Zell im Wiesental Die Datenautobahn der Zukunft

Markgräfler Tagblatt
Glasfaserkabel sind die Datenübertragungswege der Zukunft. Foto: Archiv Foto: Markgräfler Tagblatt

Gemeinderat Zell lässt sich den aktuellen Stand der Breitbandversorgung erläutern

Von Peter Schwendele

Zell. „Glasfasern sind die Datenautobahn der Zukunft“ war einer der zentralen Sätze, die am Montagabend im Zeller Ratssaal per Beamer an die Wand geworfen wurden. Es ging in der Gemeinderatssitzung um die Breitbandversorgung im Zeller Bergland, um die jetzt vorliegende Feinplanung für die Schwanenstadt, um die bisherigen kommuneüber-greifenden Bemühungen des Landkreises für ein schnelles Internet und um die künftigen gemeinsamen Schritte hin zu einer zeitgemäßen Datenversorgung. Fazit von Bürgermeister Rudolf Rümmele: „Wir sind auf einem guten Weg.“

Michael Hin, ein Experte der Firma Nexans, die gemeinsam mit dem Unternehmen Regiodata vor gut einem Jahr den Auftrag für die gemeindliche Feinplanung erhalten hatte, setzte das Ratsgremium zunächst über die Grundlagen der Thematik ins Bild.

Bei dem bereits viel zitierten Backbone, das der Landkreis Lörrach durch das gesamte Kreisgebiet ziehen lassen will, handle es sich im Prinzip um das Hauptkabel, über das alle Kommunen mit einer leistungsfähigen Glasfaserleitung versorgt werden sollen, um in praktisch unbegrenzter Geschwindigkeit auf digitale Daten zugreifen zu können (die Datenübertragung per Glasfaserkabel ist höher als 10 000 Megabit pro Sekunde; zum Vergleich: DSL bietet eine Kapazität von bis zu 16 Megabit pro Sekunde). Michael Hin erklärte, warum in den Dörfern des Zeller Berglands der Empfang digitaler Daten bisher sehr mühsam verläuft. Je länger das Kupferkabel sei, um so mehr Dämpfung ergebe sich, das bedeute, je länger die Leitung sei, umso langsamer werde sie.

„Ohne das Backbone geht gar nichts“, sagte Hin, und stellte gleichzeitig klar: „Dem Glasfaserkabel gehört die Zukunft.“ Von dieser Hauptschlagader ausgehend, bieten sich mindestens zwei Varianten: Das so genannte FTTC (Fibre To The Curb, auf Deutsch: Glasfaser bis zum Verteilerkasten; von dort aus geht es weiter mit Kupferkabeln) oder FTTB (Fibre To The Building, also: Glasfaser bis zum Haus).

Nexans und Regiodata hatten den Auftrag, die FTTC-Planung zu machen und hierfür die besten Trassenführungen zu suchen. Ziel sei es gewesen, alle Ortsteile der Stadt Zell ans Backbone anzuschließen. Sonderfälle seien Blauen und Käsern, so Hin: „Ob es da irgendwann mal wirtschaftlich Sinn macht, eine Leitung zu verlegen, lasse ich offen.“ Wichtig sei es, jede laufende und geplante Baumaßnahme in Rechnung zu stellen, denn je häufiger man auf entsprechende Leerrohre zurückgreifen könne, umso billiger werde die Umsetzung. So könne man etwa bestehende Verbindungen nach Adelsberg und Gresgen mitnutzen, eventuell auch eine Leitung, die sich nach Pfaffenberg hochschlängelt. Grundsätzlich, so der Experte, gebe es verschiedene Möglichkeiten für den Einbau von Glasfaserkabeln in den Untergrund. Der Gemeinderat müsse sich jeweils fragen, welches Verfahren - mit welchem optischen Ergebnis - man anwenden wolle.

