Basel Eine Bewegung mit hohem Anspruch

Die Oberbadische

„Urban Agriculture Basel“ lebt Nachhaltigkeit / „Eine Gemeinschaft in der Stadt ist entstanden und wächst“

Von Marco Fraune

Basel. Der Lyriker Erich Kästner hat seine Moral-Philosophie mit dem Satz „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es” auf den Punkt gebracht. Mit guten Handlungen will der Verein „Urban Agriculture Basel“ die Welt von der Graswurzel aus verbessern. Die Förderung der Erzeugung von Lebensmitteln, Kräutern, Blumen, Nutz- und Medizinalpflanzen durch die in der Stadt Basel und der Agglomeration lebenden Menschen, ist im Leitbild verankert. Das regionale Engagement wird im nächsten Monat mit dem renommierten Werkbund Label ausgezeichnet (siehe weiteren Bericht).

Die mit rund zwei Dutzend Interessierten gestartete Initiative ist gut vier Jahre nach ihrer Gründung über die Kantonsgrenze hinaus bekannt. „Die Verleihung ist eine Wertschätzung und Kenntnisnahme für das regionale Engagement und es zeigt, dass auch die direkt anliegenden Länder sensibilisiert und interessiert sind“, freut sich Projektleiterin Tilla Künzli, die als Werbewert auch mit weiteren am Projekt Interessierten rechnet.

Zum Selbstverständnis: Der Verein sieht sich den Zielen der lokalen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet – zum Erhalt von Natur, Biodiversität und Menschen hier und anderswo, heißt es im Leitbild. Besonders soll ein Netz von Personen und Organisation wirken. „Das Urban Agriculture Netz Basel versteht sich als Ausdruck einer zivilgesellschaftlichen Basisbewegung.“ Der Verein setzt sich ein für den Erhalt von landwirtschaftlich nutzbarem Boden und für die Umnutzung von Boden zur Erzeugung von Lebensmitteln.

Die Entwicklung: Gestartet ist die Bewegung mit einem Projekt, mittlerweile sind es 45. Hierzu zählen eine vertikale Tee-Farm rund um Schiffs-Container (stockwerkartig wachsen die Pflanzen übereinander), die Lebensmittelgemeinschaft Basel (die Kooperative soll die gesamte Nachfrage an Lebensmittel der Mitglieder decken und ein sozialer Treffpunkt sein), ein „Schlemmergarten“-Projekt für gesunde Ernährung (unter anderem Betrieb von zwei Familiengärten) sowie natürlich der Gemeinschaftsgarten Landhof, der für die Rückkehr der Gärten in die Stadt und eine urbane Landwirtschaft steht. Aber auch innerstädtische Hinterhöfe und Flachdächer geraten in den Fokus für eine Bewirtschaftung.

Die Aktiven: Die Bewegung inspiriert laut der Projektverantwortlichen Menschen aus verschiedenen Altersgruppen und Milieus. Die einzelnen Bürgerengagements im Bereich der Lebensmittel seien seit der Gründung besser vernetzt und neue Projekte würden leichter initiiert, da es mittlerweile viele Strukturen gebe. „Eine Gemeinschaft in der Stadt ist entstanden und wächst“, unterstreicht Künzli. „Urban Agriculture Basel“ sei letztlich ein Modell, bei der Bürger im Bereich der Lebensmittel mitwirken.

„Die Lebensmittel sind das Vehikel, um die Teilnahme an der Stadtentwicklung, Gestaltung und am nachhaltigen Lebensstil für alle einfach zugänglich zu machen.“ Die Nachhaltigkeit werde gemeinsam und durch aktives Tun erlebbar gemacht.

Bisher zu überwindende Hürden: Als Herausforderung erwies sich, Vorstandsmitglieder und aktive Hände in den Gärten zu gewinnen und zu behalten. Auch diverse Verhandlungsgespräche standen laut der Projektverantwortlichen Künzli an. Begeisterungsarbeit und Überzeugungsarbeit bei Verwaltung, Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit mussten gemeistert werden. Und: „Wir durften trotz des schnellen Wachstums der Bewegung, den Kopf nicht verlieren und mussten die Energie behalten.“ Auch galt es, das Thema „unbezahlte Arbeit“ zu thematisieren, da die Bewegung auf ehrenamtlichem Engagement basiert, was eine Stärke und eine Schwäche darstelle.

Die Zukunftsaussichten: „Rosig und anspruchsvoll“, bringt es Künzli mit einem Lachen auf den Punkt. Der Wunsch sei natürlich, von der „Underground-Bewegung“ zu einer Dienstleiterin zu werden. In Arbeit befinden sich eine Koordinationsstelle für das „Urban Agriculture Netz Basel“ sowie ein „Wandergärtner“, eine bezahlte Gartenfachperson, die Bürgern Gartenfragen beantwortet.

Fazit: Die Bewegung folgt einer weiteren Kästner-Weisheit: „Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen.“

Kurzinfo:

Der Verein „Urban Agriculture Netz Basel“ ist im April 2010 gegründet worden. 25 Privatpersonen kamen bei der ersten Sitzung zusammen, wie Onlinereports.ch seinerzeit berichtete. „Als Einstieg diskutierte die interdisziplinär zusammengesetzte Runde mit Teilnehmenden aus Sozialarbeit und Design, aus Gastronomie, dem Umweltbereich, aus der Planung und Wirtschaft sowie Vertreterinnen von Nichtregierungs-Organisationen und BewirtschafterInnen von bedrohten Familiengärten während geschlagenen vier Stunden engagiert zum Thema der urbanen Landwirtschaft“, heißt es in dem Bericht. Mittlerweile kann der Verein auf 130 zahlende Mitglieder verweisen. In den 45 Projekten sind laut Projektleiterin Tilla Künzli zirka 400 Menschen aktiv, von Kindern bis zu Senioren. Hinzu zählt sie noch „diverse Menschen aus aller Welt, welche durch Führungen in den 45 Projekten, Vorträge, Workshops und öffentlichen Anlässen sensibilisiert werden“.

www.urbanagriculturebasel.ch

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