Altstadt-Rundgang Einblick in jüdisches Leben in der Stadt

Gudrun Gehr
Zahlreiche Interessierte nahmen an dem Altstadt-Rundgang teil. Foto: Gudrun Gehr

Zur spannenden Zeitreise lud Ulla Schmied die mehr als 20 Teilnehmer ein.

Der Stadtrundgang zeigte, dass in den 1930er- und 1940er Jahren Juden in Schopfheim drangsaliert, verhaftet und deportiert wurden. Ulla Schmid berichtete auch von den Zeiten eines friedlichen Miteinanders. Jedoch schränkte Ulla Schmid ein: „Schopfheim hatte nie eine große jüdische Gemeinde“.

Jüdisches Leben in Schopfheim von 1840 bis 1940

Erste Zuzüge jüdischer Familien sind ab 1840 nachverfolgbar: Vorfahren der schweizerischen Kaufmannsfamilie Picard vom Kanton Aargau  und der Familie Pollag siedelten sich im Vorgängergebäude der Hauptstraße 43 an. Ein Nebengebäude, Hauptstraße 41, wurde von der Familie Pollag erworben und wurde später zum Geburtshaus des Dichters und Arztes Dr. Max Picard.

Dieser verewigte das Gebäude auch in seiner Dichtung „Das alte Haus in Schopfheim“. Ulla Schmid hatte ebenfalls zur Baugeschichte des repräsentablen Gebäudes nachgeforscht: 1908 wurden die Vorgängergebäude in der Hauptstraße 41 und 43 abgerissen, dort entstand der Neubau in der Hauptstraße 43 (später Drogeriemarkt Müller).

Schopfheim mit jüdischen Geschäftsleuten

Um 1900 wohnten in der Stadt die Familien Josua Hirschel, Lazarus Frank, Lipmann Pollag, Joseph und Isac Picard und Maier Mayer. Letzterer - er war Textilhändler - hatte den damals bei Juden gebräuchlichen Vornamen „Maier“. Gezählt wurden 1925 rund 25 Menschen jüdischen Glaubens, nach 1933 waren es noch 18 jüdische Einwohner.

Gerne wurde in den Geschäften der Juden in der Haupt- und Scheffelstraße eingekauft, das Warenangebot war vielfältig und gut. Zu erwerben gab es Bekleidung und Einrichtungsgegenstände. Hilfreich waren für Ulla Schmids Recherchen Werbeanzeigen der Geschäfte, die damals im Markgräfler Tagblatt erschienen. Bereits ab 1935 wurde den Beamten das Einkaufen in „Judengeschäften“ verboten.

Vom ehrbaren Bürger zum unliebsamen Mitbewohner

Nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 kam es auch in Schopfheim zu Ausschreitungen gegen jüdische Bürger und deren Besitz. Im „Spezialgeschäft Isac Picard“ in der Scheffelstraße 7 (jetzt Café Art & Co) wurden Schaufensterscheiben eingeworfen, während die Polizei zusah und nichts unternahm. Die jüdischen Geschäfte in der Hauptstraße 43 und „Maier Mayer“, Hauptstraße 49, wurden geplündert.

Der Rundgang führte auch zu Geschäften in der Hauptstraße 42 ( „Bekleidungshaus Jos. Hirschel“) und in der Scheffelstraße 10 („Warenhaus S. Knopf“), jetzt Haushaltswaren Jost. Das Geschäft von „Laz. Frank“ neben „Seifensieder Lutz“ konnte nicht mehr lokalisiert werden. Auch wurde das Wohnhaus von Katharina Waldi in der Hauptstraße 14 (gegenüber Handelskammer) erwähnt . Die mit einem Christen verheiratete Waldi blieb zunächst von der Deportation vom 22. Oktober 1940 verschont, wurde jedoch am 29. November 1944 von der Gestapo verhaftet und in die Arrestzelle im Rathaus verbracht. Dort verübte sie Suizid durch Einnahme eines Schlafmittels, um der drohenden Deportation zu entgehen.

Das Ehepaar Wilhelm und Melitta Auerbacher, Viehhändler aus der Wallstraße 5, flüchtete in die USA. Die Feststellung von Ulla Schmid ergab, dass am 22. Oktober 1940 insgesamt sieben Schopfheimer Bewohner nach Gurs / Südfrankreich deportiert wurden.

Gedenk- und Stolpersteine verlegt

Auf dem Museumsplatz (Poligny-Platz) wurde ein Gedenkstein errichtet, die Aufschrift lautet „Mahnmal zur Deportation badischer Juden in Schopfheim“. Dessen Entwurf stammt von der Wehrer Künstlerin Sybille Ruhnau und ist ein Resultat des landesweiten Jugendprojektes 2006.

Vor der Wallstraße 5 wurden zwischenzeitlich drei goldene Stolpersteine gesetzt: Für Bella Auerbacher (ermordet im August 1942 in Auschwitz) und für Wilhelm und Melitta Auerbacher (Flucht in die USA). Geplant ist die Einsetzung von Stolpersteinen für Katharina Waldi sowie für Meta Mayer und ihren Stiefsohn Herbert Mayer, beide ermordet in Auschwitz am 4. September 1942.

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