Die großen Herausforderungen sind die Umsetzung der Projekte der Bürgerbeteiligung „Haltinger Dialog“, die Integration der Flüchtlinge und das Bereitstellen von bezahlbarem Wohnraum. Bauerwartungsland gibt es, etwa nördlich der Hans-Thoma-Schule. Platz ist auch für weiteres Gewerbe, unter anderem im Interkommunalen Gewerbegebiet. Das macht heute noch den Stellenwert Haltingens in der Großen Kreisstadt Weil am Rhein aus: er ist ein wichtiger Stadtteil mit Entwicklungspotenzial im Wohn- und Gewerbebau.
Das glaube ich nicht, auch wenn die Flächen knapper werden. Aber die Haltinger Landwirte setzen seit Längerem auf Vermarktungsnischen und Sonderkulturen, die zwar arbeitsintensiv sind, aber das Überleben ermöglichen. Bei Flächenumwidmungen erhalten sie, wie im Falle der Raymond-Erweiterung, Tauschflächen.
Wenn sich an der Gesetzeslage nicht drastisch etwas ändert, wird Haltingen seine Naherholungsflächen behalten. Dazu zählen der Tüllinger Berg mit seinen Natura-2000-Flächen, und auch der Grünstreifen zwischen Haltingen und der Römerstraße darf nicht bebaut werden. Gleiches gilt für das Krebsbachtal. Zudem wird die Holcim-Grube verfüllt und der Landwirtschaft wieder zur Verfügung gestellt, wobei ein kleiner Bereich dem Naturschutz vorbehalten bleibt.
Die Siedlungsfläche wird 2042 in punkto Wohnbebauung und Gewerbe sicher größer und dichter sein als jetzt. Aber der Zuzug von Familien mit Kindern wird Schule und Kindergärten weiterhin beleben. Einkaufsmöglichkeiten sind vorhanden, ebenso genügend Gaststätten. Für Freizeitmöglichkeiten werden die Vereine weiter sorgen, es gibt Sporthallen, und der Tüllinger Berg ist ein ausgezeichnetes Naherholungsgebiet. Es gibt zwar Bereiche im Westen des Ortes mit Schlafdorfstrukturen, insgesamt aber sind das Wir-Gefühl und die Identifikation mit dem Ort immer noch vorhanden – wenn auch vor allem in den gewachsenen Strukturen.
Herr Gleßner, als Haltingen 1967 das 1200-Jährige feierte, war der Ort noch selbstständig. Doch noch im selben Jahr, am 26. September, hat der Landtag von Baden-Württemberg das Gesetz zur Gemeindereform beschlossen. Die Eingemeindung von Haltingen nach Weil am Rhein erfolgte schließlich am 1. Januar 1975. Wie ging es dem Ort seinerzeit?
Der Eingemeindung gingen heftige Diskussionen voraus. Der Riss ging nicht nur durch das Dorf, sondern betraf Familien und Freundschaften.
War die Eingemeindung nun am Ende vor allem gut für Weil am Rhein oder auch gut für Haltingen?
Und Haltingen?
Nur nicht als weiterführende Schule, weil dafür die Schüler fehlen.
Die Verwirklichung der Projekte wurde nicht zuletzt auch durch Steuereinnahmen möglich, zu denen Gewerbebetriebe in Haltingen ihren Beitrag geleistet haben. Lässt sich der Anteil beziffern?
Die Entwicklung von Haltingen lässt sich gut anhand von Luftaufnahmen verfolgen. Sie zeigen, wie stark die Siedlungsdichte innerhalb weniger Jahrzehnte zugenommen hat. Nur die Verkehrsinfrastruktur hat nicht mitgehalten: Mehr als 20 000 Fahrzeuge quälen sich täglich über die B 3 mitten durch den Ort. Der Bau der Nordwestumfahrung, über die ewig diskutiert wurde, sowie die Gestaltung eines Ortszentrums kommen erst jetzt, im Zuge des Bahnausbaus, in die Gänge.
Welchen Stellenwert hat Haltingen heute im Stadtgefüge, und wo sehen Sie die großen Herausforderungen für Haltingen in den nächsten Jahren?
Auch das Beregnungsgebiet wurde schon teilweise für Industrieansiedlung geopfert. Bleibt die Landwirtschaft irgendwann auf der Strecke?
Flächenverbrauch geht auch auf Kosten von Landschaft und Natur. Nicht zuletzt gehen Naherholungsgebiete verloren.
Wagen Sie eine Prognose, wo Haltingen beim nächsten Jubiläum – zum 1275-Jährigen – stehen wird? Besteht nicht auch die Gefahr, dass es trotz seiner Größe ein Schlafdorf wird?