Hansdieter Seith, der einen ganzen Stapel voll Bilder zur Gedenkfeier aus seiner Mappe hervorholt, bringt es auf den Punkt: „Es sah aus wie im Krieg.“ Zum Glück sei ein Regionalzug noch am Bahnhof gewesen, ansonsten wäre dieser noch mit dem Unglückszug zusammengekracht, erklärt der Zeitzeuge, der auch Brandwache hielt und bei der Totenbergung mithalf.
Dass Gaffer keine neue Erscheinung sind, wird bei seinen Schilderungen ebenso deutlich. Als die Trage mit einer Leiche den Hang hinauf gehievt wurde, hätten Schaulustige tatsächlich die Abdeckung angehoben, um ein Bild des Grauens zu erhaschen.
Bürgermeister mahnt
Angesichts von zahlreichen Schreiben von Opfern, Helfern und Angehörigen in den vergangenen Wochen sah sich Bürgermeister Vogelpohl darin bestärkt, die Gedenkveranstaltung trotz aller Widrigkeiten abzuhalten. Auch 50 Jahre danach sei das traumatische Ereignis in vielen Köpfen noch präsent. „Die Wunden sind geschlossen, aber die Narben sind geblieben – ein Leben lang.“
Zugleich nutzt das Gemeindeoberhaupt die Möglichkeit, an die Fehlbarkeit der Technik zu erinnern. „Das Eisenbahnunglück von 1971 hat eindrücklich dokumentiert, dass Technik und Mensch auch bei diesem so sicheren Verkehrsmittel versagen können.“ Doch technische Sicherungssysteme würden mit höchster Wahrscheinlichkeit verhindern, dass sich ein solcher Unfall wiederholt, doch dies müsse für alle Güterzüge gelten.
Doch andere Risiken würden bleiben, so Vogelpohl. „Anzahl und Masse von Gefahrguttransporten auf der Rheintalbahn sind stetig gestiegen. Die Gefahren für die Bevölkerung sind schwer zu kalkulieren.“ Zwar sei die Gemeinde froh, dass seit 2012 die Schnellzüge und der größte Teil der Güterzüge durch den Katzenbergtunnel geleitet werden, aber auch die abgestellten Gefahrguttransporte will der Bürgermeister nicht mehr im Ort sehen.
Auf hohe Sicherheitsvorkehrungen setzt auch David Weltzien, der Vorsitzende der DB Regio Baden-Württemberg. Nicht nur sein Mitgefühl spricht er aus, sondern unterstreicht mit dem Blick voraus, dass die Bahn alles für die Sicherheit tue. Die höchstmögliche Sicherheit dürfe nicht an den Finanzen scheitern. Zugleich zeigt er sich beeindruckt, dass es sich bei der Rheinweiler Unglücksstelle nicht nur um einen Ort des Schreckens handele, sondern angesichts der aufopferungsvollen Hilfe von Bürgern und Rettungskräften auch um einen Ort der Menschlichkeit.
Musik und Ausstellung
Musikalisch umrahmt wird die Gedenkfeier von der Chorgemeinschaft Bad Bellingen. Im Anschluss geht es zur Eröffnung der Ausstellung zum Bahnunglück, die der ehrenamtliche Leiter des Bäder- und Heimatmuseums, Christhart Heering, konzipiert hat. In dieser sind auch Bilder, Zeitungsausschnitte sowie erklärende Texte enthalten.