Der Einladung der zwei Geschichtsvereine aus Weil am Rhein und Bartenheim waren so viele Menschen gefolgt, dass im großen Saal der „Maison pour tous“ zusätzliche Stühle aufgestellt werden mussten.
Deutsche und Franzosen kamen am Vorabend des 8. Mais zusammen, um des Weltkriegsendes im Elsass zu gedenken. Auf großes Interesse stieß der Vortrag von Bernd Hainmüller zu den Kämpfen um die „Colmar Pocket“, mit denen der Zweite Weltkrieg im Elsass über die Maßen blutig zu Ende ging.
Der Einladung der zwei Geschichtsvereine aus Weil am Rhein und Bartenheim waren so viele Menschen gefolgt, dass im großen Saal der „Maison pour tous“ zusätzliche Stühle aufgestellt werden mussten.
In ganz Frankreich ist der 8. Mai ein nationaler Feiertag. Er wird jedes Jahr als Jahrestag des Sieges von 1945 gefeiert. Die Rathäuser sind aus diesem Anlass feierlich geflaggt.
Im Elsass bisher eher unüblich ist, dass dies gemeinsam mit Deutschen geschieht. Gabriel Arnold, der für die französische Seite die Begrüßung übernahm, und Uwe Kühl, der dies für den Verein für Heimatgeschichte und Volkskunde tat, hoben denn auch die Besonderheit dieser Veranstaltung hervor.
Dass hier Nachkommen von Tätern und Opfern zusammenkämen, um hier gleich doppelt zu feiern: Das Ende des Zweiten Weltkriegs und das Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erfülle ihn mit Dankbarkeit, erklärte Kühl.
Er zitierte aus der Rede des damaligen deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker aus dem Jahr 1985, der deutlich gemacht habe, dass der 8. Mai auch für die Deutschen ein Tag der Befreiung gewesen sei.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand ein Vortrag des Freiburger Soziologen Bernd Hainmüller zu den Kämpfen um die „Poche de Colmar“ und dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Elsass.
Dass dort noch bis Februar 1945 blutige Kämpfe tobten, sei vielen Deutschen gar nicht bekannt und auch bei öffentlichen Gedenkfeiern kaum Thema, hielt Hainmüller fest.
Kurz vor Kriegsende seien unter dem Oberkommando von Heinrich Himmler in einem letzten Akt des Aufbäumens und unter dem Vorwand, „Reichsgebiet“ verteidigen zu müssen, noch einmal alle verfügbaren militärischen Kräfte zusammengezogen worden, um in den Kampf um den „Brückenkopf Colmar“ zu ziehen. Aufseiten der Alliierten standen diesen Truppen unter anderem französische Kolonialsoldaten gegenüber.
Eine der bekanntesten Zeuginnen dieses Geschehens war die amerikanische Fotografin Lee Miller, die sich den amerikanischen Truppen als Kriegsberichterstatterin angeschlossen hatte. Hainmüller zeigte im Verlauf des Vortrags mehrere ihrer Fotos aus jener Zeit.
Die Kämpfe um die „Poche de Colmar“ waren der blutige Schlusspunkt der bis heute wenig aufgearbeiteten Geschichte der deutschen Besetzung des Elsass. Der Zeichner Tomi Ungerer, der diese Zeit in Colmar erlebte, hat die Besetzung in seinen Kinderzeichnungen eindrucksvoll festgehalten. Beim Waffenstillstand 1940 am Ende des deutschen Westfeldzugs habe das Elsass keine Erwähnung gefunden. Da die deutsche Seite es als ihr angestammtes Gebiet betrachtete, wurde es gar nicht erst als Teil des besetzten Frankreichs aufgeführt.
Die damit einhergehende Zwangsrekrutierung von Elsässern für die deutsche Wehrmacht und die Tatsache, das Etliche unter ihnen gezwungen wurden, gegen ihre eigenen (französischen) Landsleute vorzugehen, ist bis heute in Frankreich ein stark diskutiertes und für die Betroffenen schmerzhaftes Thema. Dies wurde in der Fragerunde nach dem Vortrag deutlich.
In Deutschland herrsche auch darüber größtenteils Unwissen, merkte Hainmüller an. Auch sei diese Zeit im Elsass noch nicht vollständig erforscht. „Mit dieser Veranstaltung wurde ein Weg aufgezeigt, den wir künftig gehen wollen“, merkte Uwe Kühl zum Schluss an.
Bei Wein aus elsässischen und badischen Reben sowie Guglhupf, welche die Gastgeber servierten, stießen Franzosen und Deutsche im Anschluss auf das Weltkriegsende und die Befreiung vom Nazi-Regime an.