Basel Altlasten bereiten Planern Kopfzerbrechen

Michael Werndorff
Auf dem Klybeckareal sollen Wohnungen und zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Foto:  

Bei der Umnutzung des Klybeckareals zu einem neuen Wohn- und Arbeitsquartier geht es nur schleppend voran.

Das Industrieareal Klybeck, Wiege der Basler Chemie, bietet ein wichtiges Entwicklungspotenzial. Die heute weitestgehend brachliegende Industriefläche wird für neue Nutzungen geöffnet, mit Grün- und Freiräumen bereichert sowie mit der notwendigen Infrastruktur ausgestattet. Auf diesem Gebiet sollen zukünftig bis zu 8500 Menschen wohnen und bis zu 7500 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Weichen wurden bereits vor einigen Jahren gestellt, als die früheren Besitzer Novartis und BASF eine Planungsvereinbarung mit dem Kanton abschlossen. Im Jahr 2019 verkauften die beiden Unternehmen ihre Areale aber an die Immobilienentwickler Rhystadt AG und Swiss Life.

Schleppender Prozess

Mittlerweile beleben Zwischennutzungen das Gelände, insgesamt geht es mit der Umnutzung aber nur schleppend voran – Altlasten sorgen immer wieder für böse Überraschungen. So hätte einst der Bau K-90 mit seinem prägnanten Stahlskelett das Wahrzeichen des neuen Stadtteils werden sollen. Allerdings wurden in der ehemaligen Farbenfabrik Schadstoffe entdeckt, weshalb Swiss Life das Gebäude für Zwischennutzungen gesperrt hat. Zum industriellen Erbe des Areals gehörten auch Altlasten. Einerseits durch die Nutzung als Chemie-Standort, andererseits aber auch aufgrund der Baumaterialien, die früher üblicherweise eingesetzt worden seien. Entsprechend würden laufend Schadstoffbelastungen untersucht, und Maßnahmen würden an neue Befunde angepasst, teilt Swiss Life auf Nachfrage unserer Zeitung mit.

Weitere Untersuchungen

„Die Belastungen sind sorgfältig analysiert und dokumentiert. Swiss Life selber hat mehrere Schadstoffgutachten zum K-90 von den vorherigen Eigentümern übernommen und zusätzliche Gutachten erstellen lassen“, erklärt Florian Zingg von Swiss Life. Der Zugang zum Gebäude K-90 sei bereits vergangenen April gesperrt worden.

Wie es mit der Umnutzung weitergeht, hängt von weiteren Untersuchungen ab: Teil der Arbeiten für die Nutzungsplanung des Konzepts Klybeckplus sei die Abklärung, inwieweit die Gebäude, die als schutzwürdig beurteilt wurden, auch tatsächlich erhalten werden können. Aus diesem Grund würden bei allen Gebäuden vertiefte Untersuchungen zu einer möglichen Schadstoffbelastung unternommen.

Diese Abklärungen sind laut Swiss Life derzeit im Gang, aber unterschiedlich weit fortgeschritten. Erst nach Abschluss sei eine definitive Aussage zum Erhalt sowie der Umnutzung der Gebäude möglich. „Sollten diese Abklärungen zum Ergebnis kommen, dass Gebäude wegen der Schadstoffbelastung nicht erhalten werden können, würden die betroffenen Gebäude aus dem Inventar entlassen“, so Zingg.

Vergangenes Jahr warnte noch eine ehemalige Führungskraft im Amt für Umwelt und Energie vor gefährlichen Substanzen: „Wir hatten diesen Stoff schlicht nicht auf dem Radar“, kommentierte er die Debatte um Benzidin-Altlasten im Klybeckareal und im Rosentalquartier.

Experte warnt

Im Boden der ehemaligen Produktionsstandorte sollen noch Altlasten dieser hochgiftigen und krebserregenden Substanz schlummern, warnt der Basler Geograf und Altlasten-Experte Martin Forter in einer Studie, die im Auftrag der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) erstellt wurde. Forter beschrieb in seiner Analyse, wie der Kanton Basel-Stadt, Novartis, Syngenta und BASF über Jahre hinweg das Problem von Schadstoffrückständen auf den Arealen Klybeck und Rosental vernachlässigt hätten. Das zuständige Amt wies die Vorwürfe von sich. Man wisse, wo Altlasten seien.

Stark krebserregend

Benzidin wird als hochgradig krebserregend eingestuft. Die Arbeiterzeitung „Ciba Prolet“ bezeichnet Blasenkrebs als „eine Berufskrankheit“, die sich eine erschreckende Anzahl von Arbeitern bei der Ciba zugezogen habe. Mehr als 100 Jahre lang wurden dort synthetische Farbstoffe, chemische und später pharmazeutische Produkte hergestellt, weiterverarbeitet, abgefüllt und gelagert. Im Laufe der Jahrzehnte dürfte die Ciba AG auch den Boden und das Grundwasser verschmutzt haben, berichtet Forter von großen und kleineren Unfällen.

Als der Kanton Mitte November vermeldete, dass man auf dem Rosentalareal bei Messungen Benzidin nachgewiesen habe, fühlte sich Forter bestätigt. „Dass nun Benzidin in Feststoffen nachgewiesen wurde, kommt nicht überraschend.“ Das Benzidin befand sich laut Kanton im Aushubmaterial.

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