Ganze Gesellschaftsgruppen als Verlierer sind immer gefährlich. Das erleben wir nun seit 1989/90 durch die bejubelte Wende anders nochmal. Die Ostdeutschen wurden von der Treuhand verkauft und von den Westpolitikern beleidigt. Jetzt, 30 Jahre später, haben wir es in ganz Deutschland mit einer geteilten Gesellschaft zu tun – mit denen unten und denen oben.
Frage: Sie haben einmal gesagt, dass Anfänger in ihrem Fach dazu tendieren, zu viel zu wollen. Wann waren Sie selber an dem Punkt, an dem viel wollen genau richtig war, weil Sie es ganz einfach konnten?
Viel zu wollen, das kann man sich nicht abgewöhnen. Es ist vielleicht so, dass man mit der Erfahrung und der Erkenntnis, was einem deshalb alles schon misslungen ist, immer virtuoser wird im Umgang mit Fehlern.
Bei diesem Film ging es mir darum, die verschiedenen Erzählmittel als einen Spiegel der Zeit, von der erzählt wird, zu demonstrieren: die Avantgarde der Gleichzeitigkeit, die Gesellschaftslokomotive, die im Höchsttempo nach vorne stößt, die Technik, die sich entwickelt, der Film selber als eine der großen Techniken – ich fand, dass das im Film vorkommen muss.
Frage: Sie haben der Liebesgeschichte sehr viel Raum gegeben. Warum?
Sie war für mich der Hauptgrund, warum ich den Film gemacht habe. Es gibt nicht viele deutsche Autoren wie Kästner, die so wunderbare Liebesbegegnungen und Dialoge schreiben konnten. Abgesehen vom Ende haben wir es bis ins Detail genauso erzählt. Zwei einsame aber selbstbestimmte Menschen, die um die Chance für ihre Liebe kämpfen in katastrophalen Zeiten.
Frage: Wirkt es nur so oder ist Tom Schilling die Idealbesetzung für Fabian?
Tom war für mich Fabian, von Anfang an. Solche Schauspieler sind nicht austauschbar. Ohne ihn hätte man alles umschreiben müssen, und das ist bei Kästner undenkbar. Tom kämpft um Szenen, er will sie leben, er will nichts Gemachtes, Falsches in seinem Spiel haben. Eine intensive Zusammenarbeit. „Fabian und Der Gang vor die Hunde“ kommt am 1. Juli in die Deutschschweizer Kinos; siehe auch nebenstehenden Artikel