Auggen Gemeinderat muss sich fügen

Claudia Bötsch
Auf Auggener Gemarkung ist eine Großimkerei geplant. Foto: Pixabay

Bauvoranfrage: Imkerei und Wohnen im Außenbereich: Behörde ersetzt gemeindliches Einvernehmen

Auch in der zweiten Abstimmung blieb der Auggener Gemeinderat dabei, wenn auch mit knapperem Ergebnis: Ein Betriebsgebäude für Imkerei sowie mobile Hühnerställe wurden befürwortet, ein Wohnhaus nicht. Von Relevanz ist dieses Ergebnis aber nicht wirklich. Denn die Fachbehörden bewerten die Bauvoranfrage und das damit verbundene Vorhaben im Außenbereich anders.

Von Claudia Bötsch

Auggen. „Nach jetzigem Stand ist das Vorhaben grundsätzlich planungsrechtlich möglich“, machte Jörg Feldmann, Leiter der Unteren Baurechtsbehörde beim Gemeindeverwaltungsverband Müllheim-Badenweiler, schon vor der Abstimmung in der Sitzung deutlich. Der Beschluss am 8. Februar, als der Gemeinderat erstmals seine Zustimmung zur Wohnnutzung im Außenbereich verweigerte, sei demnach rechtswidrig gefasst worden.

„Wir stimmen umsonst ab“

Das sorgte für gewissen Frust im Ratsrund: „Das heißt, wir stimmen heute umsonst ab“, meinte Ingo Ehret (CDU). Er habe im Februar gegen das Wohnhaus im Außenbereich gestimmt und an diesem Standpunkt habe sich nichts geändert. „Wenn wir Ja sagen, kommt bald der nächste“, befürchtete auch Bruno Kiefer (Freie Wähler).

„Die Entscheidung liegt nicht in unserer Hand“, meinte hingegen Peter Danzeisen (CDU). Darum habe er sich auch schon bei der ersten Abstimmung enthalten.

Waldkirch: nicht notwendig

Nach wie vor kritisch sah das Vorhaben auch Bürgermeister Ulli Waldkirch: „Ich sehe das Wohnhaus bei der Betriebsstätte nicht unbedingt als notwendig an.“ Es sei zumutbar, in wenigen Minuten Entfernung vom Betrieb zu wohnen. Problematisch fand er zudem, dass das Vorhaben „mitten auf dem Feld, im Nirgendwo“, geplant sei. Schön wäre, wenn das geplante Haus näher an die bereits bestehende Wohnbebauung rücken würde. Generell fand er schade, dass der Bauherr „gleich mit dem fertigen Entwurf auf die Gemeinde zukam“ und nicht im Vorfeld das Gespräch gesucht habe. Diesen Kritikpunkt teilte er mit Feldmann, der es ebenfalls wichtig fand, dass im Vorfeld solcher komplexer Bauvorhaben frühzeitig das Gespräch mit Gemeinde und Fachbehörden gesucht werde. Schließlich befürchtete Waldkirch, Nachahmer zu provozieren, „wenn die Gemeinde dieses Projekt zulässt“.

Behörde: Wohnen zulässig

Die Behörden sind indes anderer Auffassung, wie Feldmann in seinen Ausführungen deutlich machte. Er verwies auf die Stellungnahmen der verschiedenen Fachbehörden, wie zum Beispiel des Landwirtschaftsamts. Diese lagen im Februar noch nicht vor. Ausschlaggebend für die Zustimmung sei die Stellungnahme des Fachberaters für Imkerei des Regierungspräsidiums gewesen.

Demnach wurde zum einen die landwirtschaftliche Privilegierung der Berufsimkerei bestätigt, womit das Vorhaben im Außenbereich zulässig sei. In diesem Zusammenhang stellte er klar, dass ein solches Projekt weder im Gewerbe- noch Wohngebiet in Frage komme. Die Betriebsgröße sei „realistisch und nachvollziehbar“.

Der Bauherr, Emil Jacoby, besitze zudem bereits einschlägige Erfahrungen. Sein Businessplan sei überzeugend, so der Leiter der Unteren Baurechtsbehörde. Einen Betrieb in dieser Art gebe es vielleicht noch einmal in Deutschland, so Feldmann, der das Alleinstellungsmerkmal hervorhob und auch auf die hohe Wertigkeit, Demeter-Qualität und Königinnen-Zucht verwies.

