Wenn die Fasnachtszeit beginnt, ist in der Schwanenstadt bekanntlich „alles verruckt“. Das stellten die Zeller am Samstagabend beim Ölfte Ölfte spätestens in dem Moment wieder unter Beweis, als sie kurz vor ein Uhr dem neuen Hürus „Dieter us de Kirchstroß“ alias Dieter Kunzelmann einen triumphalen Empfang bescherten. Zuvor gab es ein über vierstündiges, närrisch-unterhaltsames Programm – und wer bei diesem nicht auf seine Kosten kam, war offensichtlich „nit ganz bache“. Von Peter Schwendele Zell. Der bis auf den letzten Platz gefüllte Spassi Fun- und Freizeitpark in Atzenbach bot für den Ölfte Ölfte bereits zum zweiten Mal einen perfekten Rahmen, in dem sich die närrischen Gemüter nach Herzenslust austoben konnten. Und wer die Zeller Fasnacht kennt, der weiß: In der Schwanenstadt ist man nicht nur besonders heiß auf die fünfte Jahreszeit, sondern man hat es im Blut, wie Fasnacht machen geht. Insofern könnte das von den Latscharisängern vorgestellte Motto für die kommende Narrensaison nicht besser passen. „It nur wölle, muesch au chönne“ intonierte die Gesangstruppe zur Melodie von „Don`t worry, be happy“, wohl wissend, dass „im wirklichen Leben“ eben nicht immer alles so glatt läuft wie erhofft. Pannenfrei, zackig, mit viel Schwung und Humor ging dagegen das Programm am Ölfte Ölfte über die Bühne, nachdem der Fanfarenzug einmarschiert war und Peter Mauthe, der Präsident der Fastnachtsgesellschaft Zell (FGZ) die Gästeschar begrüßt und sein mit Alufolie vorm Anzapfen bewahrtes Handy präsentiert hatte. Einen ersten Höhepunkt setzte gleich der junge Marius Lais, der Regisseurin Andrea Kiefer zuerst mit dem gesanglichen Bekenntnis überraschte, ein Blumenfetischist zu sein („Eine Anemone gibt mir mehr als oben ohne“), und dann ein rasantes Solo auf dem Xylophon hinlegte. Danach trat Gert Wagner mit seinem vorlauten Vogel Zitto auf die Bühne. Die beiden gaben unter anderem skurrile Urlaubserlebnisse zum Besten, nahmen aber auch aufs Korn, was vor der eigenen Haustür passierte. Dass es daheim am Schönsten sein kann, zeigte die folgende Nummer „Am Latschariplatz“, bei der der vom holzigen Spargelschälen gestresste Knauber Bernhard und „Löwen“-Wirt Mike Kiefer mit diversen bekannten Einheimischen ein Schwätzchen hielten. Dabei ging es um Musiker auf der Suche nach einem goldenen Klo oder um Särge, deren Kosten mit jedem Strafzettel steigen. Touristen kamen dagegen trotz ihrer Dreisprachigkeit nicht weiter, und auch Besucher aus der Nachbarstadt Schönau scheiterten bei ihrer verzweifelten Suche nach einem geeigneten Bohrer. Apropos Nachbarn: Die Fasnächtler aus Schönau bekamen mehrmals ihr Fett ab, unter anderem von Thomas Kaiser, der einmal mehr mit viel Witz und Charme durchs Programm führte. Aber auch die Schopfheimer Delegation mit ihrem neuen Statthalter musste einiges aushalten (Elke Hochstatter: „Mei, isch der süß. Wächst der noch bis zur Fasnacht"“). Die Schopfheimer enterten gleichwohl die Bühne und versuchten – mutmaßlich mit selbstironischem Unterton – den Zellern zu erklären, „wie Zunft-obend goht“. FOTOGALERIE Weitere Fotos unter www.verlagshaus-jaumann.de In der Nummer „Nit ganz bache“ machten zwei Laugenstangen lautstark Reklame für Zells neues kulinarisches Aushängeschild: „In de Heitzmann-Bäckerei, do isch alles einwandfrei.“ Kein Wunder, dass die alteingesessene Konkurrenz Nuss-schnecken, Erdbeertörtchen, Meringuestückchen und Schokobananen zum Spionieren vorbei schickte. Für die beiden Laugenstangen lief das Ganze dennoch nicht besonders. Sie waren sich zwar einig, gern mal einer blonden Frau „de Schlund aberutsche“ zu wollen, wurden schließlich aber doch zu ihrem Entsetzen von einem Kunden erworben, der ganz und gar nicht nach ihrem Geschmack war. Es folgte eine Gesangsnummer, die die ganze Halle auf die Beine brachte. Umtanzt von in diverse Fasnachtshäs` gewandete fesche Frauen, sang Dieter Kunzelmann „S´git kei Wort, des usdruckt, was i fühl, wenn i an d` Zeller Fasnacht denk.“ Zu diesem Zeitpunkt dachte noch niemand, dass da der neue Hürus auf der Bühne stand, der ein oder andere schwärmte aber bereits von einem Hit für die kommende Fasnachtssaison. Nach der Pause, in der die Gruppe „Schwarzwaldsound“ einmal etwas länger zum Zuge kam, fand sich das Publikum auf dem Feldberg wieder, wo es „Am Laurentius“ diverse amouröse Abenteuer zweier nicht mehr ganz junger Zeller Casanovas miterleben konnte. Zum Abschluss ging es dann mit der Familie Hochstatter auf große Fahrt – ins italienische Cavalino (wo man allerdings jeden Sommer halb Zell trifft). Mutter Elke verhielt sich wie immer vor dem Urlaub wie ein Krimi („packend bis zum Schluss“) und Vater Lutz bedauerte es, nicht noch den Küchentisch ins ohnehin voll gepackte Auto geladen zu haben („weil dört d`Reisepäss druff liege“). Zum Schluss war sich indes die ganze Familie einig, dass bei aller Urlaubsvorfreude doch nichts über eine „Metzgete vom Kiefer Franz“ geht. Gegen halb eins war es dann Zeit, Abschied vom alten Hürus „Daniel vom Speckzinke“ zu nehmen – was Sandra Sütterlin mit einem bewegenden Lied gelang – und sich für den Einmarsch des neuen Fasnachtsregenten zu rüsten. Selten sei er so stolz gewesen, bekannte Hürus „Dieter us de Kirchstroß“ und bekam das breite Grinsen auf dem umjubelten Weg zur Bühne und bei seiner Antrittsrede gar nicht mehr aus dem Gesicht. Die Zeller können sich mit ihrem neuen Regenten, einem wohlbekannten Musiker, auf eine umtriebige Fasnacht freuen, denn der meinte: „An der Fasnacht, i ka` euch sage, do duet mi Herz im Zeller Rhythmus schlage.“