Auggen Das Leid der Menschen lindern

Weiler Zeitung

Hilfsprojekt: Salome Geiger setzt sich in Südafrika gegen Menschenhandel ein / Derzeit kann sie coronabedingt nicht nach Kapstadt reisen

Das Markgräflerland und Südafrika sind geografisch weit voneinander entfernt. Nicht aber für Salome Geiger: Da die gelernte Erzieherin derzeit coronabedingt nicht nach Kapstadt reisen kann, führt sie ihren Kampf gegen Menschenhandel, Prostitution, Drogenhandel, Zwangsheirat und Sklaverei einfach von hier aus weiter.

Von Adrian Steineck

Markgräflerland/Kapstadt. „Es ist mir wichtig, Öffentlichkeit herzustellen“, sagt die 36-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung. Öffentlichkeit für ein Thema, das im Zuge der Corona-Pandemie unterzugehen drohe: „Menschenhandel, Organhandel, Zwangsheirat, Prostitution und auch das Verkaufen von Kindern als Sexsklaven sind in Afrika drängende Probleme“, legt sie dar. Zwar sei bereits viel erreicht worden, vor allem, seit der Menschenhandel in Südafrika im Jahr 2015 für illegal erklärt wurde, dennoch bleibe vieles zu tun.

Von klein auf wollte sie ins Ausland gehen

Salome Geiger ist gelernte Erzieherin und war von 2004 bis 2006 stellvertretende Leiterin des evangelischen Kindergartens in Neuenburg. Aber es zieht sie in die Ferne: „Von klein auf war es mein Wunsch, ins Ausland zu gehen.“ Hinzu kam der Drang, sozialmissionarisch zu arbeiten: Sie gibt ihre Stelle in Neuenburg auf, besucht eine Kurzbibelschule und geht für die christlich-missionarische Organisation „Jugend mit einer Mission“ nach Amsterdam, wo sie sich mit den Frauen im Rotlichtviertel der Stadt unterhält. „Da haben uns zunächst viele gesagt, dass sie lieben würden, was sie tun“, schildert Geiger ihre Erfahrungen. „Wenn man aber genauer nachgefragt hat, kam schnell heraus, dass viele dieser Frauen geschlagen, missbraucht und zur Prostitution gezwungen werden.“

Im Jahr 2011 zieht sie nach Kapstadt

Aus dem Drang heraus, Menschen in Not zu helfen, absolviert Geiger eine Seelsorgerausbildung und zieht im Jahr 2011 nach Kapstadt. In der Organisation „S-Cape“ hilft sie mit, ein Frauenhaus für die Opfer von Menschenhandel aufzubauen. Mittlerweile haben dort mehr als 100 Frauen Hilfe und Zuflucht gefunden, sagt sie. Besonderes Augenmerk liege darauf, den betroffenen Frauen wieder ein selbstständiges Leben zu ermöglichen. Das Haus werde von der Regierung mitfinanziert.

Der Menschenhandel ist in Afrika ein großes Problem, sagt die 36-Jährige und zitiert dazu aus der Statistik. In 80 Prozent der Fälle von Menschenhandel gehe es um Prostitution, hinzu kommt der Organhandel. Denn der Glaube an die sogenannte schwarze Magie ist in einigen Teilen Afrikas weit verbreitet. Werden menschliche Organe zu einem Pulver verrieben, so soll dies böse Geister vom Haus fernhalten.

Armut und Drogensucht sind große Probleme

Hinzu kommt die Armut sowie die Sucht nach Alkohol und anderen Drogen. Die Notwendigkeit, den Lebensunterhalt zu bestreiten, führe mitunter dazu, dass auch Kinder ihren Körper verkaufen müssten. „Ich habe mit Mädchen zwischen 10 und 17 Jahren gesprochen, deren Mütter sich an Parkplätzen für LKW-Fahrer prostituiert haben“, erinnert sich Geiger. „Auf meine Nachfrage hieß es dann von den Mädchen: Ja, manchmal muss ich auch einsteigen oder arbeiten.“

Bei ihrem Einsatz gegen Menschenhandel führt Geiger in Kooperation mit den Behörden auch am Flughafen von Kapstadt Kontrollen durch. In einem Jahr konnten so 70 potenzielle Opfer gefunden werden, die verkauft werden sollten, sagt Geiger.

Ungefährlich ist die Arbeit von ihr und den anderen Helfern nicht. „Ich habe auch schon Morddrohungen erhalten“, sagt sie. Auch gebe es angesichts des Leids, das sie sieht, durchaus Momente, in denen sie zu resignieren drohe. Aber dann sehe sie wieder die Erfolge, die im Einzelnen regelmäßig erreicht werden. „Wir haben auch schon Menschenhändlern dabei helfen können, auf andere Weise in Lohn und Brot zu kommen, und es ist interessant, dabei ihren inneren Kampf zu erleben“, sagt Geiger. Denn viele Menschenhändler würden selbst mit dem Hadern, was sie tun, hätten aber aus Gründen des Lebensunterhalts und des in Afrika weitverbreiteten Ehrbegriffs keine andere Wahl, da sie ohne Arbeit nicht wieder bei ihrer Familie auftauchen könnten.

Aufklärungsarbeit in Schulen und Gemeinden

Auch in den Schulen sei das ein Thema. „Wenn ich mit den Kindern spreche, heißt es manchmal: Kürzlich sind Lastwagen auf unserem Schulweg an uns vorbeigefahren, deren Fahrer fragten, ob wir nicht Hunger hätten, und seitdem werden einige unserer Freunde vermisst“, schildert Geiger das, was ihr Kinder sagen.

Neben ihrer Aufklärungsarbeit in Schulen und Gemeinden organisiert Geiger eine Essenausgabe und baut gemeinsam mit Einheimischen weitere Projekte gegen den Menschenhandel auf. Derzeit soll analog zum Frauenhaus ein weiteres Haus entstehen, in dem minderjährige Opfer von Menschenhandel Zuflucht finden können. Es soll Platz für bis zu 16 Kinder und Jugendliche bieten, die dort ein Zuhause und therapeutische Unterstützung finden sollen. Dafür hat sich Geiger im Sommer 2019 der Organisation „Hope Risen“ angeschlossen, die sich ebenfalls gegen Menschenhandel einsetzt.

Derzeit wohnt Geiger bei einer Freundin in Auggen. Denn Südafrika reagiert auf die hohen Covid-19-Infektionszahlen mit einem strengen Lockdown und einer Reisesperre. Sie sammelt Spenden, hält Vorträge, will, wie sie sagt, Öffentlichkeit herstellen. Wann es für sie wieder zurück nach Südafrika geht, ist derzeit unklar. „Ich hoffe, Ende Januar wieder dorthin gehen zu können“, sagt sie. Aber unabhängig vom genauen Zeitpunkt steht für Geiger fest: „Zurück gehe ich auf jeden Fall.“

Weitere Informationen: Wer helfen will, kann Schuhe sammeln und diese Salome Geiger, Lindenstraße 14 in Auggen, bringen, Tel. 0178 / 91 99 384, E-Mail salome@hoperisen.org. Näheres unter: www.hoperisen.org.

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