Also ein intaktes Gemeinschaftsleben und ein guter Zusammenhalt im Dorf?
In jedem Fall. Der Zusammenhalt ist einwandfrei in unserem noch landwirtschaftlich geprägten Ort.
Wie sieht die Altersstruktur von Böllen aus? Können Sie jüngere Leute am Ort halten?
Ja, es gibt einige jüngere Familien mit kleinen Kindern. Doch Bauplätze gibt es leider nicht, da die Teilorte im Außenbereich liegen. Und bei den Wohnungen gibt es aktuell nur einen Leerstand.
Ist der Bürgermeister in so einem kleinen Ort Mädchen für alles?
Das kann man so sagen. Man ist immer Ansprechpartner bei Anliegen der Bürger, man kennt schließlich jeden im Dorf persönlich. Man ist Verbindungsmann zum Gemeindeverwaltungsverband, ist Mitglied in den Gremien zum Biosphärengebiet und Naturpark, leitet die Gemeinderatssitzungen und, und, und...
Was war die wichtigste und was die schwierigste Entscheidung in Ihrer langen Amtszeit?
Die schwierigste Entscheidung war das Windradprojekt am Zeller Blauen. Das löste auch bei uns im Dorf heiße Diskussionen aus. Mehrheitlich stimmte aber der Gemeinderat für das Projekt und den Vertrag mit den EWS. Und die wichtigsten Projekte in meiner Amtszeit waren der Ausbau der Trinkwasserversorgung und der Abwasserleitung nach Wembach zur Kläranlage.
Sind der Handy-Empfang und ein schnelles Internet kein Problem in Böllen?
Überhaupt nicht. Jedes Haus hat seit vier Jahren einen Glasfaseranschluss.
Ihr Ort ist eingebettet in die Schwarzwaldregion Belchen. Welche Rolle spielt der Tourismus? Ottmar Hitzfeld, der Meister- und Erfolgsfußballtrainer, soll ja schon öfters nach Böllen gekommen sein und hat einmal gesagt: „Ich gehe so gerne nach Böllen wie auf die Malediven.“
Diese Aussage von Herrn Hitzfeld freut mich. Da wir seit zehn Jahren keine Gaststätte mehr haben und es auch kein Hotel gibt, ist der Tourismus natürlich eingeschränkt. Aber es gibt im Dorf drei Anbieter von Ferienwohnungen. Und tolle Wandermöglichkeiten rund um Böllen gibt es auch.
Wie beurteilen Sie die Zukunftsaussichten für das Dorf?
Gut, wir kommen finanziell über die Runden. Und dank unseres sparsamen Wirtschaftens sind wir auch eine schuldenfreie Gemeinde.
Kann Böllen auch künftig im Verbund mit dem Gemeindeverwaltungsverband Schönau selbstständig bleiben?
Das glaube ich schon, nein, da bin ich mir sicher.
Wenn Sie einen Wunsch für Ihren Ort frei hätten, wie würde der lauten?
Den Erhalt der Selbstständigkeit und ein friedvolles Miteinander im Dorf wie bisher. Die Bewohner fühlen sich wohl hier, und das ist das Wichtigste.
Fällt Ihnen der Abschied nach so vielen Jahren schwer oder freuen Sie sich auf den neuen Lebensabschnitt?
Ich scheide mit einem weinenden und lachenden Auge. Die vielfältigen Aufgaben haben Spaß gemacht. Aber jetzt freue ich mich auf viel mehr freie Zeit. Ich habe noch einige Aufgaben vor mir, vor allem handwerklicher Art. Außerdem betreibe ich eine kleine Landwirtschaft im Nebenerwerb.
Der Bürgermeister
Bruno Kiefer
(56 Jahre) ist seit 24 Jahren ehrenamtlicher Bürgermeister von Böllen, der kleinsten selbstständigen Gemeinde in Baden-Württemberg. Der verheiratete Vater von zwei Kindern lebt in Niederböllen, wo er auch groß geworden ist. Bruno Kiefer arbeitet beim Gemeindeverwaltungsverband Schönau auf der Kläranlage.