Der 22-jährige Hesse fand 1899 eine Stelle in der Buchhandlung Reich an der Freien Straße – heute findet sich dort das Uhren- und Schmuckgeschäft Bucherer. Später wechselte er ins Buchantiquariat von Wattenwyl am Pfluggässlein. Für 110 Franken im Monat verschaffte sich Hesse kleinere Zusatzverdienste mit Artikeln und Rezensionen für verschiedene Zeitungen, auch für die „Basler Nachrichten“. Trotzdem musste er am Ende des Monats oft sein Essen im einfachen Gasthaus der Schmiedenzunft einnehmen, denn, so schreibt er in seinem Gedicht „Schmiedenzunft“: „Zu Schmieden isst man gut und billig.“ Er hat auch Menschen wie den Philosophen Friedrich Nietzsche oder den Historiker Jacob Burckhardt bewundert, die beide in Basel gelebt und gewirkt haben.
Frage: Welche Spuren hat Basel sonst noch in Hesses schriftstellerischem Werk hinterlassen?
In seinem Frühwerk „Hinterlassene Schriften und Gedichte von Hermann Lauscher“, das im Jahr 1900 in der Buchhandlung Reich erschienen ist, hat Hesse seine Basler Jahre mit viel Liebe geschildert. Auch „Der Steppenwolf“ enthält vieles aus dem Basler Stadtbild. Die Gaststätte „Schwarzer Bär“ wird bei ihm etwa zum „Schwarzen Schwan“.
Frage: Stichwort „Steppenwolf“: Im Rahmen des Festivals wird im Stadtkino die Verfilmung aus dem Jahr 1974 gezeigt, die größtenteils in der Basler Altstadt gedreht wurde und in der auch der Basler Schauspieler und Theaterdirektor Helmut Förnbacher mitspielt. Was hat es damit auf sich?
Der US-amerikanische Filmproduzent und Historiker Richard Herland hat die Verfilmung damals finanziert, und er setzt sich auch seit 2010 immer wieder dafür ein, das Andenken an Hermann Hesse in Basel zu bewahren. Er hat unseren Verein mitbegründet und wird im Anschluss an die Filmvorführung auch etwas zu seinem Werk sagen. Herland wertet Hermann Hesse als einflussreichsten Schriftsteller der US-Hippie-Bewegung, und sein Film ist heute auch ein historisches Dokument, wie Basel in den 1970er-Jahren ausgesehen hat.
Frage: Künftig wird es in Basel auch einen Hermann-Hesse-Platz geben. Haben Sie da offene Türen bei den Behörden eingerannt, oder mussten Sie Überzeugungsarbeit leisten?
Wir haben offene Türen eingerannt. Hermann Hesse stand bei den Verantwortlichen für die Benennung von Straßen und Plätzen schon länger auf der Liste, wurde aber immer wieder zurückgestellt, da heutzutage öffentliche Orte eher nach Frauen benannt werden, um hier für ein Gleichgewicht zu sorgen. Aber wir freuen uns jetzt, dass es geklappt hat und am Freitag, 10. Dezember, der Hermann-Hesse-Platz an der Rheingasse eingeweiht wird. Es geht uns dabei nicht um eine Ehrung Hesses aus Basel, denn diese hat er nach 150 Millionen verkauften Büchern und der Übersetzung in 74 Sprachen nicht nötig. Aber es ist uns wichtig, dass Basel sich seiner erinnert.
Frage: Sie haben die US-Hippie-Bewegung angesprochen. In der Tat hat der Psychologe und „Hippie-Guru“ Timothy Leary den „Steppenwolf“ in den 1960er-Jahren als „Meisterführer zum psychedelischen Erlebnis“ empfohlen, und eine bekannte Rockband nannte sich „Steppenwolf“. Was hätte Hesse selbst von dieser Entwicklung gehalten, wenn er sie noch erlebt hätte?
(lacht) Das kann ich nicht sagen. Aber da in Hesses Werken immer wieder die Bedeutung davon aufgezeigt wird, dass man seinen eigenen Weg geht, wäre ihm die Hippie-Bewegung vermutlich sympathisch gewesen.
Frage: Ein Wort noch zur Corona-Pandemie: Die Infektionszahlen steigen auch in Basel wieder. Sind Sie zuversichtlich, was die Durchführung des Festivals angeht?
Uns ist die Corona-Entwicklung sehr wohl bewusst. Stand heute gehen wir davon aus, dass alles wie geplant stattfindet, da die einzelnen Veranstaltungen des Festivals bewusst klein gehalten sind.Informationen zum Hermann-Hesse-Festival und das vollständige Programm gibt es im Internet: www.hermann-hesse-basel.com.
ist eine Basler Buchautorin und Hesse-Biografin. Die Volkshochschul-Dozentin und Ausstellungsmacherin hat mehrere Werke über die Familie des Schriftstellers geschrieben und über Jahre hinweg auch Hesse-Rundgänge durch Basel gestaltet.