Basel Finanzcrash im Barockgewand

Jürgen Scharf
Szene aus „Phoenix aus der Währung“ Foto: Lucia Hunziker

Oper: „Der Phönix aus der Währung“ im Schauspielhaus Basel

Von Jürgen Scharf

Basel. Reden wir über Geld. Nein, singen wir besser darüber. Die Pop-Oper „Der Phönix aus der Währung“ des jungen Berliner Kultregisseurs Bonn Park, der erstmals am Theater Basel inszeniert, zelebriert mit Musik und Gesang die Sinnlichkeit eines neuen und besseren Geldes.

Die Idee hinter dem Stück: Am besten man verbrennt alle Währungen und gibt seinen Wohlstand auf. Nichts mehr zu besitzen und auch noch glücklich zu sein – da lässt der Great Reset des World Economic Forum grüßen.

Auf der Bühne des Schauspielhauses erleben wir einen Finanzcrash in Barockkostümen. Da rauschen die Reifröcke, sitzen die vergoldeten Allongeperücken steif auf den Köpfen der barocken Financiers. Als wär es ein Stück von Molière: Kapitalismuskritik im Barockgewand.

Der 35-jährige Autor und Experimentator Bonn Park und der Komponist seiner Bühnenmusik, Ben Roessler, haben ein Konversationsstück mit Musik geschaffen, eine barocke Kammeroper im Parlando-Ton mit Cembalo-Rezitativen, einer kleinen Barockcombo und einem Maitre de Plaisir, einem Zeremonienmeister wie zu Zeit Lullys am Hof von Versailles.

Parliert wird im Kauderwelsch

Der in Rot gewandete Schweizer Popsänger Dagobert tritt vor den noch geschlossenen Vorhang und erklärt den Deal: „Ein kaukasischer Mann, der reich ist und Pussy liebt“. Das umschreibt eine barocke Dekadenz in einem überdrehten Geldspektakel, einem Kostümfest, bei dem die Basler Kostümbildnerin Sina Manthey in Opulenz schwelgen und Bühnenbildnerin Julia Nussbauer in einen Ausstattungsrausch verfallen konnte: barockes Interieur mit Schlachtengemälden, Bulle- und Bär-Statue, Kronleuchter, marmorner Brüstung und Balustrade, als wäre es eine Kulisse für den Sonnenkönig Ludwig XIV.

Parliert wird in einem amüsanten französisch-deutschen Kauderwelsch, einer gezierten Kunstsprache („Da haben wir le salade“). Die Geldleute in dieser Gesellschaft tanzen Reigen, essen Eis am Stiel, telefonieren mit verschnörkelten Telefonen und singen „Ich habe ein Haus in Monte Carlo“ oder beschwören die Finanzblase: „Alles ist im Keller, es ist la bubblé.“

Diese Barockoperette ist nah am Lachtheater eines Jacques Offenbach, ironisch und subversiv. Dazu passen die eigenwilligen Songtexte von Bonn Park, die sprachliche Kunstwerke von absurdem Humor sind.

Die Figuren sind karikaturhaft überzeichnet: der exaltierte, geldgierige Continental von Lioba Kippe, der blasierte Krösus Le Vice von Fabian Krüger, der Visionär und Kindskopf Débutant von Fabian Dämmich, der die Legende vom Phönix aus der Währung erzählt, und der ironisch distanzierte Maitre Dagobért mit seinem vergoldeten, geflügelten Retro-Mikrofon.

Sie alle, die Wertpapiere in ihrer DNA haben, wollen uns erklären, warum die Dinge Geld kosten und alles zu teuer ist, um den Planeten zu retten. Bonn Parks Antwort darauf: Geld ist nicht echt, eine reine Erfindung, keine Natur. Also feiern wir doch weiter die globale Pyjama-Party.

Schrill überdrehte Finanz-Operette

Nach einer Durststrecke mit Erklärungsversuchen zu Geldtheorien steigt aus den verbrannten Währungen der Welt der Phönix. Scharf wie der Goldstandard kämpft er den letzten Kampf. Wenn er aus dem Schnürboden herabsinkt und seine Flügel spreizt, landet die Inszenierung im Märchen.

Am Schluss weiß man nicht so recht, was uns Dagobért, der Zeitreisende aus der Milchstraße, sagen wollte. Aber man genießt die blumige Fantasie, die Kalauer, den Goldrausch in dieser schrill überdrehten Finanz-Operette.

 Termine: 17., 19. Oktober, 4. und 19. November, 19.30 Uhr. Weitere Informationen: www.theater-basel.ch

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