Zell im Wiesental „Herkulesaufgabe“ führt zu Zwist

Markgräfler Tagblatt

Flüchtlinge: Zell soll bis zu 116 Personen Wohnraum bieten / Stadt behält sich Widerspruchsverfahren vor

Von Peter Schwendele

Zwist in Sachen Flüchtlingsunterbringung: Die Stadt Zell und das Lörracher Landratsamt haben unterschiedliche Ansichten über das Prozedere der sogenannten Anschlussunterbringung, vor allem aber über die Anzahl der Flüchtlinge, die in der Schwanenstadt untergebracht werden sollen. Derzeit ist von bis zu 116 Personen die Rede. Bürgermeister Rudolf Rümmele sprach am Montag im Gemeinderat von einer „willkürlichen Handhabung“.

Zell. Die Verwaltung ließ sich denn auch vom Gemeinderat mit der Prüfung beauftragen, inwieweit Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide der Behörde einzuleiten sind. Gleichzeitig beschloss das Gremium, für die Unterbringung von Flüchtlingen auf dem freien Wohnungsmarkt Wohnungen zu suchen. Auch ein Erwerb von Wohnungen durch die Stadt wird ins Auge gefasst.

Des Weiteren erhielt die Verwaltung den Auftrag, mögliche Alternativen für den Bau einer Unterkunft für Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung zu untersuchen.

Bürgermeister Rümmele sprach von einer „Herkulesaufgabe“. Die Verwaltung legte dar, dass frühzeitig Szenarien für die Anschlussunterbringung entwickelt werden müssten. Aufgeführt wurden unter anderem leer stehende Wohnungen in Atzenbach, eine Variante, die laut Sitzungsvorlage „gut vorstellbar“ ist, für die aber ein Investor gesucht wird. Denkbar sei auch der Bau von neuen Wohnungen, allerdings in Form von Containern beziehungsweise von Gebäuden in Leichtbauweise. Eher nicht in Frage kommt offenbar die Nutzung des ehemaligen Kik-Markts im Grönland (der einst als Gemeinschaftsunterkunft geplant war), da hier der Brandschutz für die Stadt zu teuer werde.

Rathauschef Rümmele legte dar, dass die Zuweisung von Flüchtlingen zur Anschlussunterbringung für Zell im letzten Quartal 2016 von 41 auf 116 Personen gestiegen sei. Für die Zuweisung an die Städte und Gemeinden hatte das Landratsamt nicht die Ist-Belegungen der jeweiligen Gemeinschaftsunterkünfte zugrunde gelegt, sondern die Zahl der vorgehaltenen Plätze. Daraufhin habe Zell „massiv interveniert“ und eine „dynamischere“ Vorgehensweise eingefordert (monatliches Update).

Seit 2013 seien insgesamt 51 Personen in Zell untergebracht worden. Fest zugewiesen worden seien für 2017 bereits zwölf Personen, gab die Verwaltung bekannt.

Wie sich die Zahlen in diesem Jahr konkret entwickeln, konnte Elke Zimmermann-Fiscella, Sozialdezernentin des Landkreises, die in der Gemeinderatssitzung anwesend war, nicht sagen. Das Landratsamt habe selbst stark mit den Folgen der hohen Flüchtlingszahlen aus dem Jahr 2015 zu kämpfen. Zwar seien die Zugänge mittlerweile „dramatisch zurückgegangen“, dennoch stehe man vor der Aufgabe, rund 1500 Flüchtlinge in die Anschlussunterbringung zu vermitteln. Gleichzeitig poche das Land auf „Abbauszenarien“ bezüglich der Gemeinschaftsunterkünfte und stelle neue Richtlinien auf (etwa die, dass Flüchtlinge direkt und zügig von den Landeserstaufnahmeeinrichtungen in die Anschlussunterbringung kommen sollen).

„Wir sehen die Nöte der Kommunen“, meinte Zimmermann-Fiscella; dennoch sei nicht auszuschließen, dass Städte Flüchtlinge zugewiesen bekommen, obwohl sie aktuell keinen Wohnraum zur Verfügung haben. Das Ganze sei eine „unwahrscheinliche Herausforderung“. Es sei schwierig, Prognosen abzugeben, doch Zell müsse eher mit einer Zahl im Rahmen von 110 Personen rechnen; „ich gehe jedenfalls nicht von 41 aus“, sagte die Sozialdezernentin.

Die Fraktionen zeigten sich irritiert von den hohen Zahlen. Die Rede war von einer unbefriedigenden Situation und vielen Fragezeichen. Angedeutet wurde, dass im Ex-tremfall überzogene Preise am Markt bezahlt oder Ferienwohnungen angemietet werden müssten.

Der Bürgermeister sagte, man brauche schnellstens mehr Planungssicherheit. Im übrigen sei jetzt auch die Politik gefordert, praktikable Lösungen zu ermöglichen, nicht zuletzt auch in der interkommunalen Zusammenarbeit. Etwa 40 neue Flüchtlinge aufzunehmen, traue sich Zell noch zu, „aber die Größenordnung von 116 Menschen ist nicht zu stemmen“.

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