Basel Eindämmung gelingt bisher nicht

Michael Werndorff , aktualisiert am 28.01.2020 - 09:24 Uhr
(Symbolbild) Foto: Die Oberbadische

Interview: In China steigt die Zahl der Infizierten / Kliniken in der Region sind gerüstet

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Anfang Januar bekannt gegeben, dass in der chinesischen Elf-Millionen-Metropole Wuhan eine mysteriöse Lungenerkrankung im Umlauf ist –ausgelöst durch ein Coronavirus. Das Zahl der Toten ist sprunghaft angestiegen. Auch international ist der Erreger auf dem Vormarsch.

Unser Redakteur Michael Werndorff sprach mit Professor Manuel Battegay, Chefarzt der Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene am Universitätsspital Basel, über die aktuelle Entwicklung.

Herr Batteggay, wie bewerten Sie die aktuelle Lage?

Wir beobachten, dass sich der Erreger schneller ausbreitet, als man es anfangs angenommen hat. Ein Infizierter kann, mit Stand des aktuellen Wissens, bis zu drei Menschen mit dem Coronavirus anstecken.

Trotz ausgesprochen starker Maßnahmen der chinesischen Behörden gelang es bisher nicht, dieses Virus einzudämmen. Aber jeder Schritt ist wichtig, um die Übertragungsketten möglichst stark zu reduzieren.

Können Sie schon erste Vergleiche anstellen zwischen der Sars-Epidemie im Jahr 2003 und dem neuen Virus?

Ja, die Todesfallrate betrug bei Sars knapp zehn Prozent. Damals wurden 8096 infizierte Menschen registriert, 774 starben. Mit dem neuen Erreger haben sich bis dato rund 3000 Personen infiziert, etwa 80 Betroffene sind verstorben. Die Todesfallrate ist demnach niedriger. (Anm. der Redaktion: Die Zahlen beziehen sich den Zeitpunkt des Interviews am Montag, 27. Januar. Bis zum heutigen Dienstag, 28. Januar, liegt die Zahl der Infektionen in China bei über 4000, die Zahl der Toten ist auf über 100 gestiegen. Gestern Abend wurde der erste Fall in Deutschland bestätigt.)

Aber: Die Ausbreitung geht schneller vonstatten. Insgesamt ist es eine ernstzunehmende Situation. Nun braucht es weitere Maßnahmen. Wir müssen nämlich in Erfahrung bringen, wie viel Menschen infiziert sind und dabei nur milde oder keine Symptome zeigen und ob diese bereits ansteckend sind.

Sind Sie von der Entwicklung der Infektionszahlen und Todesfälle überrascht?

Ich bin nicht überrascht, bemerkenswert ist indes die Schnelligkeit, mit der sich der Erreger in China ausbreitet.

Was bereitet Ihnen Sorge?

Eine Komplikationsrate von zehn und eine Todesrate von drei Prozent müssen sehr ernst genommen werden. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um die Übertragungsketten zu unterbrechen. Dann sind wir nämlich mit unserem Gesundheitswesen in Mittel- und Westeuropa auch in der Lage, die komplizierten Fälle sehr gut betreuen zu können.

Wir haben Sars angesprochen: Hat man daraus etwas gelernt, um eine vergleichbare Pandemie zu verhindern?

Ja! Die Mediziner und Forscher wie auch Behörden in China waren sensibilisiert. Dass man zu Beginn, als vereinzelt Menschen mit Grippesymptomen Krankenhäuser aufsuchten, an ein neues Virus gedacht hatte, ist hervorragend.

Die chinesischen Behörden haben deutlich schneller gehandelt, als es beim Auftreten von Sars der Fall war. Zudem sind die Verantwortlichen bereit, die Lage immer wieder auszuwerten. Allerdings braucht es ein nachhaltiges Handeln und eine Offenheit, auch international eng zusammenzuarbeiten.

Welche Bevölkerungsgruppe müssen besonders vorsichtig sein?

Sicher spielen das Alter, Krankheiten und Immunschwäche eine Rolle, wie sich der Verlauf einer Infektion darstellt.

Wie kann sich die Bevölkerung effektiv vor einer möglichen Ansteckung schützen?

Hier muss man unterscheiden, ob man in Wuhan, Peking oder hier lebt. Ganz wichtig: Regelmäßiges Desinfizieren der Hände und Menschenansammlung meiden sind wichtige Maßnahmen. In unserer Region braucht es für dieses spezielle Virus derzeit aber keine Maßnahmen.

Winterzeit ist Grippezeit. Was passiert, wenn nun beide Viren miteinander in Kontakt kommen?

Wir wissen es nicht! Aber wie man auch von der Grippe weiß: Wenn diese zum Beispiel mit bakteriellen Infektionen einhergeht, kann es zu einem erschwerten Krankheitsverlauf kommen.

Wie gut ist das Unispital im Besonderen und Kliniken beidseits der Grenze für das Virus gerüstet?

Wir sind für diese Fälle gut aufgestellt. Das war schon vor Sars der Fall, mit dem wir übrigens einen Erfahrungsgewinn erlebten. Das Wichtigste in den Kliniken ist, dass Patienten mit Verdacht auf eine Infektionskrankheit isoliert werden, um weitere Ansteckungen zu vermeiden. Das ist Konsens, auch in Deutschland. Und was die Diagnostik betrifft, sind wir unter anderem mit dem Referenzlabor in Genf gut aufgestellt.

Können Sie sich vorstellen, dass solche Maßnahmen wie in China, wo Millionenstädte abgeriegelt wurden, auch in Europa Thema werden?

Eher nicht. Wenn die Ausbreitung derart verläuft, dass viele Länder betroffen sind, werden politisch machbare Maßnahmen erforderlich, die eine Balance finden müssen zwischen einer massiven Verringerung der Übertragungswege und den Bedürfnissen des alltäglichen Lebens.

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