Hin betonte, dass man sich auch in Zell frühzeitig Gedanken über FTTB machen sollte. „Wenn man FTTC plant, wäre es fahrlässig, sich nicht mit FTTB zu beschäftigen“, denn in fünf Jahren werde FTTC möglicherweise schon nicht mehr ausreichen, um Abnehmer zufriedenstellend mit Hochgeschwindigkeits-Datenlieferungen zu versorgen, so die Meinung des Experten. Gleichwohl sei FTTC für die Dörfer im Zeller Bergland jetzt erst einmal ein „Quantensprung“.

Zumindest empfahl Hin jedoch, bereits jetzt die Verteilerkästen, die in Zell das Backbone anzapfen sollen, so auszustatten, dass sie später FTTB-fähig sind. Der Landkreis strebt neuerdings an, die FTTB-Planung für alle Häuser im Kreisgebiet gesamthaft in Auftrag zu geben. Gerechnet wird mit Kosten für Zell in Höhe von etwa zehn Euro pro Haus. Angesichts dieser überschaubaren Summe beschloss der Gemeinderat, diesen Schritt mitzugehen.

Das Netz zur schnellen Breitbandversorgung hat in Zell eine Gesamtlänge von 27,2 Kilometer. Davon entfallen auf das Backbone 23,6 Kilometer. Die notwendigen Tiefbauarbeiten auf Zeller Gemarkung umfassen 3,6 Kilometer, davon im Backbonebereich 2,2 Kilometer. Faustformel für die Kosten: Der Kreis zahlt das Backbone, die Kommune den Rest.

Die grobe Kostensituation erläuterte Paul Kempf vom Landratsamt Lörrach. FTTC kostet den Kreis nach derzeitigem Kenntnisstand rund 22 Millionen Euro, ein ähnlich hoher Betrag falle gesamthaft für die 35 beteiligten Kommunen an. FTTB lasse die Kosten „exponentiell steigen“, so Kempf, man müsse wohl mit einer Summe von knapp 120 Millionen Euro für den gesamten Kreis rechnen. „Wenn man tatsächlich gleichwertige Lebensbedingungen von Stadt und Land herstellen will, werden deutlich höhere Fördermittel aus Stuttgart notwendig sein als bisher zugesagt“, meinte der Experte.

Der Kreis werde als nächsten Schritt eine Gesellschaft, vermutlich einen Zweckverband, gründen. Dieser soll den Bau des Backbone zügig vorantreiben. Ziel sei es, einen Betreiber zu finden, der das Netz gesamthaft betreiben soll, denn nur so könne das Ganze wirtschaftlich attraktiv umgesetzt werden. „Das gibt noch keine Garantie dafür, dass sich das Projekt irgendwann wirtschaftlich rechnet, macht es aber wahrscheinlicher“, so Kempf. Im Herbst 2015 sollen die ersten Bauleistungen ausgeschrieben werden, was ein „ehrgeiziges Ziel“ sei.

Für die Gemeinden sei es wichtig zu wissen, dass sie es selbst in der Hand halten, wie sie das Ausbauszenario gestalten wollen, betonte Kempf, sowohl was die Qualität als auch was die Geschwindigkeit anbelange. Ähnlich verhalte es sich mit den Kosten für die späteren Nutzer, sprich: den Bürger. Sollte es irgendwann zu FTTB kommen, könnte die Kommune - je nach Belieben - die Kosten gesamthaft tragen oder aber auf die jeweiligen Anschlussnehmer umlegen.

Bürgermeister Rümmele bezeichnete FTTC als „gute Zwischenlösung“. Er betonte die Wichtigkeit des Zusammenwirkens von Kreis und Kommunen bei dieser Thematik. Eine „Insellösung“ für Zell würde keinen Sinn machen. Gleichwohl müsse man sehen, dass bei diesem schwierigen Thema Geld eine große Rolle spiele. Auf jeden Fall aber „ist diese Infrastruktur für das Zeller Bergland von großer Bedeutung“, so der Rathauschef.

Beschlossen wurde letztlich einstimmig, dass sich die Stadt Zell dem noch zu gründenden Zweckverband anschließen und parallel den Ausbau des gemeindlichen FTTC-/FTTB-Netzes betreiben wird. Die bisherige Vorgehensweise wurde gut geheißen.

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