Ein Plädoyer für die Besonderheit des Normalen hielt Dr. Eva Bilhuber in der Buchhandlung Müller. Die Managementberaterin, die aus Weil am Rhein stammt, traf damit offenbar einen Nerv. 25 Besucher waren zur Buchvorstellung gekommen. Von Adrian Steineck Weil am Rhein. „Bemerkenswert normal: Von der Kunst, ein normales Leben zu führen in einer überdrehten Gesellschaft“ hat Eva Bilhuber ihr im März erschienenes Buch genannt. Die Idee zu dem Werk sei ihr kurz nach dem Sprung in die Selbstständigkeit vor sieben Jahren gekommen, erzählte sie. Da habe sie sich bei einem Akquisengespräch zur Kundengewinnung in einer Firma, in der sie mit den Worten „Von ihrer Sorte kommen täglich zehn hierher“ empfangen worden war, als normal zu erkennen gegeben. „Ich sagte, dass ich nicht alles aus dem Effeff beherrsche und es in bestimmten Themenbereichen Kollegen gebe, die darin besser seien und an die ich meinen Gesprächspartner vermitteln könnte“, erinnerte sie sich. Damit habe sie unverhofft die Aufmerksamkeit ihres Gegenübers gewonnen, und der Firmenleiter gestand ihr, von so viel Ehrlichkeit regelrecht erfrischt zu sein, da sonst nur Tausendsassas zu ihm in den Betrieb kämen. Nun ist aber „normal“ ein „blöder und schwammiger Begriff“, wie Eva Bilhuber es selbst nennt. Er sei auch zeitgebunden, so galt es etwa früher als normal, in der Kneipe zu rauchen. Hinzu komme, dass niemand gerne als normal bezeichnet werde, weil das wenig interessant klingt. Dazu verwies Eva Bilhuber auf den Drang zur Selbstoptimierung, der heute oft als normal empfunden werde und dafür sorge, dass wir uns stets die vermeintlich kürzeste Schlange an der Supermarktkasse aussuchen oder stundenlang Vergleichsportale im Internet durchforsten, um nur ja nicht zu viel für etwas zu bezahlen. Der Gegenentwurf zu dieser Selbstoptimierung seien Menschen, die auf die Effizienz gelegentlich pfeifen: „Wenn mich etwa jemand lächelnd im Stau vor sich winkt oder wenn sich ein Vorgesetzter nicht nur Zeit für die Frage nimmt, wie es einem geht, sondern auch für die Antwort“, las sie aus ihrem Buch vor, das sie bewusst als „Antiratgeber“ konzipiert hat. So biete sie keine Patentlösungen für Menschen an, die von zu viel Selbstoptimierung gestresst seien, sondern wolle lediglich zum Nachdenken anregen. „Es gibt Grund zur Hoffnung“, meinte sie am Ende der Veranstaltung mit Blick auf Unternehmen, die den Drang zur Effizienz bereits erfolgreich durchbrochen hätten, und ergänzte: „Wir müssen auch den vierten bis zehnten Platz wieder wertschätzen.“ Buchhändler Irimbert Kastl, der für den Abend in die für ihn ungewohnte Rolle des Moderators geschlüpft war, führte gekonnt und mit leisem Humor durch das interessante Gespräch. Auch dafür gab es am Ende regen Applaus.