Bad Bellingen Kontroverse um Kurpark-Weiher

Claudia Bötsch
Bereits vor einigen Monaten wurde das Wasser des Kurpark-Weihers abgelassen. Über die Sanierung und die Auftragsvergabe wird der Gemeinderat in der Januar-Sitzung entscheiden. Foto: Claudia Bötsch Foto: Claudia Bötsch

Die Pläne zur Sanierung wurden im Bad Bellinger Gemeinderat vorgestellt. Ein endgültiger Beschluss soll im Januar gefasst werden.

Teils ging es in der Diskussion hoch her. Gemeinderat Wolfgang Müller (Freie Wähler) übte viel Kritik an Planung, Planern und der bisherigen Informationspolitik der Gemeinde. „Wenn wir den Weiher auf diese Weise sanieren, schaffen wir ein künstliches System, und wir bekommen einen Patienten, der an Tropf und Dialyse hängt.“

Planer und Gemeinde sehen das anders. Mit der Sanierung des Kurpark-Weihers verknüpfen sie vielmehr eine Aufwertung des ganzen Kurorts.

Alter Kurpark-Weiher schadhaft und unattraktiv

Der alte Kurpark-Weiher wurde vor rund 50 Jahren angelegt. Schon geraume Zeit gab es diverse Probleme wie Schäden in der überalterten Abdichtung, undichte Stellen sowie Algenblüten und große Schaumteppiche. Das gesamte Erscheinungsbild sei unattraktiv gewesen und nicht mehr zeitgemäß, unterstrich die Gemeinde den Handlungsbedarf.

Das Wasser im Kurpark-Weiher wurde bereits im August abgelassen und die Fische wurden entnommen. Wenn es nach der Gemeinde geht, soll Anfang 2025 die Maßnahme angepackt und der Bereich neu gestaltet werden.

Eingangsbereich und Wasserlauf mit Kaskaden

Die Pläne stellte Danilo Meixner vom Landschaftsarchitektur-Büro Faktorgrün aus Freiburg vor. Um den Kurpark-Eingang aufzuwerten, sei ein „Entré-Platz“ mit einem Quellstein geplant als „Bindeglied zwischen Ortskern und Park“. Die Grundform des Sees soll beibehalten und nach Norden und Süden durch einen Wasserlauf mit Kaskaden, die in den Weiher münden, ergänzt werden. Verwiesen wurde auf einen „Naturerlebnisbereich“ beziehungsweise eine Flachwasserzone als natürliche Filteranlage. Insgesamt werde die Anlage dadurch erweitert.

Möglichkeiten der Gewässerquerung und ein entsprechendes Verweilangebot soll es auch in der neuen Konzeption geben. Insgesamt sollen mehr Aufenthaltsmöglichkeiten geschaffen werden. Angedacht sind mehr Schattenplätze und Bänke am Hauptweg, darunter spezielle, erhöhte Sitzgelegenheiten für Senioren. Der „wunderbare Baumbestand“ soll erhalten bleiben. Bei Neupflanzungen von Stauden wird auf klimastabile, pflegearme Sorten gesetzt.

Darüber hinaus will man für Insekten, Vögel, Reptilien, Amphibien und Kleinstsäuger Biotop- und Habitatstrukturen anbieten, die dazu beitragen, „dass sich das neue Ensemble mit Leben füllt und eigene ökologische Kreisläufe bildet“.

Der Weiher soll vertieft werden, eine Filterzone sowie neue Pumptechnik und neue Fontänen erhalten. Zudem wird die Folie komplett erneuert. Laut Verwaltung wird der Weiher über das Niederschlagswasser und einen Quellzulauf gespeist. Im Zuge der Sanierung sollen zudem die Dachflächen des Rathauses über eine Leitung angeschlossen werden, um das dortige Regenwasser nutzen zu können.

Bereich um den Kurpark wird auch neu gestaltet

Der Bereich um den Weiher soll ebenfalls saniert werden, wobei Bestehendes genutzt werde. So sollen die Aussichtsbalkone erhalten und umgestaltet werden. Vorgesehen ist, die Betonelemente zu reinigen, sie zu ergänzen und mit Sitzauflagen aus Holz-Stahl-Konstruktionen auszustatten. Hochbeete aus Stahl sollen mit Sitzgelegenheiten aus Holz und einer attraktiven Bepflanzung ergänzt werden. Darüber hinaus will man die Wege sanieren und den Pflasterbelag erneuern.

Finanzierung nur mit Kredit möglich

Die Arbeiten für die Sanierung des Weihers mussten ein zweites Mal ausgeschrieben werden, weil zunächst kein Angebot eingegangen war. Bei der Wiederholung beteiligten sich zwei Firmen. Das Ergebnis stellte David Schlechtriem von Faktorgrün vor. Das günstigere Angebot von Brucker Landschaftsbau aus Malterdingen liegt mit rund 1,7 Millionen Euro deutlich über den ursprünglich kalkulierten Kosten von 900 000 Euro. Einen Teil davon, 880 000 Euro, kann die Gemeinde über einen bereits bewilligten Bundeszuschuss decken. Es bleibt ein Eigenanteil von 820 000 Euro. „Aller Voraussicht nach wird die Gemeinde ein Darlehen in Höhe von 400 000 Euro aufnehmen müssen“, machte Rechnungsamtsleiter Frank Spiegelhalter deutlich.

