Basel Erinnerung an Dürrenmatt

Jürgen Scharf
Der Dürrenmatt-Klassiker „Der Besuch der alten Dame“ steht im Förnbacher Theater seit 24 Jahren ständig auf dem Spielplan. Hier eine Szene mit Kristina Nel in der Titelrolle und Dieter Mainka. Foto: Jürgen Scharf

Theater: Helmut Förnbacher und Dieter Mainka über ihr Verhältnis zu dem großen Schweizer Autor

Basel. „Ich kannte ihn ganz gut“, sagt Helmut Förnbacher über Friedrich Dürrenmatt, dessen 100. Geburtstag Anfang dieses Monats anstand. Der bekannte Basler Schauspieler und Regisseur ist dem berühmten Schweizer Autor am Theater Basel begegnet. Förnbacher hat dort als 24-Jähriger erstmals Regie geführt, erste Rollen gespielt und war als Regieassistent tätig. „Ich fand ihn immer großartig und habe ihn unglaublich schätzen gelernt, weil er eine tolle Persönlichkeit und ein gescheiter, irrsinnig witziger Mensch war, intellektuell, aber nicht bierernst.“

Förnbacher, damals durch Fernsehfilme populär geworden, erinnert sich an die Zusammenarbeit mit Dürrenmatt, der Ende der 1960er Jahre Co-Direktor am Basler Theater war: „Mit seiner hohen Intelligenz und seinen weit vorausblickenden Stücken hat Dürrenmatt auf mich als jungen Schauspieler einen großen Eindruck gemacht.“

„Es war eine spannende Zeit“, so Förnbacher. Aber es sei auch nicht ohne Probleme abgegangen, spielt er auf den Rücktritt des Dramatikers in der Theaterdirektion an. Näher kennengelernt hat er Dürrenmatt bei Synchronarbeiten für die Verfilmung des Kriminalromans „Der Richter und sein Henker“. Ursprünglich wollte Förnbacher diese Geschichte selber verfilmen, konnte sich aber die Rechte nicht mehr leisten, weil das Kinosterben begann, Filmverleiher bankrott gingen und er mit seinem ersten Spielfilm „Sommersprossen“ (1968) viel Geld verloren hatte. In einer von Dürrenmatt selbst hergestellten speziellen Schweizer Fassung des Films sprach Förnbacher auf Berndütsch die Hauptrolle des Kriminalbeamten Walter Tschanz.

Weil Dürrenmatt während der Filmarbeiten ununterbrochen eine Geschichte nach der anderen erzählte, „haben wir tagelang vor Lachen unter den Mikrofonen gelegen“, erinnert sich Förnbachers an den genialen Stückeschreiber, „der gesprüht hat vor Witz und Intelligenz“.

Dürrenmatt habe „gern gelebt, gutes Essen und gute Weine geschätzt“ und beste Havanna-Zigarren geraucht, beschreibt Förnbacher den Dramatiker aus dem Emmental, der immer Dialekt mit Berner Akzent gesprochen und nie versucht habe, richtig Hochdeutsch zu reden.

„Dürrenmatt war sehr humorig, aber auch sehr genau und korrekt.“

Der 87-jährige Dieter Mainka, langjähriges Mitglied und Doyen in Förnbachers Company, arbeitete am Basler Theater mit Dürrenmatt bei der Uraufführung von „Play Strindberg“ eng zusammen.

Bei einer fünfmonatigen Tournee mit 150 Vorstellungen des Kriminalstücks „Die Panne“ in Deutschland, der Schweiz und Österreich war er sogar persönlicher Assistent Dürrenmatts, übernahm die Abendregie und die Proben für ihn, kümmerte sich um die Beleuchtung: „Wir zwei funktionierten prima“.

Mainka weiter: „Dürrenmatt war sehr humorig, aber auch sehr genau und korrekt. Ich musste ständig an seiner Seite bleiben. Er war nie laut, sondern ruhig, bedächtig und sehr behutsam mit Schauspielern.“

Viele wüssten nicht, dass Dürrenmatt gut gemalt, aber nie etwas verkauft, sondern eher verschenkt hat. Nach den Proben seien sie immer zum Essen gegangen, aber „Fritz“ habe nie Geld dabei gehabt. „Der Wirt bekam ab und zu ein Bild von ihm als Gegenleistung geschenkt.“

In wacher Erinnerung ist Mainka auch Dürrenmatts Fußballleidenschaft: „Er war ein großer Fan der Grashoppers Zürich. Haben die verloren, war er unleidlich, nicht zu genießen.“ Auch die Toilette in Dürrenmatts Haus über dem Neuchateler See blieb Mainka im Gedächtnis, denn sie war rot ausgemalt und mit Kriminalromanen bestückt.

Mainka, der 1972 mit der unvergesslichen Elisabeth Flickenschildt in „Der Besuch der alten Dame“ in 250 Vorstellungen auf Tournee war, bezeichnet die Dürrenmatt-Phase als „eine schöne Zeit.“ Seit 20 Jahren gibt er im Förnbacher Theater in der „Alten Dame“ den Alfred Ill, die Jugendliebe der Milliardärin. Außerdem steht er als Einstein in „Die Physiker“ auf der Bühne.

Seit 24 Spielzeiten sind die beiden Dürrenmatt-Klassiker bei Förnbacher laufend im Programm – auch in der aktuellen und letzten Saison im Badischen Bahnhof. In Mainka hat das Ensemble einen Darsteller, der durch seine enge Beziehung zu Dürrenmatt ein anderes Verhältnis zu den Stücken hat, Zugang zu Material, das andere Bühnen nicht haben, und intimere Einblicke in die Arbeitsweise des Dramatikers bekam.

Helmut Förnbacher, der selber den Möbius in den „Physikern“ und mehrere Rollen in der „Alten Dame“ spielt, hofft vor dem Hintergrund des 100. Geburtstags Dürrenmatts, dass sein Theater bald wieder öffnen kann

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