Verwässert war die VHS-Stadtführung am vergangenen Samstag „Weil auf Bier, das lob‘ ich mir… 500 Jahre Deutsches Reinheitsgebot“ lediglich durch Dauerregen von oben. Ansonsten bot die Tour mit Siegert Kittel viel Handfestes und mit Anekdoten gewürzte Informationen. Von Monika Merstetter Weil am Rhein. Von Beginn an mit der Frage, woher der Vers „heute back ich, morgen brau ich“ stammt, bis zur Verteilung der Broschüre „Köstliche Bierküche“ lagen anderthalb Stunden pure Unterhaltung. Viele historische Kuriositäten hatte der Stadtführer aus Archiven zusammengetragen, zahlreiche Fundstellen aus Büchern zitierte er und fand dabei immer einen örtlichen Bezug. Was nicht einfach war, denn die Bierbrautradition beschränkt sich in der vom Rebenanbau geprägten Gemeinde Weil auf die drei Jahre zwischen 1859 und 1863 und hatte jeweils mit den Hinweis auf die Versteigerung des Gasthauses „Schwanen“ zu tun. Dort wurde eine Brauerei eingerichtet. Einst Brauerei im „Schwanen“ Dass es dann aber trotzdem zum ungewöhnlich hohen Bierkonsum kam, daran sind neben den Fabrikarbeitern hauptsächlich die Bähnler schuld, bemerkte Siegert Kittel und konnte es auch belegen. 1835, bei der ersten Eisenbahnfahrt zwischen Nürnberg und Fürth, wurden drei Bierfässer im Zug mitgeführt. Die Grundlage zur Revolution, dass Bier, das ohne Kühlung nicht haltbar war, dem Wein Konkurrenz machte, legte Carl von Linde mit dem Bau eines Geräts, das künstlich Kälte erzeugte. 1875 lieferte er eine solche Kältemaschine an eine Brauerei in Triest. Durch die Modelleisenbahnen ist bis heute belegt, dass die Eisenbahn von dieser Bierkühlung profitierte, weil die Brauereien fortan in Kühlwaggons der Bahn den Gerstensaft transportieren ließen. In genauen und imposanten Absatzzahlen, die Kittel von der Firma Lasser erhalten hatte, erzählte er, was das zum Beispiel für Haltingen bedeutete, als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Kolonie gebaut wurde. Auch welch große Rolle dabei die Bahnhofsgaststätten spielten, erstaunte. Immer wieder dazwischen las er Zitate aus Büchern vor, die zur Erheiterung beitrugen, wie von Johann Peter Hebel über den Rausch an sich. Auch von Charles Bukowski und Philippe Delerms, ein französischer Schriftsteller, gab es Erheiterndes. Ebenso zitierte Kittel aus den Erinnerungen von Rudolf Ludäscher, wie in den 30er Jahren Bier bei den Wirtschaften auf der Leopoldshöhe angeliefert wurde. Diese Führung hätte viel mehr Teilnehmer verdient gehabt, doch das nasskalte Wetter hat sicher den einen oder anderen davon abgehalten. Doch Hopfen und Malz ist deswegen noch lange nicht verloren, vielleicht gibt es einmal eine Wiederholung. Besonders an einem schönen Sommerabend mit abschließendem Besuch in einem Biergarten wäre das eine ausgezeichnete Unterhaltung, haben sich Teilnehmer gedacht.