Basel Die Grenze ist (fast) dicht

Michael Werndorff und Manfred Herbertz

Coronavirus: Pendler dürfen weiterhin passieren und sollen sich auf Wartezeiten einstellen

Lörrach/Riehen - Kurz nacht 8 Uhr Montag Morgen am Grenzübergang Lörrach/Riehen: Auf Geheiß des Innenministers und seiner Länderkollegen beziehen deutsche Zollbeamte Stellung und starten mit den angekündigten Kontrollen: Während zahlreiche Einreisende in Richtung Deutschland freie Fahrt haben, muss der Riehener Martin Heinz umdrehen. Aus dem Einkauf im Badischen wird nichts mehr.

„Ich habe im Großen und Ganzen Verständnis für die Maßnahme und kann nachvollziehen, dass die Deutschen jetzt ihre Grenzen hochziehen“, sagt der Senior im Gespräch mit unserer Zeitung. Ziel seiner Fahrt war der deutsche Einzelhandel, den er in den nächsten Tagen nicht mehr ansteuern kann.

Teils Unverständnis

Einsicht zeigen auch Zoran und Blagica Yevtic, die ebenfalls umkehren mussten, nachdem ein deutscher Zollbeamter, ohne Schutzausrüstung oder Gesichtsmaske, die beiden Basler nach dem Reisegrund befragt hatte. „Wer keinen triftigen Grund hat, der darf nicht nach Deutschland einreisen“, kommentiert Zoll-Sprecherin Antje Bendel das Vorgehen der Beamten.

Pendler, Fußgänger und Fahrradfahrer: Keiner kommt an den Zöllnern vorbei, auch Busse im öffentlichen Personennahverkehr müssen an der Grenze stoppen. „Zeigt ein Fahrgast Krankheitssymptome, wird er an die Gesundheitsbehörden verwiesen“, so Bendel weiter. Man wolle die weitere Verbreitung des Coronavirus mit aller Macht aufhalten.

Sorgen macht sich Birgit Hägele. Sie wohnt in Riehen, ihre 80-jährige Mutter in Lörrach, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. „Ich frage mich, ob ich meine Mutter angesichts der Grenzschließung jetzt zu uns holen soll.“ Hägele ist nicht nur verunsichert, sondern auch irritiert. „Pendler und Grenzgänger dürfen ja nach wie vor passieren.“

Hamsterkäufe unterbinden

Denn: „Wir verbieten nicht die Berufstätigkeit“, kommentierte gestern Bundesinnenminister Horst Seehofer die drastischen Maßnahmen der Bundesregierung. Hintergrund ist nicht nur die Eindämmung des neuartigen Erregers, auch Hamsterkäufe von Ausländern sollen damit unterbunden werden. Verschärft wurde das Problem nämlich, weil Baselland am Sonntag eine Notlage ausgerufen hatte (wir berichteten). Alle Geschäfte abseits der Grundversorgung wurden geschlossen, ebenso Restaurants, Kinos und Sportzentren.

Nur wenige Fahrzeuge

Entspannt und schwaches Verkehrsaufkommen: So lässt sich die Situation am Autobahngrenzübergang in Weil am Rhein bei der Einreise nach Deutschland bezeichnen. Eine Einschätzung, die auch die dort eingesetzten Beamten der Bundespolizei teilen. Am Vormittag hält sich das Verkehrsaufkommen am Autobahnzoll in Grenzen. Längere Staus bleiben aus. Offenbar habe sich die Grenzschließung herumgesprochen, die Menschen hielten sich daran, wohl schon aus Eigenschutz vor dem Coronavirus, meint einer der mit Mundschutz ausgestatteten Beamten.

Die Kontrollen stoßen durchweg auf positive Reaktionen. „Wir haben doch viel Verständnis von den Verkehrsteilnehmern entgegengebracht bekommen“, betont der Bundespolizist. Vereinzelt müssen Schweizer Bürger zurückgewiesen werden, die angeben, lediglich zum Einkaufen nach Deutschland einreisen zu wollen. Auch Fahrzeugführer mit Autos aus Frankreich werden an diesem denkwürdigen Montag kontrolliert.

Pendler dürfen passieren

Wer glaubhaft machen kann, warum er nach Deutschland einreisen will, wird durchgewunken. Wie zum Beispiel die Fahrerin eines Kleinwagens mit französischem Kennzeichen: „Ich komme aus Basel von der Arbeit und will weiter nach Hause ins Elsass“, erklärt sie den Beamten, die sie dann auch passieren lassen. Fahrzeuge mit deutschem Kennzeichen aus der Regio werden weitgehend durchgewunken. Bei Fahrzeugen, die von weiter her kommen, nehmen die Grenzbeamten indes stichprobenartig Kontrollen vor. Aus Richtung Deutschland kommen nur sporadisch Fahrzeuge am Grenzübergang an. Schweizer Grenzwächter kontrollieren die Fahrzeuginsassen mit Augenmaß.

144 Infizierte

Laut Gesundheitsdepartement zählt Basel-Stadt seit gestern Mittag, Stand 12 Uhr, insgesamt 144 nachgewiesene Infektionen von Menschen mit Wohnsitz im Stadtkanton und mittlerweile vier mit dem Coronavirus in Zusammenhang stehende Todesfälle. Bei den drei zuletzt Verstorbenen handelt es sich um zwei Frauen und einen Mann. Sie seien alle über 70 Jahre alt und hätten an Vorerkrankungen gelitten.

Im Kanton werden neben den Tests der Kantonsbewohner auch Tests von Verdachtsfällen aus anderen Schweizer Kantonen und dem grenznahen Ausland durchgeführt. Bisher sind die Laboruntersuchungen von rund 270 Personen positiv ausgefallen, teilt das Gesundheitsdepartement mit.

Drastische Maßnahme

Landrätin Marion zeigt sich überzeugt, dass die grenzüberschreitenden Beziehungen trotz Grenzkontrollen gepflegt werden und das gemeinsame Ziel der Bewältigung dieser Pandemie die Menschen im trinationalen Raum eine. Und weiter: „Es ist eine sehr drastische Maßnahme des Bundes für eine sehr ernste Lage. Und ich kann nur nochmals betonen, dass ich diesen Schritt richtig und konsequent finde, um die Ausbreitung des Coronavirus hier im Südwesten zu verlangsamen, auch wenn das bedeutet, dass wir in nächster Zeit mit größeren Einschränkungen insbesondere bei uns im Dreiländereck, rechnen müssen.“

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading