Von Jürgen Scharf Zell-Pfaffenberg. Für ihre Skulpturengruppe „Wir sind Mensch“ aus Bronze bekam Heike Stadler beim letzten Grand Salon in Bad Säckingen den Publikumspreis. Jetzt zeigt die in Tannenkirch lebende Bildhauerin und Dozentin für Bildhauerei und Figurenbau ihre Werke in einer Doppelausstellung mit der Schopfheimer Malerin und Grafikerin Cornelia Claas in der Galerie Ganter. Unter den Arbeiten Stadlers, Steinskulpturen, Torsi, Reliefs und Figuren, die zum Komischen, Tragischen bis zur Karikatur des Körperlichen neigen, findet sich auch die preisgekrönte Figurengruppe. Trotz den kleineren Proportionen assoziiert man eine andere bedeutende, dafür lebensgroße Standplastik mit ihrer Menschengruppe: Auguste Rodins berühmten „Bürger von Calais“. Hier wie dort sind es nicht Einzelfiguren, obwohl sie einzeln stehen, sondern als Gruppe zu sehen. An Haltungen, Bewegungen und Gestik lassen Stadlers Figuren das ganze Spektrum an Existenziellem und Befindlichkeiten erkennen, alles, was den Menschen ausmacht: Freude, Leid, Schmerz, Stolz, tänzerische Bewegung, zwischenmenschliche Beziehungskämpfe. Man kann diese einzelnen Charaktere, die bei den Figuren hervortreten, an den expressiven Körperhaltungen ablesen. In diesem zentralen Werk sind die Schmerzensmänner und -frauen in ein Glasgehäuse gesetzt, das aber aufgebrochen ist. Das symbolisiert, dass der Mensch gerne frei wäre, aber in gewissem Rahmen doch gefangen ist. Dem ausdrucksstarken Werk ist ein Text von Albert Schweitzer beigegeben mit dem Titel „Ein freier Mensch“, in dem es heißt: „Ich habe ein Recht darauf, aus dem Rahmen zu fallen“. Starker Kontrast Bei Heike Stadler, die sich als „leidenschaftliche Voyeurin“ sieht, die den Menschen in seinen Neigungen und Abneigungen darstellt, dreht sich alles um den Menschen, das Menschenbild. Schon immer hat sie den Wunsch und das Bedürfnis gehabt, klassisch zu arbeiten, anatomisch genau zu schauen. Das zeigt sich an einer Kopfbüste aus Stein, an einem reliefhaften Paar aus Marmor und an einer Reihe neuer Bronze-Miniaturen, die etwas Spontanes, Leichtes haben. Eine ihrer „Spezialitäten“ sind Plastiken, die überspitzt sind, ins Karikaturhafte gehen und beim Betrachter als anekdotische Schmunzelplastiken durchgehen. Ein denkbar starker Kontrast zu diesen Figurationen sind die plakativen Druckgrafiken von Cornelia Claas. Die Medientechnikerin, die Malerei und Grafik an der Schule für Gestaltung in Basel und an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe studiert hat, schafft farbintensive Siebdrucke, teils mit Schrift. In ihren grafischen Techniken nimmt sie teilweise auf, was Max Ernst viel gemacht hat: nämlich Frottagen, Mischtechniken mit vielen Farben, Schichten, Überlagerungen, welligen, knittrigen und rissigen Papierstrukturen. In ihren Arbeiten kommt die Grafikerin stark durch. Was sonst der Pinsel, ist hier die Schablone. Am meisten fällt die kräftige Farbigkeit in den Drucken auf, aber auch die komplexe Verdichtung von Strukturen, das mehrfache Überdrucken von Kalenderblättern, ergänzt mit malerischer Überarbeitung durch Pinselstriche. Es ist eine Mischung von Malerei, Foto und Druckgrafik. Cornelia Claas bemüht sich, ihre Blätter stark zu verdichten, indem sie diese teils jahrelang immer wieder überdruckt, bis die Farbigkeit „stimmt“. Bilder wie „Inventar“ oder „Fluid“ mit überdruckter Inventarnummer, Metermaßen und Schriftzügen wirken daher sehr dicht. Man kann diese komplexen Malerei-Grafiken als ein Ausdruck unserer visuell vielfältigen Zeit empfinden. n Bis 13. November, Sa und So 14 bis 17 Uhr