Knapp 50 Personen versammelten sich beim Tennis- und Squash-Center im Holzmattenweg in Weil-Otterbach um eine Dame im leuchtend roten Mantel. Stadtführerin Hildegard Vierhuff-Bocks bot anlässlich des 80-jährigen Bestehens der Siedlung „14 Linden“ einen besonderen Blick auf den dreieckigen Ortsteil Otterbach. Von Joachim Pinkawa Weil am Rhein. In ihrer Einführung gab die in Hamburg geborene pensionierte Gymnasiallehrerin den gespannt lauschenden Teilnehmern einen geografischen und historischen Überblick zur bewegten Geschichte der 1936 gegründeten Siedlung „14 Linden“ im „Gleisdreieck“ zwischen Basel und Weil. Sie beschrieb den kleinen Weiler Ortsteil, der geprägt ist von der Entstehung und der Lage zwischen den Bahndämmen und Gleisen, als „einerseits beschaulich, andererseits durch den direkten Zollübergang zur Schweiz von den Verkehrsströmen überflutet“. Aus der Chronik und Festschrift von Edmund Fränzle zur Siedlergemeinschaft, dem Stadtarchiv und alten Zeitungsartikeln hatte die Stadtführerin umfangreiches Material und Daten für die Führung erarbeitet, das von ihrem Mann anhand von Bildern passend veranschaulicht wurde. So konnte Vierhuff-Bocks den namensgebenden Otterbach als Nebengewässer der Wiese in einer fischreichen Auenlandschaft, in der viele Otter heimisch waren, beschreiben sowie den Wandel aufgrund intensiver Bejagung und Industrialisierung. Bis zum Bau der Siedlung im Jahr 1936 gab es in Otterbach nur wenige Gebäude, wie das Zollamt, die mittlerweile abgerissene Villa Bühler, auch „Schlössli“ genannt, oder die von 1927 bis 1939 existierende kleine Uhrenfabrik. Die Gründung der Siedlung „14 Linden“ basierte auf dem sogenannten „Kleinsiedlerprogramm“ in der Zeit des Nationalsozialismus, mit dem billiger Wohnraum mit Gärten zur Selbstversorgung für kinderreiche Familien geschaffen werden sollte, um „den Arbeiter enger mit Heimat und Scholle zu verbinden“. Das Auswahlverfahren für Siedlungsbewerber war allerdings ein kompliziertes und bürokratisches Verfahren, bei dem die Familien nachzuweisen hatten, dass sie nicht nur handwerkliche und gärtnerische Fähigkeiten hatten, sondern auch „politisch zuverlässig“ und arischer Abstammung waren. Zusätzlich mussten sie mit ärztlicher Untersuchung die Bescheinigung „Erbgesundheit“ nachweisen, um den begehrten Eignungsschein zu bekommen. So wurden ab Februar 1936 aus spezifisch nationalsozialistischer Siedlungspolitik Wohnblocks und Familienhäuser gebaut. Inzwischen sieht natürlich kein Haus mehr so aus wie damals, denn umfangreiche Sanierungen und Umbauten haben das Bild stark verändert. Davon konnten sich die Teilnehmer bei dem Spaziergang vom Holzmattenweg durch die Otterbachstraße, mit Blicken und Stopps an den abzweigenden Bifang-, Siedler- und Hölzliweg, über Nonnenholzstraße und Basler Straße überzeugen. Der „Gedenk- und Spielplatz“ mit seiner Geschichte als „Platz des Friedens“ vom Otterbacher Walter Klump beschrieben, der Kindergarten St. Franziskus, gleichsam in einem eher unspezifischen Wohnhaus eingerichtet, aber auch der Zoll mit seiner bedeutsamen wie wechselvollen Geschichte und Ausprägung fanden interessante Beachtung. Zuletzt konnten die Teilnehmer noch hautnah unüberhörbar die Ausprägung der Basler Straße als Halt am hoch aufragenden Bahndamm erleben, was mit „das ist halt Otterbach“ kommentiert wurde. Hildegard Vierhuff-Bocks erntete von den Teilnehmer nach gut eineinhalb Stunden Spaziergang durch „eine Siedlung mit ureigenem Flair“ anerkennenden Applaus.