Weil am Rhein Tragische Figur verstrickt sich

Weiler Zeitung

Theater: Tempus fugit zeigt die Premiere von „Die Antigone“

Von Daniela Buch

Weil am Rhein. Die Kesselhausgruppe des freien Theaters Tempus fugit brachte am Donnerstag die mit lang anhaltendem Applaus bedachte Premiere des Stücks „Die Antigone“ auf die Bühne. Eine tiefenpsychologische Annäherung an die antike griechische Tragödie von Sophokles.

Regie führte Simone Lüdi. Als Grundlage für die mit wenigen Mitteln auskommende, von starker Darstellungskraft durchzogene Inszenierung nahm das Ensemble die im Jahre 1944 uraufgeführte „Antigone“-Vorlage des Dramatikers Jean Anouilh, der in seinen Werken der Frage nach moralischer Integrität und der Verbindlichkeit von Werten nachging.

Die Geschichte der Antigone, die ihren toten Bruder und Rebellionsführer Polyneikes entgegen der Anordnung des Königs ordentlich zu bestatten versucht, um ihm die letzte Ehre zu erweisen, wurde denn auch aus den unterschiedlichen Perspektiven der Charaktere dargestellt: der Amme (Caroline Buffet), die sich fragt, was sie bei der Erziehung falsch gemacht haben könnte, der stets gehorsamen und gefälligen Schwester Ismene (Sarah Futterer), des auf Machtsicherung fokussierten Königs Kreon (Karin Bongartz Oberholzer), der beiden pflichtbewussten Wächter Jonas (Ulla Bisswanger) und Sepp (Lorenza Antonucci).

In zweifacher Besetzung verkörperten Jana Moriashova und Maike Krauss die nach außen hin resolute, gegen Zwänge auftretende Antigone, im Innern von Eigenanspruch und Zweifeln fast zerrissen, wissend, dass ihr Konflikt nicht gelöst werden kann, ohne das eigene Leben zu lassen. Das Spiel des Duos machte die emotionalsten Szenen aus. Aus der Heldin der Menschlichkeit wurde dabei eine tragische Figur, die sich in sich selbst drehte und immer mehr verstrickte.

Multiple Persönlichkeit in vierfacher Form

Als multiple Persönlichkeit gleich in vierfacher Form trat Haimon, Sohn des Königs und Antigones Verlobter in Erscheinung. Der König selbst war das Abbild eines eitlen, grellrosafarbigen Flamingos, überheblich und anmaßend, nur auf die Außenwirkung bedacht und pragmatisch in der Entscheidungsfindung. „Erwachsen zu werden heißt, das Gesicht des Vaters so zu sehen, wie es wirklich ist“, gab er seinem Sohn mit auf den Weg, der dennoch den Freitod wählte, um Antigone zu folgen.

Auch Königin Eurydike (Lena Hilberger), die während des Stücks im Publikum saß und mit rosafarbener Wolle strickte, nahm sich am Ende das Leben. Auf den rosaroten Schein des glücklichen Lebens hatte Antigone zuvor die ausgelutschten Bonbons gespuckt, um das Fußgelenk die Andeutung eines rosafarbenen Rings geschlungen – eine Fessel, die weder Halt noch Orientierung gab.

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