Basel Bettelverbot vor dem Aus?

sda
 Foto: Die Oberbadische

Bettler: Basel-Stadt will Urteil aus Straßburg eingehend prüfen

Basel/Straßburg - Ob und wie in Basel-Stadt das Bettelverbot nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) wie vom Parlament gefordert wieder eingeführt werden kann, ist offen. Die Basler Regierung will das Urteil aus Straßburg nun eingehend prüfen.

Man habe vom Urteil des EGMR erfahren und werde sich nach eingehender Prüfung dazu äußern, erklärte jetzt ein Sprecher des Basler Justiz- und Sicherheitsdepartements. Einen parlamentarischer Vorstoß mit der Forderung eines generellen Bettelverbots hatte der Große Rat vergangenen Oktober zur Prüfung an die Regierung überwiesen. Diese muss dem Basler Parlament nun einen entsprechenden Vorschlag zur Wiedereinführung des Verbots unterbreiten.

In einem am Dienstag veröffentlichten Urteil kommt der EGMR allerdings zum Schluss, dass die Schweiz mit der Verurteilung einer rumänischen Roma wegen Bettelns gegen den Kerngehalt des Rechts auf Achtung des Privatlebens verstoße und die von der Genfer Justiz verhängte Buße von 500 Franken unverhältnismäßig sei.

Schwerwiegende Sanktion

Weder könne damit organisierte Kriminalität verhindert werden noch würden so die Rechte von Passanten, Anwohnern oder Ladeninhabern geschützt, heißt es.

Die Buße wurde im Januar 2014 gegenüber einer damals 22-jährigen Frau verhängt. Sie stammt laut Urteil des EGMR aus sehr armen Verhältnissen und ist Analphabetin. Innerhalb von drei Jahren wurden ihr neun Verstöße gegen das Genfer Bettelverbot vorgeworfen. Mit dem erbettelten Geld deckte sie die wichtigsten Lebensbedürfnisse.

Der Gerichtshof erachtet die Bestrafung der Frau als eine schwerwiegende Sanktion. Weil sie die Buße nicht bezahlen konnte, musste sie als Ersatzstrafe fünf Tage ins Gefängnis. Eine solche Maßnahme muss laut EGMR durch ein grundlegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sein, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. Das generelle Bettelverbot verhindere eine Interessenabwägung im Einzelfall.

Die Schweiz machte durch ihren Vertreter vor dem EGMR geltend, das Genfer Gesetz sei infolge einer großen Zunahme von Bettlern in der Stadt erlassen worden. Diese seien teilweise sehr aggressiv vorgegangen und hätten sich in Parks oder unter Brücken installiert. Dieses Argument wurde auch in Basel-Stadt von Befürwortern des Bettelverbots immer wieder geltend gemacht.

Das generelle Bettelverbot war im Kanton Basel-Stadt im Zuge einer Revision des kantonalen Übertretungsstrafgesetzes erst Anfang Juli 2020 aufgehoben worden. Verboten ist seither nur noch das bandenmäßige Betteln.

Eigene Struktur

Konkret gefordert wurde die Wiedereinführung des generellen Bettelverbots von der SVP, deren Vorstoß vom Großen Rat vergangenen Oktober mit 48 gegen 45 Stimmen an die Regierung überwiesen worden war.

Für Diskussionen in Basel sorgte auch das Nächtigen an öffentlichen Orten unter freiem Himmel: Die Basler Männernotschlafstelle soll in den nächsten zwei Monaten Obdachlosen aus dem EU-/EFTA-Raum, allen voran Bettlern, zur Verfügung stehen. Die Basler Regierung hat dafür maximal 250 780 Franken bewilligt.

Personen, die normalerweise in der Männernotschlafstelle an der Alemannengasse in Basel übernachten, erhalten wegen der Platzknappheit nun eine Unterkunft in einem Hotelzimmer, wie die Basler Regierung mitteilte.

„Mit der Entscheidung will die Regierung sicherstellen, dass bei tiefen Temperaturen niemand draußen schlafen muss, der das nicht ausdrücklich will“, erklärte Rudolf Illes, Leiter der Basler Sozialhilfe. Er begründet den Beschluss auch damit, dass Erfahrungen zeigen würden, dass für die Unterbringung von Bettlern aus Osteuropa eine eigene Struktur benötigt werde, welche betreut sei und nicht mit anderen Gruppierungen durchmischt werde.

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