In dieser Größenordnung

Bei einer professionellen Imkerei in dieser Größenordnung sei auch die Wohnnutzung rechtlich zu befürworten. Feldmann begründete dies unter anderem damit, dass der Betrieb zeitlich gebundene Arbeiten zu jeder Tages- und Nachtzeit erfordere. Außerdem sei mit Blick auf Diebstahl und Vandalismus eine konstante Überwachung geboten.

Fraglich sei nur die Größe des geplanten Wohnhauses, hier bedürfte es einer Änderung, meinte Feldmann.

Noch kein Bauantrag

In diesem Zusammenhang machte er deutlich: „Dies hier ist kein Bauantrag, sondern lediglich eine Bauvoranfrage.“ Sie stelle das Grundgerüst dar für die weitere detaillierte Planung. Für eine Baugenehmigung gebe es eine Reihe von Bedingungen und Auflagen, die zu erfüllen seien. Voraussetzung sei zum Beispiel, dass die Pachtverträge für die knapp fünf Hektar große landwirtschaftliche Fläche vorgelegt werden, meinte Feldmann. Außerdem brauche es einen Entwässerungsplan.

Die Erschließung des Areals, das im Gewann „Rebhühnermatten“ liegt (auf den Äckern Richtung Steinenstadt, auf Höhe Siedlung Bismarckweg), ist generell ein Knackpunkt. Es gibt keinen Anschluss an Wasser und Strom. So sieht der Bürgermeister bisher als einzige Lösung, dass sich der Bauherr mit der Stadt Neuenburg ins Benehmen setzt. Das Ganze sei mit einem großen Aufwand und hohen Kosten verbunden, meinte Waldkirch.

Auf 1200 Völker erweitern

Der Bauherr will das Vorhaben bis 2025 umsetzen, die Investitionssumme beträgt etwa zwei Millionen Euro.

Emil Jacoby betreibt bereits gewerblich Imkerei und hat derzeit nach eigenen Angaben 236 Bienenvölker an sieben verschiedenen Standorten. Drei Standorte sind auf Auggener Gemarkung, weitere in Frankreich. In den nächsten drei Jahren will er seinen Betrieb auf 1200 Völker erweitern. Die jährliche Produktion würde dann bei etwa 60 000 Kilogramm Honig liegen.

Halle und Hühnerställe

Dafür will er eine rund 900 Quadratmeter große Halle bauen, in der unter anderem eine Schleuderstraße und ein Kühllager Platz finden.

Jacoby plant auch Unterkünfte für insgesamt vier Saison-Arbeitskräfte und Auszubildende. Diese dürfen allerdings nicht in einem separatem Bau entstehen, sondern müssen direkt an die Betriebsstätte angebaut werden, so Feldmann.

Der Bauherr will zudem mobile Hühnerställe einsetzen, um sein Angebot zu erweitern. In das geplante Wohnhaus will Jacoby mit seiner Familie ziehen.

„Was passiert, wenn der Bauherr in fünf Jahren feststellen sollte, dass er sich komplett übernommen hat“, wollte Rainer Meyer-Fichtlscherer (Auggener Alternative/SPD) wissen. Sollte der Betrieb insolvent gehen, ist auch die Wohnnutzung verwirkt, entgegnete Feldmann. „Solitäres Wohnen auf weiter Flur ist nicht möglich“, stellte er klar.

Beschluss rechtswidrig

Am Ende blieb das Gros der Auggener Gemeinderäte bei ihrer Meinung: Vier stimmten gegen das Wohnhaus im Außenbereich, darunter auch Bürgermeister Waldkirch, drei dafür, und drei enthielten sich.

Da der Gemeindeverwaltungsverband Müllheim-Badenweiler diesen Beschluss als rechtswidrig erachtet, wird die Behörde nun das gemeindliche Einvernehmen ersetzen und die Bauvoranfrage sowohl für Betriebsstätte als auch Wohnhaus sowie Saison-Arbeitskräfte-Unterkunft als zulässig erklären, bestätigte Feldmann gestern am Redaktionstelefon.

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