Kritik an Projekt und Plänen

In einer rund 20-minütigen Präsentation machte Gemeinderat Müller seine großen Bedenken gegenüber dem Projekt und den Plänen deutlich. Er schoss vor allem scharf gegen Diplom-Ingenieur Stefan Bruns vom Planungsbüro für Umwelttechnik (Polyplan-Kreikenbaum, Bremen), der zuvor die technischen Maßnahmen vorgestellt hatte.

Müller kritisierte zudem die Informationspolitik der Gemeinde und war der Meinung, dass wichtige Unterlagen den Räten vorenthalten würden. In den vorgelegten Plänen sei nicht ersichtlich, „welcher Schnickschnack verbaut und welcher technische Aufwand betrieben wird, um das ,natürliche Ökosystem’ aufrecht zu erhalten“.

Knackpunkt: Ausreichend Wasser vorhanden?

Der wesentliche Knackpunkt ist für Müller mit Blick auf den Klimawandel indes die Wasserspeisung des Weihers, die er in Trockenzeiten nicht gegeben sieht. Als Beispiel verwies er auf das Jahr 2023, als der Kurort 40 Tage am Stück keinen Regen gehabt habe bei warmen Temperaturen. Das bedeute einen Wasserverlust von mehr als 900 Kubikmetern und 46 Zentimetern Wasserstandsverlust. „Woher kommt dann das Wasser, wenn nicht durch Zuleitung von Trinkwasser?“, wollte Müller wissen, der auch Sorge vor einer erneuten Algenplage hatte.

Nach seiner Rechnung kämen auf die Gemeinde Wasserkosten von rund 20 000 Euro im Jahr zu. An dem limnologischen Gutachten ließ er kein gutes Haar. Es basiere auf veralteten Modelldaten, die nichts mit der Realität zu tun hätten. Müllers Fazit, das er auf Drängen von Daniel Billich (Fraktionsvorsitz FW) schließlich aussprach: „Das Beste wäre, den Weiher zuzuschütten. Wir haben einfach kein Wasser“, verwies er auf den Klimawandel. Billich wollte hingegen wissen, „wie viel Wasser eigentlich im Sommer auf den hiesigen Fußballplätzen landet?“

Bruns: Nachspeisung mit Wasser nicht vorgesehen

Bruns widersprach Müllers Kritik, auch könne er das generelle Misstrauen gegen Planer und Verwaltung nicht nachvollziehen. Die Technik, zu der neben Pumpen unter anderem vier Skimmer gehören, ermögliche ein „kreiertes Ökosystem“. Eine Nachspeisung des Weihers mit Trinkwasser sei nicht vorgesehen, „höchstens in Notzeiten“. Und wenn der Wasserlauf zum Weiher temporär trocken liege, sei das nicht schlimm für das System und mache der Natur nichts aus. „Den Leuten wird vielmehr vor Augen geführt, welche Folgen Klimawandel und Wassermangel haben“, verwies er auf einen gewissen Erziehungseffekt. Er verteidigte auch die Reduktion der Wassertiefe von ursprünglich geplanten 4,5 auf jetzt drei Meter. Es bestehe kein Risiko, dass das Wasser erneut kippen könnte, wie in der Vergangenheit geschehen, meinte Bruns auf Nachfrage von Monika Morath (CDU/Unabhängige). Dabei verwies er auf den Bodenfilter.

Laut Gutachten von Polyplan ist zu erwarten, „dass der Wasserspiegel im Juli/August minimal unter den vorgesehenen Soll-Stand sinkt“.

Technik und Stromkosten

Die Stromkosten für die geplanten Fontänen und Pumpen zur Wasseraufbereitung verglich er mit dem ungefähren Verbrauch eines Haushalts. Die Skimmer ersparten eine regelmäßige Entschlammung und sollen vor allem im Herbst das Laub einsaugen. Der Nachteil: Der Bauhof muss die Geräte zu dieser Zeit alle ein, zwei Tage reinigen und leeren. Falle der Wasserspiegel auf einen gewissen Pegel, komme es lediglich zu einem Ausfall der Skimmer. Sie gehen aber nicht kaputt, entgegnete er entsprechenden Bedenken aus dem Ratsrund.

Deutlich Stellung nahm CDU-Fraktionsvorsitzende Monika Morath am Ende der fast dreistündigen Vorstellung und Diskussion. „Zuschütten ist für mich keine Option. Der Kurpark-Weiher gehört zu Bad Bellingen“, lautete ihr Plädoyer. Es bleibe nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen und die höheren Kosten zu schlucken. Es sei wichtig, diese Maßnahme anzupacken und das Geld in die Hand zu nehmen, forderte sie. „Andernfalls würden wir auch den Zuschuss verlieren und hätten darüber hinaus die Kosten für Planung und Auftragsausfall zu tragen – ohne dass wir irgendetwas davon hätten.“

Den massiven Kostensprung von ursprünglich 900 000 Euro auf jetzt 1,7 Millionen hatte auch Mike Hößle (CDU) in der Sitzung kritisiert. In diesem Zusammenhang monierte er ebenso wie Müller einen schlechten und verspäteten Informationsfluss der Verwaltung. „Dieser Infomangel sowie die fehlenden Zahlen und Unterlagen haben auf unserer Seite zu Skepsis geführt.“

Entscheidung über Auftrag im Januar

Die Gemeinderäte können die Sitzung nun erst einmal sacken lassen. In der Sitzung am Montag wurde das Vorhaben lediglich vorgestellt und zur Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Auftragsvergabe steht erst im Januar an.

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