Bad Bellingen Mancher bezahlt vor Schreck

Claudia Bötsch
Die Polizei warnt vor Betrügerschreiben. Foto: Claudia Bötsch

Betrug: Zahlreiche Schreiben vermeintlicher Inkasso-Unternehmen im Umlauf / Die Polizei warnt

„Letzte außergerichtliche Mahnung“: Das steht mit Schwarz unterlegter Schrift auf dem Schreiben, das Stefan Escher kürzlich aus dem Briefkasten fischte. Eingefordert wird Geld für ein angebliches Glücksspiel-Abo. „Da bekam ich schon erst einmal einen Schreck“, berichtet der Bad Bellinger im Gespräch mit unserer Zeitung. Allerdings sei ihm schnell klar geworden, dass es sich um ein Betrügerschreiben handeln musste, und er meldete den Fall bei der Polizei.

Von Claudia Bötsch

Bad Bellingen/Kreis. Der Bad Bellinger ist bei weitem nicht der einzige Betroffene in der Region.

Großflächig vertrieben

„Derzeit befinden sich zahlreiche Schreiben vermeintlicher Inkasso-Unternehmen im Umlauf, die zur Überweisung angeblich offener Forderungen aus Gewinnspielen ,Deutsche Jackpot 6-49 Lotto GmbH’ auffordern“, warnt das Polizeipräsidium Freiburg aus aktuellem Anlass. Laut Polizeisprecher Michael Schorr handele es sich dabei um keine neue Masche: Auffällig und neu sei jedoch, dass die betrügerische Post großflächig vertrieben werde. „In unserem Fall ist das ganze Präsidium betroffen. Zahlreiche Bürger haben sich in den vergangenen Monaten bei der Polizei gemeldet, aus dem Bereich Emmendingen und Freiburg ebenso wie aus Lörrach und Waldshut“, macht Schorr deutlich.

Ausländische Konten

Eine Vielzahl von Haushalten habe Briefe unterschiedlicher, nicht existenter Inkasso-Unternehmen erhalten, die zur Überweisung offener Forderungen auf griechische, slowakische oder österreichische Konten auffordern. Angeblich hätten sich die Empfänger der Schreiben im Vorfeld telefonisch bei einem Gewinnspiel bei Eurowin24, Euro Jackpot 6/49 oder Deutsche Gewinner Zentrale Lotto 6-49 angemeldet und daraus entstandene Kosten nicht beglichen.

Im Fall des Bad Bellinger Bürgers gingen die Betrüger besonders dreist vor: Hier wird der Angeschriebene „letztmalig mit Nachdruck“ aufgefordert, die Schuldsumme von 272,46 Euro, die sich angeblich aus einem Dienstleistungsvertrag, Mahnkosten und vorgerichtlichen Inkassokosten zusammensetzen, per Sepa-Lastschrift zu bezahlen. „Als ich das sah, war mir sofort klar, dass es nur Betrüger sein können“, berichtet Escher im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Hier sollten alle Alarmglocken läuten“, betont auch Schorr. Eine Einzugsermächtigung widerspreche jeder gängigen Praxis. „Wer seine Kontodaten preis gibt, dem wird das Konto leer geräumt“, so der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Freiburg.

Drohkulisse

Die aufgebaute Drohkulisse sei typisch für solche Betrügerschreiben – in diesem Fall wird beispielsweise mit Zwangsvollstreckung und Pfändung gedroht. „Mancher Empfänger bezahlt dann vor Schreck“, weiß der Polizeisprecher und ergänzt: Je niedriger der Betrag, desto eher werde bezahlt. „Es gibt einige, die darauf reinfallen, dies aber aus Scham, in eine Falle getappt zu sein, nicht anzeigen.“

Wer auf ein Betrugsschreiben hereinfällt, hat laut Schorr geringe Chancen, sein Geld wieder zurückzubekommen. Wer bezahlt hat und den Betrug schnell bemerkt, sollte unverzüglich seine Bank kontaktieren – vielleicht befindet sich die Zahlung noch im Transfer und kann gestoppt werden. Im nächsten Schritt sollte man sich bei der Polizei melden.

Manches Betrugsopfer lässt sich vom – zumindest auf den ersten Blick – professionellen Erscheinungsbild der Briefe blenden. Im Fall des Anschreibens an den Bad Bellinger Bürger gibt es eine Aktennummer und einen amtlichen Hinweis mit Paragraphenverweis; auf dem Schreiben prangt zudem ein TÜV-Siegel für das vermeintlich geprüfte Inkasso-Unternehmen. Wer genauer hinsieht, entdeckt indes verdächtige Rechtschreib- und Grammatikfehler.

Tipps der Polizei

Aufgrund der aktuellen Betrugsstraftaten hat die Polizei Freiburg eigens Präventionshinweise herausgebracht. Sie warnt, auf keinen Fall zu zahlen, wenn man ein solches Schreiben erhält. Es gelte, vor jeder Überweisung die jeweilige Forderung auf Richtigkeit zu prüfen. „Wenn man nicht zu 100 Prozent sicher ist und sachliche Zweifel hat, sollte man auch nichts überweisen“, macht Schorr deutlich. Wer beispielsweise ein Gewinnversprechen erhält, aber gar kein Lotto spielt, sollte skeptisch werden.

Briefe genau prüfen

Alle Warnglocken sollten auch läuten bei Zahlungsaufforderungen, die von einem deutschen Absender kommen, aber auf ein ausländisches Konto fließen sollen. Wichtig sei daher, die Briefe inhaltlich und sachlich zu prüfen. Schorr rät dazu, zu den jeweiligen Absenderfirmen und Kontoverbindungen im Internet zu recherchieren. Oftmals werde im Netz bereits davor gewarnt.

Im Fall des Bad Bellinger Betrügerschreibens warnt die Verbraucherzentrale beispielsweise mit ausführlichen Informationen vor dem vermeintlichen Inkassounternehmen „Pro Collect AG“ mit angeblichem Sitz in Köln. Die Verbraucherzentrale weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass jedes Inkassobüro bei der zuständigen Aufsichtsbehörde registriert sein muss, was im Rechtsdienstleistungsregister kostenfrei überprüft werden kann.

Hilfreich sei auch immer, sich in der Familie zu beraten, gibt der Polizeisprecher einen weiteren Tipp. Wer sich unsicher ist, könne auch bei der Verbraucherzentrale nachfragen oder sich im Zweifel an die nächste Polizeidienststelle wenden. Schorr verweist zudem auch auf die Präventions- und Informationsangebote der Polizeiberatung.

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