Basel Hinter dem Vorhang

Die Oberbadische
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Literatur: Dana Grigorcea erzählte bei „En Route“ von ihrer Liebe, der Oper

Von Jürgen Scharf

Basel. Mit Kammermusik unterwegs in der Stadt sind Mitglieder des Sinfonieorchesters Basel. Mal laden sie zu Cocktailkonzerten ins Grand Hotel Les Trois Rois ein, mal etwas salopper zu Picknick-Konzerten ins Museum der Kulturen, oder, für literaturaffine Musikfreunde, ins Literaturhaus. Nach dem Auftakt mit Elke Heidenreich und ihrer Sicht auf Mendelssohn war nun die schweizerisch-rumänische Schriftstellerin Dana Grigorcea bei der dritten Veranstaltung von „Sinfonie en Route“ zu Gast.

Sie ist eine leidenschaftliche Opernenthusiastin, wohnte schräg gegenüber der Nationaloper in Bukarest, wo sie jede freie Minute verbrachte und sich heimlich hinter die Bühne schlich. Auch in der Schweiz hat sie ihre Liebe zur Oper nicht verlassen; sie steht als Statistin auf der Zürcher Opernbühne, schreibt Kolumnen für das Opernhaus-Magazin. Oper ist für Dana Grigorcea eine alte Liebe, die nicht rostet. Im Februar erscheint eine neue Novelle von ihr, Hauptperson wird eine Ballerina sein.

Die Autorin las einen Text, in dem man die Leidenschaft zur Oper spürte. Die eigens geschriebene Erinnerungsgeschichte schlug den Bogen von der Kindheit bis ins Heute: Unter dem Titel „Hinter dem Vorhang, umweht“ präsentierte sie ihre persönliche Sicht auf Donizetti und Puccini. Eine ihrer Lieblingsopern ist Gaetano Donizettis „Lucia di Lammermoor“. In einer Arie daraus „atmete ich als Kind flach und genauso als Jugendliche, als käme die Musik aus mir, aus meiner Ergriffenheit. Überhaupt erklang es in mir ebenso harmonisch belcantato, im Duett, Terzett, Quartett, Quintett, wie im Chor, wie eine Erinnerung an eine lang vermisste Harmonie“.

Es sind Schlüsselsätze in dieser Erzählung, die sich in der Dunkelheit der Kulisse abspielt, wo Grigorcea als Kind alles kannte, die Kleiderständer und die Dinge, die später in die Szene geschoben wurden. An jedem Tag, an dem Vorstellung war, schlich sie durch den Hintereingang in die Oper hinein, von der Portiere herzlich begrüßt: „Beeil dich, es fängt gleich an!“.

Der Musik hingegeben

Beim samtenen, gerafften Vorhang hatte man dem jungen Mädchen einen kleinen Stuhl hingestellt, und da wartete sie freudig auf den ersten Ton, vernahm dann dumpf, wie aus der Ferne, durch den dicken Vorhang, die Ouvertüre – und gab sich der Musik hin.

Auch die Protagonisten der Bukarester Oper stellt Grigorcea sehr pointiert, mit sinnlicher Erzählkraft und viel Humor vor, etwa die korpulente Sopranistin in den flauschigen Hausschuhen, dann den schönen, der Souffleuse die Hände küssenden Tenor und die lachende Chorsängerin. Neben Donizettis Opera buffa „Don Pasquale“, die sie nicht auf Anhieb so schätzte, erinnert sie sich an große Sterbeszenen in Puccinis Musik, an Tosca, Madame Butterfly, an die zarte Mimi und an Manon. „Ich bin der festen Überzeugung“, sagt Dana Grigorcea, „dass uns die Kunst wandelt und uns auch im Alltag zu sensitiven, ja empathischen Menschen macht“. Wer sich von der Musik tragen lasse, mit Manon Lescaut gestorben sei und mit Des Grieux getrauert habe, sei geläutert.

Was gibt es nun für Opernkomponisten, die Streichquartette geschrieben haben? Einer heißt Donizetti und hat ein gutes Dutzend mit Anklängen an Beethoven und Schubert komponiert. Für Donizettis siebtes Streichquartett und Puccinis „Crisantemi“, Musik, die sich an die Sterbeszene aus „Manon Lescaut“ anlehnt, unterbrach die Autorin die Lesung und überließ den Mitgliedern des Basler Sinfonieorchesters das Feld, die das Gesagte expressiv nachempfunden haben. Ein sehr gerundeter musikalisch-literarischer Abend.

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