Basel Alte Meister treffen auf Moderne

Jürgen Scharf
Der Maler Kurt Mair neben dem Doppelakt „Still-Leben“ in der Galerie Ganter in Pfaffenberg Foto: Jürgen Scharf

Ausstellung: Kurt Mair hebt in seinen Werken die Zeit auf  / Wechsel von Gresgen nach Pfaffenberg

Von Jürgen Scharf

Zell-Pfaffenberg. Ein Blick genügt – und alle unsere Sinne sagen: ein Meisterwerk von Rembrandt! Doch hat sich der Meister wirklich so mit einem Hund im Vordergrund oder mit einem symbolträchtigen Granatapfel porträtiert? Erst beim zweiten Blick wird klar, dass „Best Friend“ nicht von Rembrandt, sondern von Kurt Mair stammt. Er überträgt den zeithistorischen Kontext der Renaissance in unsere Gegenwart. Es ist, als wäre die Zeit aufgehoben.

Alte Meister treffen auf die Moderne: Die Malerei von Kurt Mair funktioniert wie ein Setting mit Darstellern aus den berühmten Figurenbildern eines Rembrandt, Raffael, Leonardo da Vinci oder Vermeer. In diesen Bildwelten eröffnen sich Zeitenräume, ganze Epochen: Vintage-Gemälde zwischen Historie und heutiger Zeit.

Nachdem Kurt Mair 30 Jahre lang regelmäßig in der Galerie am Brühl in Gresgen ausstellte, die Ende 2021 ihre Pforten geschlossen hat, sind seine neue Arbeiten nun erstmals in der Galerie Ganter in Pfaffenberg zu sehen.

Kenner und Bewunderer seines Oeuvres werden feststellen, dass der in der Nähe von Turin lebende Künstler neue Wege geht. Mair hat sich von der Grafik verabschiedet und ausschließlich der Malerei zugewandt. Nach wie vor verwebt er historische Zitate der Kunstgeschichte zu neuen Bildinhalten.

In Stillleben, Akten und Porträts ist er seiner Thematik treu geblieben. Aus seinen früheren Radierungen hat er das Stilmerkmal der Überschrift in die Gemälde übernommen. „Il Segreto“ (Das Geheimnis) steht eingeschrieben in einem Bild von Eiern mit hauchdünner Schale in einem bauchigen Gefäß, deren Inneres ebenso verborgen ist wie das Geheimnis der zart dazu gezeichneten „Dame mit dem Hermelin“ nach Leonardo da Vinci.

Frauenakt wie eine Körperlandschaft

In „Monviso“, benannt nach dem Dreitausender im Piemont, sehen wir einen liegenden Frauenakt wie eine Körperlandschaft vor uns, deren Schulterkontur dem gleichnamigen Kultberg ähnelt. Das große Diptychon „Still-Leben“ vereint zwei identische weibliche Akte zu einem Doppelakt, eine Figur ruhig liegend, die andere bewegter mit einer Kopfdrehung zum Betrachter hin. Auch hier wird wieder Figur mit Stillleben kombiniert.

Unter dem vieldeutigen Titel „Gesang“ verbirgt sich eine nackte Frau, die von der Haltung des Modells her unweigerlich an den spektakulären Frauenakt von Courbet erinnert. Mair malt die Frauen in ihrer ganzen Sinnlichkeit, in verschiedenen Posen, Gefühlen und Emotionen. Manchmal verortet er seine Aktmodelle in ein Interieur (wie in dem Bild mit rotem Sessel), was eine Räumlichkeit in der Motivwahl schafft.

Einige schonungslos offen gemalte Akte brechen mit den Vorstellungen von Schönheit und Ästhetik, zeigen das Weibliche realistisch in aller Härte und Blöße. So die Reihe „Nu“, wo die ungeschönten, natürlichen Körper – teils ausschnitthaft als Torso – schonungslos dargestellt sind: der Mensch als schutzloses Wesen. Diese erotische Aktmalerei könnte man als eine Suche nach der nackten Wahrheit deuten.

Meister der gemalten Körperlichkeit

Ab und zu positioniert sich der Maler selber als Mitakteur in einem Porträt mit vage hinzu gezeichneten historischen Figuren, was wie ein Selbstzitat wirkt. In einem Männerakt in tänzerischer Dynamik, mit verschränkten Händen und verdrehtem Kopf, ist die körperliche Wahrnehmung die von Nacktheit in Bewegung.

In allen Figurenbildern, Akten und Selbstporträts erweist sich Kurt Mair als ein Meister der gemalten Körperlichkeiten.

Ein Phänomen ist, wie lebendig die Augen der Protagonisten und Renaissance-Schönheiten auf den Gemälden wirken, besonders, weil der weiße Punkt exakt ins Auge gesetzt ist, also Licht in die Augen fällt und diese transparent sind. Maltechnisch ebenso betörend die reinen Stillleben, die keine traditionellen „Nature morte“-Sujets mit leblosen Dingen wie Flaschen und Gläsern sind. In ihrer leuchtenden Farbigkeit, dem suggestiven Gelb, repräsentieren die in irdenen Schalen arrangierten reifen Zitronen den Süden und gemahnen durch ihre Form wiederum an Frucht-Körper: einfache, ruhige, mediterrane Motive, in denen sich Kurt Mair als ein Maler der kontemplativen Stille erweist.  Bis 25. Juni, Sa und So 14-18 Uhr

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