, Alvar Aalto und anderen. Die Exponate werden in einem digitalen Katalog aufgelistet, so dass man ihre Kenndaten im Schaudepot über das Smartphone oder Leih-Tablets abrufen kann. Von der Haupthalle kann man durch ein großes glasloses Fenster ins Untergeschoss schauen. Steigt man die breite Treppe hinunter, öffnen vier große Glasfenster den Blick in das Depot der gesamten Sammlung: dicht an dicht stehen hier Stühle, Sessel, Liegesofas und Leuchten in den Regalen, gut geschützt vor Tageslicht, Feuchtigkeit und mechanischen Beschädigungen. Trotzdem sieht man, wie der Zahn der Zeit manchen Objekten zugesetzt hat. Hier hilft Susanne Graner ihr Fachwissen als gelernte Restauratorin für historische Kunststoffe. Als sie erfunden wurden, machte sich niemand Gedanken über ihre Alterung, und niemand wusste, was im Lauf der Zeit damit passiert. „Ein ehemals weiches Stück Schaumstoff wird mit den Jahren so hart und bröselig wie Knäckebrot“, erklärt die Fachfrau. Weiche Plastikoberflächen werden spröde und blind, andere verlieren die Farbe. In der hauseigenen Werkstatt, die ebenfalls einsehbar ist und im Rahmen von Führungen besichtigt werden kann, werden die betroffenen Stücke sorgsam untersucht und stabilisiert. Das alte Material durch neues ersetzen kommt aber aus Gründen der historischen Authentizität nicht in Frage. „Vielfach können wir nur durch sorgfältige Lagerung die Altersprozesse verlangsamen“, sagt Graner. Ebenfalls im Untergeschoss zu sehen ist das „Eames-Office“, der mit Originalstücken eingerichtete Arbeitsraum des Designerpaars Charles und Ray Eames, dessen Nachlass Vitra verwaltet. „Die Sammlung ist nicht das Firmenarchiv“, berichtigt Graner ein verbreitetes Missverständnis. Vielmehr werde sie seit Jahren unabhängig davon unter globalen Aspekten aufgebaut, ein Gremium entscheidet über die Ankäufe. „Das neue Schaudepot vermittelt Design so vielfältig, wie es in unserer heutigen Welt in Erscheinung tritt“, sagt sie. Und: „Die neuen Ausstellungsräume präsentieren eine der weltweit größten Sammlungen von Möbeldesign“.