Ich liebe auch die große Reithalle und die Rossställe, sie bieten sehr gute Spielmöglichkeiten für ganz unterschiedliche Nutzungen.
Frage: Welches Publikum wollen und werden Sie bedienen?
Wir wollen ein breites Publikum ansprechen, das sich für ganz unterschiedliche Formen von zeitgenössischem Kulturschaffen interessiert. Das reicht vom Sprechtheater bis zur Performance, vom zeitgenössischen Tanz bis zum Nouveau Cirque, von der lokalen Band bis zum internationalen Großact.
Frage: Welche Rolle soll die Kaserne in Basel und über die Stadtgrenzen hinaus spielen?
Wir hoffen, dass es uns gelingt, ein spannendes Programm zu machen, das auch immer wieder Menschen auch jenseits der Stadtgrenze anspricht, von Mulhouse bis Lörrach, von Zürich bis Lausanne. Es werden Aufführungen in unterschiedlichen Sprachen zu sehen sein, von französisch über arabisch bis englisch und spanisch, selbstverständlich mit Untertiteln ausgerüstet. Wir führen das Austauschprogramm mit der Filature Mulhouse weiter und arbeiten eng zusammen beim Festival Vagamondes im Januar. Wir freuen uns darauf, uns auch stärker mit dem süddeutschen Raum zu vernetzen und sind unter anderem in Gesprächen mit dem E-Werk und dem Theater Freiburg.
Frage: Sie wollen die Sparten Musik, Theater und Tanz stärker vermischen. Wieso macht das Sinn?
Heute gibt es immer mehr Formate, die sich kreuzen, Performances mit Livemusic, Konzerte, die sich in theatrale Acts verwandeln, die Genregrenzen werden fließender, und dabei entstehen Formate, die sich nicht leicht in eine Schublade stecken lassen. Dem wollen wir Raum geben. Gleichzeitig wollen wir auch bei thematischen Schwerpunkten den Besuchern die Möglichkeit geben, nach einer Theatervorstellung noch ein Konzert zu besuchen und so ganz unterschiedlichen Facetten eines Themas zu begegnen. Und nicht unwichtig: Es macht auch Spaß, neue festliche Formen auszuprobieren.
Frage: Sie möchten die Kaserne stärker gesellschaftspolitisch positionieren. Wie und warum ist das vielleicht gerade heute wichtiger denn je?
Weil Kunst ja nicht in einem luftleeren Raum agiert, sondern sehr sensibel und wach auf aktuelle politischen und gesellschaftlichen Veränderungen reagiert. Wir sind interessiert an einer inhaltlichen Auseinandersetzung, die unterschiedliche Zugänge zu Themen schafft, welche die Menschen beschäftigen. In einem Moment, in dem der Populismus massiv zunimmt, Fremdes als Bedrohung und nicht als Bereicherung wahrgenommen wird, ist es wichtig Stellung zu beziehen.
Frage: Welche Rolle spielen Kooperationen, und welche Schwerpunkte möchten Sie dabei setzen?
Kooperationen in ganz unterschiedlichen Formen sind uns sehr wichtig: Das reicht von der Zusammenarbeit mit lokalen Partnern wie dem Festival Wildwuchs oder den Dokumentartheatertagen, zur Zusammenarbeit mit den großen Häusern des freien Theater- und Tanzschaffens in der Schweiz wie die Gessnerallee in Zürich oder das Théâtre Vidy in Lausanne, in Deutschland von Häusern wie dem Mousonturm in Frankfurt bis zum HAU in Berlin. Es gibt sehr gute Beziehungen zu Häusern in Paris, das nur drei Stunden Zugfahrt entfernt liegt. Wichtiger Partner über die Schengengrenzen hinaus sind unter anderem die Verbindungsbüros der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia in den Metropolen des Süden wie Johannesburg, Kairo oder Sao Paolo.
Entscheidend sind für uns langfristige Kooperationen mit Künstlern, die auf gegenseitigem Vertrauen aufbauen und auf einem intensiven inhaltlichen Austausch basieren. Wir hoffen, dass es gelingt, zukünftig auch verstärkt Residenzen anbieten zu könne, so dass dies Künstler hier vor Ort aktiv sein können.
Frage: Sie geben Künstlern aus Afrika und dem arabisch-persischen Raum verstärkt ein Forum. Warum? Ist die Szene dort aktuell besonders kreativ?
Ja, es gibt eine unglaublich aktive, künstlerisch hoch interessante Kulturszene in den urbanen Zentren der MENA– Region und auch in Subsahara Afrika. Das gilt sowohl für die Theater / Tanzszene als auch für die Musik. Dies trotz massiver staatlicher Verhinderungs- statt Förderungspolitik und ohne jegliche Form von Subventionen. Es lohnt sich, hier in einen langfristigen und sorgfältig gepflegten Austausch zu treten. Dazu kommt, dass diese Regionen durch die schon lange Jahre dauernde, doch nun neu aufgeflammte Migrationsdebatte, durch heftig tobende, nach wie vor ungelösten Konflikte stark im Fokus des weltpolitischen Geschehens stehen.
Frage: Besteht nicht die Gefahr, dass diese Ausrichtung zu einseitig sein könnte?
Ich denke, dann würden wir einen Fehler begehen. Lokale Themen sind heute häufig auch globale Themen: Nehmen Sie beispielsweise das Thema des Umgangs mit alten Menschen, das ist bei uns lokal genauso Thema ist, wie es in Tokio eines ist. Hinzu kommt, dass die Pfleger nun häufig aus Osteuropa kommen, in Tokio aus den Philippinen und schon stehen wir mitten in einem internationalen Feld.
Frage: Als Zürcher nach Basel. Ein „schwerer“ Schritt?
Nein, trotz alter Rivalität in keiner Weise: Ich freu mich sehr, Basel nun genauer kennenzulernen. Ich erlebe diese Stadt als sehr offen und lebendig.
Das ganze Programm unter: www.kaserne-basel.ch