Bad Bellingen Neue Baugebiete in der Kritik

Weiler Zeitung
Im Baugebiet „Hinterm Hof“ ist ein Terrassenhauskomplex mit vier Häusern und 32 Wohnungen geplant. Anwohner Rolf Wild hat Bedenken wegen der Verkehrssituation, vor allem auch mit Blick auf das benachbarte Baugebiet „Hinterm Hof II“. Fotos: Bötsch Foto: Weiler Zeitung

Zuzug: Anwohner haben Bedenken wegen Verkehrsführung / Ringstraße für „Hinterm Hof II“ gefordert

Bad Bellingen wächst: Allein durch das neue Baugebiet „Hinterm Hof II“ oberhalb der Hertinger Straße werden mehr als 300 neue Bürger in den Kurort ziehen. Dazu kommt der unterhalb liegende neue Terrassenhauskomplex, der in vier Häusern insgesamt 32 Wohnungen beherbergen soll. Die Gemeinde schafft dadurch dringend benötigten Wohnraum. Es gibt allerdings auch kritische Stimmen.

Von Claudia Bötsch

Bad Bellingen. Sowohl im Gemeinderat als auch von Anwohnern wurden bereits Bedenken laut, vor allem wegen der Verkehrssituation und auch wegen der „wuchtigen Erscheinung“ der Terrassenhäuser.

„Hinterm Hof II wurde übers Knie gebrochen“

Im Zuge der Bebauungsplanänderung für die Terrassenhäuser hatten fünf Bürger ihre Vorbehalte und Bedenken deutlich gemacht. Zwei von ihnen sind Rolf Wild und Martin Harter, die beide bereits seit Jahren an der Hertinger Straße wohnen. Sie betonen, dass sie nicht gegen die Bauvorhaben an sich sind, allerdings die Umsetzung kritisch sehen, vor allem, was die Verkehrsführung angeht. Sie befürchten ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und damit einhergehende Probleme, für die es Lösungen brauche.

Beide hätten Verständnis für den Zuzug und die Baugebiete, zumal Wohnraum knapp sei und der Ort von neuen Einwohnern und jungen Familien profitiere. „Das Ganze wurde allerdings zu schnell übers Knie gebrochen“, meint Wild speziell mit Blick auf das große Baugebiet „Hinterm Hof II“ oberhalb der Hertinger Straße. Er und Harter fordern deshalb Nachbesserungen und „vernünftige Lösungen für den fließenden und ruhenden Verkehr“, wie sie im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich machen.

Als ein zentrales Problem sehen sie, dass „Hinterm Hof II“ lediglich durch eine Stichstraße erschlossen werden soll. „Hier würde eine Ringstraße für eine deutliche Entlastung sorgen“, sind beide überzeugt. Diese ließe sich auch ohne großen Aufwand realisieren. Dazu müsse lediglich das Stück Feldweg, das oberhalb des Baugebiets verläuft, miteinbezogen und als Straße ausgebaut werden.

Eine solche Ringstraße würde die Verkehrssituation entspannen und auch mehr Sicherheit für die Bewohner bedeuten, meinen beide. Denn bei einem Notfall wäre die Zufahrt von Feuerwehr und Notarzt einfacher. Nach der jetzigen Planung sei die Verkehrssituation sehr beengt, problematisch sehen sie vor allem, „sollte bei einem Notfall beispielsweise zusätzlich noch die Müllabfuhr vor Ort sein und das Durchkommen erschweren“.

Entlastung durch Ringstraße und zusätzliche Einfahrt

Sie regen auch eine weitere Zufahrt über die Straße „Am Lettenbuck“ an. Auf dieser Seite des Baugebiets soll der Mietwohnungskomplex mit 31 Einheiten entstehen, den die Baugenossenschaft Familienheim baut. „Es geht vor allem um die Sicherheit der Bewohner und darum, dass im Notfall Feuerwehr und Krankenwagen schnell vor Ort kommen können“, betont Silvia Harter.

Als Gefahr wird auch die Parkplatzsituation angesehen. Befürchtet wird, dass zu viele Neubürger ihr Auto einfach an der Straße parken, weil Stellplätze fehlen. Sorge ist, „dass die Hertinger Straße als wichtige Zufahrtsstraße des Orts zugeparkt wird – mit zusätzlichen Verkehrsbehinderungen für Müllabfuhr, Schulbus und Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr“, wie Harter bereits in seinem Einspruch gegen die Planänderung deutlich gemacht hatte.

Die Situation werde dadurch unübersichtlicher, das Unfallpotenzial steige, meinen sie besonders mit Blick auf spielende Kinder. Sie haben indes selbst wenig Hoffnung, dass der „Wunsch nach zusätzlichen Parkflächen“ erfüllt werden kann, weil dafür die Grundstücke fehlten.

Bedenken richten sich zudem gegen die Anordnung der Tiefgaragenzufahrt bei den Terrassenhäusern.

Kritisch sehen sie im Fall der geplanten Terrassenhäuser auch die „massive Verdichtung“ von ursprünglich drei auf jetzt vier Häuser und die erhöhte Grundflächenzahl. Der Komplex werde von der Talseite her als „massiver Riegel erscheinen“, befürchtet Harter. Der „negative Einfluss aufs Ortsbild“ und die „wuchtige Erscheinung“ hatten auch im Ratsrund für Kritik gesorgt.

Bedenken wegen Sicherheit und Klima

Bedenken gibt es zudem, dass sich der Terrassenhauskomplex negativ auf das Mikroklima auswirken könnte und die Baukörper die Hangabwinde unterbrechen könnten, die die Frischluftzufuhr in den Kurort sichern. Die Einhaltung der Luftqualitätsnormen ist für das Führen des Prädikats „Luftkurort“ Bedingung. Die Hangabwinde sichern dabei die Verbesserung der Luftqualität in der Tallage.

Das Bad Bellinger Rathaus hat die Bedenken der Anwohner, die schriftlich und mündlich im Zuge der Bebauungsplanänderung „Hinterm Hof“ geäußert wurden, zur Kenntnis genommen. Allerdings seien diese nicht baurechtlich relevant, wie Hauptamtsleiter Hubert Maier im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich macht. „Mehr Verkehr und weniger Lebensqualität“ seien keine fachlichen, sachlichen Argumente, die gegen das Vorhaben sprächen. Er verweist darauf, dass die Bebauung in ähnlicher Form schon vor mehr als 40 Jahren anvisiert worden sei. Bereits in den 1970er Jahren hatte es Pläne für Terrassenhäuser an dieser Stelle gegeben, die aber nicht umgesetzt wurden.

Erstmals in Kraft getreten war der Bebauungsplan „Hinterm Hof“ am 23. Januar 1975, er wurde mehrfach angepasst und verändert. Dass Jahrzehnte nichts passierte, bedeute keinen Bestandsschutz. Die fünfte Änderung des Bebauungsplans „Hinterm Hof“ war im Dezember als Satzung beschlossen worden. Auch im Ratsrund herrschte dabei Uneinigkeit: Sechs Gemeinderäte stimmten dafür, zwei Räte votierten gegen die Satzung, drei Räte enthielten sich der Stimme.

Eventuell im Herbst könnte die Erschließung des Baugebiets beginnen.

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