Bad Bellingen Entsetzt, wütend und traurig

Claudia Bötsch

Jahrelang vegetierten die beiden Ponys vor sich hin, standen in ihrem eigenen, meterhohen Kot, in einem viel zu kleinen Stall ohne Tageslicht und ohne Bewegung. Zu essen bekamen sie Küchenabfälle und schimmeliges Futter: Der schwere Fall von Tierquälerei in einem Bad Bellinger Teilort hat auch die erfahrenen Kräfte des Tierschutzvereins Markgräflerland fassungslos gemacht.

Jahrelang vegetierten die beiden Ponys vor sich hin, standen in ihrem eigenen, meterhohen Kot, in einem viel zu kleinen Stall ohne Tageslicht und ohne Bewegung. Zu essen bekamen sie Küchenabfälle und schimmeliges Futter: Der schwere Fall von Tierquälerei in einem Bad Bellinger Teilort hat auch die erfahrenen Kräfte des Tierschutzvereins Markgräflerland fassungslos gemacht.

Informationen zu Tierpatenschaften sowie Spendenmöglichkeiten samt Kontodaten finden sich im Internet unter www.tierschutzverein-markgraeflerland.de.

Von Claudia Bötsch

Bad Bellingen. „Wir haben nur noch geheult“, denkt die Vorsitzende Anja Roth an den Tag der Rettungsaktion zurück. „Entsetzt, wütend und traurig“: So beschreibt sie ihre Gefühle angesichts des jahrelangen Elends der beiden Ponys. Die geschundenen und verwahrlosten Tiere waren völlig verdreckt und offensichtlich auch von schwerer Krankheit gezeichnet, als sie aus ihrer katastrophalen Lage befreit wurden.

Anonymer Hinweis

Gerettet wurden die Tiere letztlich durch einen anonymen Hinweis, der bei Anja Roth einging. Den Tippgeber verwies sie aus Gründen der Zuständigkeit an das Veterinäramt in Lörrach. „Dann ging alles ganz schnell“, lobt Roth das rasche Einschreiten der Behörde.

„Wir werden häufig zu schlechten Tierhaltungen gerufen. Aber den Anblick dieser beiden armen Ponys in ihren meterhohen Fäkalien und deren gebrochene Blicke – das werden wir nie vergessen“, sagt Roth, die sich seit mehr als 30 Jahren im Tierschutz engagiert.

Elendige Zustände

Die Ponys waren in einem viel zu kleinen Stall ohne Auslauf untergebracht. Fristeten ihr Dasein unter katastrophalen Umständen. Ein Zustand, der über Jahre angedauert haben muss, wie der zuständige Amtstierarzt feststellte.

Der Mist stand so hoch, dass sich zunächst nicht einmal die Boxentür öffnen ließ. „Seit Jahren hatte da keiner mehr saubergemacht.“ Das Fell der Pferde war zentimeterdick mit Exkrementen verklebt. Die Hufe waren auf eine enorme Länge angewachsen.

Die 29-jährige Ponyoma und ihre 16 Jahre alte Tochter waren in einem erbärmlichen Zustand. Vor allem bei dem älteren Tier war unklar, ob es überlebt. „Diese Haltung hat ihre Spuren und irreparable Schäden hinterlassen“, macht Roth deutlich. Durch die giftigen Dämpfe der seit Jahren nicht mehr gereinigten Box hat die Atmung der Tiere schwer gelitten. Herz und Lunge der beiden Ponys wurden dauerhaft geschädigt.

Grenzenloses Vertrauen

Als bewegendsten Moment der Rettungsaktion beschreibt Roth die Situation, als die Tiere in den Pferdeanhänger geführt wurden, mit dem sie zu einer Pflegestelle gebracht wurden. „Die beiden haben uns, obwohl sie weder Tageslicht noch Berührung gewohnt waren, ein grenzenloses Vertrauen entgegengebracht, nach dem Motto: Schlimmer kann’s nicht mehr werden.“

Finanzieller Kraftakt

Das Veterinäramt hat die Tiere beschlagnahmt und dem Tierschutzverein übereignet. Der hat den Ponys auch Namen gegeben: Oma Püppi und Tochter Moppi. „Wir werden uns lebenslang um die beiden kümmern“, sichert Roth zu. Allerdings bedeute die Rettungsaktion eine große Herausforderung für den Verein. Die damit verbundenen Kosten seien ein „großer finanzieller Kraftakt“. Roth verweist auf hohe Tierarztrechnungen, teures Spezialfutter und Aufbaumittel. Dazu kommen etwa Kosten für den Hufpfleger. Nach der jahrelangen Vernachlässigung müssen die Hufe in mehreren Schritten gekürzt werden.

Um die ganzen Kosten stemmen zu können, ist der Tierschutzverein auf die Unterstützung von Spendern und Sponsoren angewiesen. „Ideal wäre, wenn sich Menschen finden, die bereit sind, eine längerfristige Partnerschaft für die beiden Ponys zu übernehmen“, sagt Roth, die seit 16 Jahren dem Tierschutzverein Markgräflerland vorsteht. Der Verein freut sich über Geldspenden, aber ebenso über Sachspenden wie Tierfutter und Einstreu.

„Hätte auffallen müssen“

Schockiert hat die langjährige Tierschützerin an dem Bad Bellinger Fall vor allem auch eines: „Dass so viele Menschen einfach weggeschaut haben, obwohl das Leid der Tiere offensichtlich war. Ihnen hätte viel Leid erspart bleiben können, wäre der Fall früher ans Licht gekommen.“

Die Stallung war von einer frequentierten Straße aus einsehbar. Roth ist überzeugt: Dass die Pferde in so schlimmen Verhältnissen gehalten wurden, hätte den Nachbarn und anderen Bewohnern des Ortes auffallen müssen. Dabei verweist sie auch auf den heftigen Geruch, der von den Boxen ausging. „In einem Dorf weiß jeder, was es beim Nachbarn zum Abendessen gibt – aber hier hatte niemand so viel Rückgrat, zu handeln“, beklagt die Tierschützerin.

Bei älteren Haltern komme es leider verhältnismäßig gehäuft vor, dass sie ihre Tiere nicht adäquat versorgen können und mit der Pflege überfordert sind. „Hier appelliere ich an die Betroffenen, sich Hilfe zu holen, sei es über die eigene Familie oder auch den Tierschutzverein.“

Schlimme Fälle

Was bei der Tierhaltung alles „falsch laufen“ kann, sehen Roth und ihre Mitstreiter immer wieder bei ihren traurigen Einsätzen. In deren Erinnerung hat sich vor allem ein Fall eingebrannt, der sich vor einigen Jahren in Norsingen ereignete: Ein Katzensammler, der mit seinem Vater in einem heruntergekommenen Anwesen hauste, hielt damals in seinem Haus an die 250 unkastrierte Katzen. „Wir fanden tote Tiere unterm Sofa, der Gestank war unerträglich“, erinnert sich Roth an die dortigen Zustände.

Im Fall der Bad Bellinger Qualhaltung wurde gegen die Besitzerin ein Bußgeld verhängt.

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