Weil am Rhein Wie sah der Schulalltag früher aus?

Weiler Zeitung
Jeder der Teilnehmer hatte etwas aus seiner Schulzeit mitgebracht. Foto: Norbert Sedlak Foto: Weiler Zeitung

Hanspeter Vollmer gibt in seinem Vortrag bei den Herbstzeitlosen der VHS Einblicke in frühere Zeiten

Von Norbert Sedlak

Weil am Rhein. Zwei Schüler überfallen in Meppen einen Bauern und stehlen ihm den Geldbeutel. Der Bruder eines Schülers greift zum Revolver und schießt im westfälischen Dingden auf den Schulleiter. Solche Horrorgeschichten erzählte Hanspeter Vollmer, der frühere Rektor der Grund- und Werkrealschule in Binzen, bei den Herbstzeitlosen der VHS.

Sein Vortrag hatte den Titel „Schule gestern und heute – und wohin?“ Die geschilderten Vorfälle ereigneten sich übrigens bereits im Jahr 1890. Schon vor mehr als 100 Jahren gab es also Gewalttätigkeiten in der Schule, sie seien keineswegs eine Folge blutrünstiger Computerspiele heutiger Zeit. „Die Jugend liebt den Luxus und hat schlechte Manieren“ zitierte Vollmer den griechischen Philosophen Sokrates, der um 400 vor Christus lebte.

Ein Gedicht des Mundartdichters Paul Nunnenmacher, hatte Vollmer seinem Vortrag vielsagend vorangestellt: „Wie g’fallt’s dr in der Schuel“, frogt dr Lehrer, „sag!“ „Wie mr’s nimmt“, meint dr Fritz „mr versuumt halt e Tag.“

Der überwiegende Teil der gut 30 Besucher hatte freilich nur positive Erinnerungen an die Schule. Lediglich einer sah das ganz anders, wenige waren geteilter Meinung, obwohl es zu ihren Zeiten noch die Prügelstrafe gab, mit der fast jeder Bekanntschaft machte.

Noch früher, um 1900, war der Lehrerberuf nicht nur wenig beliebt, sondern auch schlecht bezahlt, wusste Vollmer. Besonders die Damen waren ihrer Tätigkeit bald überdrüssig und ließen sich nach zehn Jahren pensionieren. Der Unterhalt eines Postpferds betrug 725 Mark im Jahr, der Lehrer erhielt 540 Mark, so Vollmer.

In der Kaiserzeit legte man großen Wert auf Härte. Um 1900 wurden Disziplin und Sauberkeit groß geschrieben. Die Weimarer Verfassung schrieb 1919 die Schulpflicht fest. Bis Ende der 1920er Jahre entwickelte sich der Sportunterricht zu einer vormilitärischen Ausbildung. In den 40er Jahren wurde das heutige Notensystem eingeführt und die Sütterlinschrift durch die lateinische Schrift ersetzt.

In den 60er Jahren wandelte sich die Leibeserziehung zum Sport. Im Westen hielt Basketball Einzug, in der DDR Volleyball. Die 68er neigten dazu, die Lehrer zu duzen. Die mussten aber die Schüler in der Oberstufe fortan siezten. Der Sexualunterricht wurde Bestandteil des Lehrplans. Die Prügelstrafe schaffte Baden-Württemberg erst 1976 ab.

Mit einem Werbefilm des Kultusministeriums vermittelte Vollmer den Zuhörern, weshalb inzwischen die Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg Einzug hält. Viele der Anwesenden schüttelten aber den Kopf und brachten wenig Verständnis für dieses System auf, in dem nicht mehr in Klassen, sondern in Lerngruppen schwache und starke Schüler gemeinsam, aber dem jeweiligen Leistungsvermögen entsprechend gefördert und zum selbstständigen Lernen erzogen werden sollen.

Zu dem kurzweiligen und interessanten Vortrag hatten die Zuhörer eine Vielzahl von Utensilien aus ihrer Schulzeit mitgebracht: ein badisches Lesebuch von 1950 für das 5. bis 8. Schuljahr, Schiefertafel, Federhalter, Tintenglas, Schulranzen aus den 50er Jahren, sowie Griffelkasten und Rechenschieber.

Am 25. Juni steht ein Besuch der K & U Bäckerei in Neuenburg auf dem Programm. Am 4. Dezember besichtigen die Herbstzeitlosen das Schulmuseum in Badenweiler.

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