Basel Auf den Spuren von Scheich Ibrahim

Die Oberbadische

Museumsführung: Thomas Hofmeier spricht über den Basler Jean Louis Burckhardt und seine Verdienste

Der Schweizer Orientreisende Jean Louis Burckhardt (1784 bis 1817) alias Scheich Ibrahim hat sich auf zahlreichen Ebenen Verdienste um die Forschung erworben. Ausreichend gewürdigt werden diese aber nicht, sagt Thomas Hofmeier, der eine Führung zu diesem Thema anbietet.

Basel. Was Burckhardt in die Fremde gezogen hat und warum das Wissen über ihn in seiner Heimatstadt Basel nicht mehr so weit verbreitet ist, darüber hat Adrian Steineck mit Thomas Hofmeier gesprochen.

Frage: Herr Hofmeier, was für ein Charakter war Jean Lois Burckhardt?

Das kommt immer darauf an, von welcher Seite man ihn betrachtet. Ich habe seine vollständigen Schriften gelesen, die etwa 3000 Seiten umfassen, daher kenne ich ihn gut. Er war extrem pflichtbewusst und ein regelrechter Workaholic, der ständig gearbeitet hat. Auch bewundere ich seine Kaltblütigkeit. Er hat Situationen gemeistert, in denen jeder Andere heulend davonrennen würde.

Frage: Zum Beispiel?

Er ist bei seinen Orientreisen mehrfach ausgeraubt worden. Einmal wurde mitten in der Wüste sein Kamel erstochen, und er hatte buchstäblich nur noch seine Unterhosen am Leib. In dieser Situation hat er ganz kaltblütig überlegt, auf welcher Route er am besten in die nächste Stadt laufen müsse. Als er einmal in Nubien – dem heutigen Sudan – von Mamluken, also aufständischen Militärsklaven, gefangengenommen und damit bedroht wurde, dass er am nächsten Tag geköpft werde, da man ihn für einen Araber hielt, da notierte er sich seelenruhig sinngemäß in sein Tagebuch: Bisher ist ja noch niemand mit dem Schwert gekommen, und wenn ich morgen tatsächlich geköpft werden soll, werde ich ihnen sagen, dass ich Schweizer bin und kein arabischer Spion. Vielleicht ändert das dann ihre Meinung.

Frage: Was zog Burckhardt überhaupt in die Fremde? Er entstammte einem alten Basler Patriziergeschlecht und war Sohn eines Fabrikanten und Politikers, kam also aus durchaus gesicherten Verhältnissen.

Zum einen war er von jeher interessiert an dem Fremden und Neuen. Zum Anderen war seine Abneigung gegen die napoleonischen Kriege und damit gegen Frankreich so groß, dass eine Laufbahn in der Schweiz, die damals zu Beginn des 19. Jahrhunderts französisch besetzt war, für ihn überhaupt nicht in Frage kam. Zudem wollte Burckhardt kein Kaufmann werden, das erschien ihm viel zu langweilig. Als er in London die African Association aufsuchte und auf Arbeit warten musste, da erwog er sämtliche Möglichkeiten. Er wäre auch zum russischen Zaren gegangen, wie er an seine Familie schreibt. Stattdessen ging er dann nach Aleppo, um den Nahen Osten und den Islam zu studieren.

Frage: Abgesehen von seinem schillernden Charakter: Welche Meriten hat sich Burckhardt noch erworben, wegen denen er heute noch bekannt ist?

Da gibt es eine Riesenpalette. Er hat mehr als 300 arabische Handschriften gesammelt, die er der Bibliothek der Universität von Cambridge vermacht hat. Er hat auch aus einem arabischen Buch aus dem 13. Jahrhundert schon gewusst, was im Inneren der Pyramiden zu finden ist, als sich alle Forscher und Ägyptologen noch die Köpfe darüber zerbrochen haben, ob sich darin Kammern befinden. Er hat auch für die Kartografie vieles geleistet, indem er etwa gemessen hat, wie lange man von A nach B reitet. Auch den Golf von Akabar hat er erforscht und nicht zuletzt die Felsenstadt Petra wiederentdeckt, nachdem ihre Existenz nur noch in Arabien bekannt war.

Frage: Werden Burckhardts Verdienste in Basel ausreichend gewürdigt?

Ganz klar: Jein. In Basel kennt jeder den Namen von Scheich Ibrahim, aber nur wenige wissen wirklich etwas über ihn. Dazu trägt auch bei, dass es viel fehlerhafte und schlechte Literatur über ihn gibt. Nach ihm müssten in Basel eigentlich Straßen und Plätze benannt sein, denn er liefert uns die letzten Augenzeugenberichte aus dem Osmanischen Reich und aus einer Welt, die es so schon kurze Zeit später nicht mehr geben sollte. Es ist auch erstaunlich, dass es bis heute keine kommentierte Ausgabe seiner Schriften gibt.

Frage: Kürzlich lief im Fernsehen auf 3Sat eine Folge der Dokumentationsreihe „Schweizer Entdecker“, in der es um Burckhardt ging. Ist das ein Ansatz dazu, ihn wieder bekannter zu machen?

Definitiv, und die Dokumentation ist auch sehr solide und gut gemacht. Dadurch werden hoffentlich auch jüngere Menschen auf Burckhardt aufmerksam.

Frage: Sie bieten demnächst eine Führung durch die Burckhardt-Ausstellung im Historischen Museum Basel an. Was erwartet die Teilnehmer dort?

Wir zeigen unter anderem ein Ölgemälde von Burckhardt, dessen Urheber ihn allerdings nie gesehen hat, sondern sich an einem anderen Gemälde orientierte. Zudem zeigen wir die Burckhardt-Büste des bekannten Basler Bildhauers Ferdinand Schlöth und einen Orden, den die jordanische Königin in den 1990er-Jahren posthum an Burckhardts Familie verliehen hat. Wie bei allen meinen Führungen versuche ich, die Geschichte Burkhardts lebendig zu präsentieren, damit sie den Zuhörern in Erinnerung bleibt.

Weitere Informationen: Die Führung „Scheich Ibrahim alias J.L. Burckhardt“ findet am Donnerstag, 20. September, ab 12.30 Uhr im Haus zum Kirschgarten in Base, Elisabethenstraße 27, statt. Näheres erfahren Interessierte im Internet unter www.hmb.ch.

ist der Leiter der Abteilung Bildung und Vermittlung beim Historischen Museum Basel (HMB). Im Jahr 2007 gründete er die Plattform „SecretBasel“, die neben Führungen zu Basel auch solche zu Themen wie Alchemie oder Hexen anbietet.

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