Basel Auch digital wird intensiv gelesen

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Forscher haben in einer Studie widerlegt, dass auf dem Handy- oder Computerbildschirm weniger intensiv gelesen wird. Foto: Die Oberbadische (Archiv)

Forschung: Jugendliche nutzen laut Basler Studie vertieft digitale Medien, um sich mit Texten zu befassen

Basel - Jugendliche nutzen digitale Netzwerke, um vertieft in literarische Texte einzutauchen und sich intensiv mit ihnen zu befassen. Dies ergab eine computergestützte Studie unter der Leitung der Universität Basel am Beispiel der populären Online-Leseplattform Wattpad.

Die Mitte Januar in der Online-Fachzeitschrift „Plos One“ veröffentlichten Studienergebnisse widersprechen laut Verfassern der Annahme, dass Jugendliche im digitalen Zeitalter das vertiefte Lesen aufgegeben hätten. Es werde übersehen, dass junge Menschen digitale Netzwerke intensiv nutzten, um literarische Texte zu lesen, sich darüber auszutauschen und gar selber Texte zu verfassen.

Forscher analysierten Leseplattform Wattpad

Zu diesem Schluss kam ein Team von Forschern aus der Schweiz und Italien bei einer Analyse der digitalen Leseplattform Wattpad. Auf diesem Netzwerk teilen weltweit mehr als 80 Millionen überwiegend junge Leute in mehr als 50 Sprachen Tag für Tag rund 100 000 Geschichten.

Die Forschergruppe unter der Leitung von Gerhard Lauer vom Digital Humanities Lab der Universität Basel nutzte computergestützte Verfahren, um aus dieser Masse die Lesevorlieben, die Emotionalität und Intensität der Kommentare sowie die Vernetzung der Nutzer zu ermitteln. Die Studie versuchte, so dem Anspruch gerecht zu werden, das Lesen „fast in Echtzeit“ zu untersuchen.

„Teen Fiction“ und klassische Literatur

Dabei habe sich gezeigt, dass junge Menschen sowohl Jugendliteratur – sogenannte „Teen Fiction“ –, als auch klassische Literatur vertieft lesen sowie sich auch lange und emotional darüber austauschen würden, heißt es in der Studie. Einzelne Sätze würden bis zu mehreren hundert Mal kommentiert und auch als Vorlage für das eigene Schreiben genutzt.

Klassische und populäre Lesestoffe würden aber unterschiedlich lange gelesen und kommentiert, heißt es weiter. Während die Nutzer die Lektüre von Klassikern oft nach den ersten Kapiteln abbrächen, vermöge „Teen Fiction“ über weite Strecken zu fesseln.

Und während sich bei diesem Genre Netzwerke mit starker sozialer Bindung ausbildeten, komme es beim Diskutieren über klassische Literatur eher zu einem gedanklichen Austausch, bei dem sich die Nutzer gegenseitig beim Verstehen ihrer Lektüre unterstützten.

Eine neue Generation von digitalen Lesern entsteht

Die Studie kommt zum Ergebnis, dass sich auf Internet-Plattformen wie Wattpad eine neue Generation von Lesern herausbilde. Es handle sich dabei um eine Generation, die das Lesen leidenschaftlich pflege und die digitalen Medien für einen starken Austausch nutze. Pessimistische Behauptungen, dass am Bildschirm weniger lange gelesen werde, müssten unter diesen Gesichtspunkten überdacht werden, heißt es.

An der Studie waren neben den Forschern aus Basel auch Mitarbeiter der italienischen Universitäten in Mailand und Verona beteiligt. Sie wurde vom Schweizerischen Nationalfonds und dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union unterstützt.

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