Bad Bellingen Widersprüche machen ihn modern

Weiler Zeitung
Autor Stefan Pflaum hielt den Festvortrag über Johann Peter Hebel. Foto: Silke Hartenstein Foto: Weiler Zeitung

Hebelschoppen: Autor Stefan Pflaum hält Festvortrag / Hebels Beziehung zu Religion und Frauen

Von Silke Hartenstein

Zum 107. Hebelschoppen widmete sich der in Schallstadt lebende Autor Stefan Pflaum in seinem Festvortrag in der gut besetzten Kirche Johann Peter Hebels Beziehung zur Religion, zu den Frauen und seiner Rolle als Kalendermann.

Bad Bellingen-Hertingen. Bei Hebel, befand Pflaum, sei das Einfache und das Unergründliche, das Naive und Raffinierte, das Unentschiedene und Mehrdeutige zugleich da. Gerade dieses Widersprüchliche mache Hebel so modern. Seine Vielschichtigkeit zeige sich auch beim Thema Religion. „Die wahre Religion“, so schrieb der Theologe Hebel, „begleitet den Menschen zum Rechttun bis in die gemeinsten Verhältnisse des Lebens hinab“. Dann wieder beklagte er in einem Brief den „leeren Himmel der monotheistischen Religionen“ und wünschte sich auch Götter, die einem näher seien und sich ums Hiesige, Irdische kümmerten.

Tolerant gegenüber anderen Religionen

Er selbst schuf in jüngeren Jahren mit seinen Proteusern einen eigenen Götterhimmel mit Proteus, dem Gott der Zwiespältigkeit und der Metamorphosen. Über andere Religionen habe Hebel tolerant geurteilt: Bei ihm trat der Prophet Mohammed „sanftmütig“ auf, auch pries er Napoleon, weil dieser die Juden als gleich gestellte Bürger behandeln wolle.

35 Jahre dauernder Briefwechsel

„Hebel ist als Person nur lückenhaft überliefert“, stellte Pflaum fest. Gehe es um Hebels Beziehungen zu Frauen, so Pflaum, „schießt bei manchem Hebelspezialisten das Psychologisieren ins Kraut“. Widersprüchlich war die Beziehung zu Gustave Fecht, der er als armer Vikar den Hof machte, als gemachter Mann von Heirat nichts mehr wissen wollte und dennoch mit ihr einen 35 Jahre dauernden Briefwechsel unterhielt. Mit der berühmten, viermal verheirateten Schauspielerin Henriette Hendel indes, so Pflaum, „hätt’s am End vielliicht sogar öbbis chönne werde“. Zumindest habe er sie in einem Brief regelrecht angeschmachtet.

Eine unkonventionelle Stellung nehme Hebel auch in seiner imaginären Rolle als umher streifender Hausfreund und Kalendermann ein. Ein Kalender teile verlässlich die Zeit ein, doch gebe es zugleich das plötzlich in die Zeit Hereinbrechende. In vielen Varianten habe sich Hebel damit beschäftigt, dass das Leben jederzeit eine plötzliche Wende hin zu Krieg, Terror, Flüchtlingselend und anderen Katastrophen nehmen könne: „In diesen Geschichten ist er modern und uns und unseren Ängsten sehr nahe“.

„Mond isch Mond isch Mond“

Pflaum schloss mit seinen beiden für Schüler aktualisierten Varianten des Gedichts „Der Mann im Mond“. In Variante Eins stellt ein Kind seinen Großeltern viele Fragen zum aktuellen Weltgeschehen und bekommt zwar viel zu hören, doch keine Antwort.

Zuletzt steigerte sich Pflaums ohnehin flinker Fluss der Rede beim „Mond Rap“ ins Prestissimo: „Mond isch Mond isch Mond isch jeden Obe obe dobe Obe dobe jeden Obe“.

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