Zell im Wiesental Der Bergdoktor im Jammertal?

Markgräfler Tagblatt
Wie kann die Stellung des Hausarztes attraktiver gemacht werden.? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Genossen in Zell. Foto: Archiv Foto: Markgräfler Tagblatt

Landärztemangel: SPD Zell hatte zur Diskussion über die Thematik mit Rainer Stickelberger eingeladen

Die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum ist ein Thema, das viele Menschen bewegt. Am Donnerstag hatte die SPD Zell zu einer Veranstaltung eingeladen, bei der Rainer Stickelberger das „10-Punkte-Programm“ der Landes-SPD für mehr Landärzte vorstellte.

Von Heiner Fabry

Zell. In seinem einleitenden Referat unter dem Titel „Der Bergdoktor im Jammertal?“ stellte David Kaiser anhand von statistischem Material die derzeitige Situation im ländlichen Raum dar. Die Organisation der Zulassung für Ärzte und Psychotherapeuten obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung, die in der Bedarfsplanung mit den Organen der Krankenkassen zusammenarbeitet.

Zahl der Hausärzte um zwölf Prozent gesunken

Während es 2000 noch 6229 niedergelassene Hausärzte in Baden-Württemberg gab, sank diese Zahl bis 2015 um zwölf Prozent auf 5473 Ärzte. Das entspricht einem Arzt auf 1998 Patienten.

Im Planungsbereich Schopfheim, zu dem auch das obere Wiesental gehört, sind derzeit 31 Allgemeinmediziner in Praxen niedergelassen oder angestellt. Das entspricht einer Planungssoll-Erfüllung von 109,5 Prozent (1698 Patienten pro Arzt). Bei einer Quote von 110 Prozent gilt ein Bereich als ausreichend versorgt. Das bedeutet, es werden keine Neuzulassungen von Ärzten mehr erteilt.

Aber der demografische Wandel macht auch vor den Ärzten nicht halt. 73 Prozent der Hausärzte im Land sind älter als 50 Jahre, 35 Prozent gar älter als 60 Jahre. Konkrete Zahlen für den Planungsbereich Schopfheim waren aus Datenschutzgründen nicht zu erhalten.

Der Landtagsabgeordnete Rainer Stickelberger griff in seinem Vortrag die Zahlen auf und stellte fest, dass diese Problematik nicht kurzfristig geändert werden könne. Die Landes-SPD hat aber in ihr Wahlprogramm einen „10-Punkte-Plan“ aufgenommen, nach dem die ärztliche Versorgung grundsätzlich überprüft werden soll. Für die SPD beginnt die Arbeit mit den Ausbildungsbedingungen für angehende Ärzte. Es gibt heute zu wenig Studienplätze oder es gibt wegen des geltenden Numerus Clausus zu hohe Einstiegshürden. Grundsätzlich müssten die institutionellen Strukturen verändert werden. Hier wie in der Besoldungsordnung für Hausärzte müssen durchgehende Anpassungen erreicht werden, forderte Stickelberger. Generell plädierte er dafür, dass die Kommunen sich stärker als Partner der Ärzte profilieren und nach Möglichkeit günstige Ausgangsbedingungen für junge Ärzte schaffen. Das kann im Angebot von Wohn- und Arbeitsräumen bestehen, in der Schaffung einer guten Infrastruktur (Kindergarten, Schule, Internet und ÖPNV) oder in der Bereitstellung von Räumen für Gemeinschaftspraxen. „Das ist eine lohnende Aufgabe für Bürgermeister“, betonte Rainer Stickelberger.

In der anschließenden Diskussion wurden viele der angesprochenen Punkte von den anwesenden Bürgern aufgegriffen. Bildung und Ausbildung angehender Ärzte waren ein starkes Anliegen der Bürger.

Vereinigungen sperren sich gegen Änderungen

Eine Bürgerin schlug mit Nachdruck vor, den Numerus Clausus abzuschaffen. Hier werde nur nach Noten geurteilt, aber soziale Kompetenzen blieben unbeachtet. Rainer Stickelberger machte darauf aufmerksam, dass es die Ärzte in den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Standesvertretungen sind, die sich gegen solche Änderungen sperren. Die SPD vertrete auch die Forderung, dass zum Beispiel Leistungen im Freiwilligen Sozialen Jahr bei der Zulassung zum Medizin-Studium berücksichtigt werden müssten.

Weiter wurde kritisiert, dass sowohl die Besoldungspraxis wie auch der Handlungsspielraum der Hausärzte dringend verbesserungsbedürftig sind. Hausärzte sind auch Fachärzte (Facharzt für Allgemeinmedizin), dann sollten sie auch wie Fachärzte bezahlt werden, lautete eine Forderung. Und es sei nicht nachvollziehbar, dass Allgemeinmediziner, die gut ausgebildet sind, vieles gar nicht selbst tun dürfen, sondern Patienten an einen Facharzt überweisen müssen.

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