Basel Für die Region steht viel auf dem Spiel

Michael Werndorff

Rahmenabkommen: Metropolitankonferenz Basel engagiert sich für solide Beziehungen zu Europa.

Der Wirtschaft in der Region Basel geht es gut, und auch die Zukunftsprognose stimmt zuversichtlich. Mit einem Scheitern der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU für ein institutionelles Rahmenabkommen könnte sich die Situation aber ändern, wie am Montag im Rahmen der Metropolitankonferenz Basel zu erfahren war.

Basel - Für einen ungehinderten Zugang zum EU-Markt benötigt die Schweiz ein sogenanntes institutionelles Rahmenabkommen. „Ohne dieses könnten die bilateralen Verträge, die das Verhältnis der Alpenrepublik mit Europa in vielen Bereichen regeln, erodieren oder sogar schlimmstenfalls wegfallen“, verwies Elisabeth Schneider-Schneiter, Nationalrätin und Präsidentin der Handelskammer beider Basel, auf wirtschaftliche Einbußen für das Land in zweistelliger Milliardenhöhe. Insgesamt seien die Folgen aber kaum abschätzbar.

Sie brachte in ihrem Referat die Sicht der regionalen Wirtschaft ein, deren Ruf nach Rechtssicherheit immer lauter werde. „Die wirtschaftliche Schönwetterlage kann sich ändern“, warnte sie. Dabei seien die „Bilateralen“ ein Erfolgsmodell. Und: „Die Schweiz ist auf den EU-Markt mit seinen 500 Millionen Einwohnern angewiesen.“

Keine Einigung um jeden Preis

Übereinkünfte brauche es in zahlreichen Bereichen, nannte Staatssekretär Roberto Balzaretti, zugleich Schweizer Chefunterhändler, den Strommarkt, das Entsendegesetz, Lohnschutzmaßnahmen, die Lebensmittelsicherheit, den Luft- und Landverkehr, öffentliche Gesundheit oder die gegenseitige Anerkennung technischer Prüfstandards und pharmakologischer Produkte. Gerade im Bereich Pharma könne es bei einer Uneinigkeit durchaus zu Verlagerungen von Arbeits- und Produktionsplätzen kommen, erwähnte Balzaretti.

Dass die Region aus grenzüberschreitenden Netzwerken bestehe und ein funktionierendes Verhältnis zur EU von größter Wichtigkeit sei, merkte Kathrin Amacker, Präsidentin des Vereins Regio Basiliensis, an: „In der Region gibt es 70 000 Grenzgänger, die bei uns arbeiten. Sollte es hier zu bürokratischen Belastungen für die Arbeitnehmer kommen, wird die Wirtschaft schrumpfen und die Wertschöpfung geschwächt.“

Bei allen außenpolitischen Fragestellungen spielt der innenpolitische Aspekt keine weniger wichtige Rolle. Denn: Wenn in einigen Wochen ein Verhandlungsergebnis vorliegt, muss sich damit noch der Bundesrat befassen. Letztlich wird aber das Schweizer Stimmvolk entscheiden. Und hier müsse die Politik Überzeugungsarbeit leisten, merkte Schneider-Schneiter an. In der Vergangenheit wurde es versäumt, die Vorzüge der Bilateralen zu kommunizieren und Antworten auf offene Fragen zu geben. „Wenn ein Vertragswerk in trockenen Tüchern ist, geht es für die Regierung darum, die positiven Effekte der Einigung zu vermitteln und ein Abkommen nicht zu verteufeln.“ Dabei sei es wichtig, den Menschen zu sagen, dass das Rahmenabkommen auch einen Preis haben werde, erklärte Barbara Gutzwiller, die Direktorin des Basler Arbeitgeberverbandes.

Positive Aspekte vermitteln

Die Vermittlung positiver Aspekte dürfte allerdings nicht so einfach werden, denn es gibt in der Schweiz Interessengruppen, darunter die SVP, welche die Ängste der Bevölkerung vor einem zunehmenden Einfluss der EU und dem Verlust der Souveränität der Schweiz schüren.

Außerdem gibt es noch Stolpersteine, welche einem positiven Verhandlungsausgang entgegenstehen: Ein Knackpunkt sind die sogenannten flankierenden Maßnahmen, die vor Lohndumping schützen sollen. Hier sind die Schweizer Gewerkschaften in der Fundamentalopposition, die sie vor kurzem erst bekräftigten, und auch der Chefunterhändler ist der Ansicht, dass es ein Abkommen mit der EU nicht um jeden Preis geben werde. „Es geht darum, das Schutzniveau der Arbeitnehmer zu sichern, wie es heute besteht.“ Das letzte Wort habe zudem das Volk, „und sollte dieses gegen das Rahmenabkommen mit der EU sein, suchen wir eine andere Lösung“.

Eine Einigung lässt jedenfalls weiter auf sich warten, wobei die Europäische Union am längeren Hebel sitzt und damit droht, als Strafmaßnahme die Anerkennung der Schweizer Börse auszusetzen. Die Alpenrepublik versucht indessen, sich nicht unter Druck setzen zu lassen.

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