Basel Hinter  den Kulissen des Theaterbetriebs

Die Oberbadische
Solo für Michael Kausch im Kammertheater Riehen Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Schauspiel: Kammertheater Riehen eröffnet Saison mit „Die Sternstunde des Josef Bieder“

Von Jürgen Scharf

Riehen. So kann es kommen. Das Publikum sitzt erwartungsvoll im Saal, aber es ist „Schließtag“ im Theater, die Vorstellung fällt aus. Kein Verantwortlicher ist erreichbar, der Disponent telefoniert ständig, der Intendant ist in Urlaub, nur Josef Bieder, diensthabender Requisiteur, ist im Haus. Er ist ein Theatermensch durch und durch und macht das Beste aus der Situation: unterhält das Publikum, erzählt aus seinem Leben und dem Nähkästchen des Theateralltags und erklärt die Requisiten.

Mit dem Gastspiel „Die Sternstunde des Josef Bieder“ von Eberhard Streul in einer Produktion des Theaters der Stadt Aalen (Regie: Jonathan Giele, Bühne, Licht und Ton: Jiran Song) hat das Kammertheater in Riehen die Saison begonnen. Ein hintergründig-witziges Ein-Mann-Stück, das an den viel gespielten Einakter „Der Kontrabass“ von Patrick Süskind erinnert, nur dass es hier kein Musiker, sondern ein Theatermitarbeiter ist.

Der Schauspieler Michael Kausch, kein Unbekannter in Riehen, wo er schon zwei Mal, in „Sunny Boys“ und „Drei Männer im Schnee“, in der langen Ära Ballmann spielte, schiebt im gelben Friesennerz den Requisitenwagen, ein Supermarkt-Einkaufswägelchen mit allerlei Krimskrams, auf die Bühne, hängt den Vogelkäfig für die nächste Vogelhändler-Operette auf, fachsimpelt über seinen Beruf, philosophiert und lässt den Zuschauer an Theaterkabale teilhaben.

Kausch singt, tanzt, dirigiert in dieser Komödie mit Musik, einem Spaß-Solo, das aber auch ein innerer Monolog der Befindlichkeiten ist. Kauschs Requisiteur hat Theaterblut in den Adern, auch wenn er beim Bühnenblut gern trickst. Er grantelt herrlich über das Regietheater, gibt Anekdoten über Sänger und Regisseure preis, um die Zeit zu überbrücken: „Regisseure gibt’s, kann ich ihnen sagen...!“ und gefällt in der nächsten Minute als augenzwinkernd selbstironischer Escamillo („Carmen“) mit Schlapphut, Degen und reifer Männlichkeit.

Kausch überspielt den „Riesenschlamassel“ ganz wunderbar, holt sich einen Mops aus der Garderobe für den Rosenkavalier und zeigt dem Theatergänger, was so alles hinter den Kulissen in der Requisitenabteilung, der wichtigsten Abteilung im ganzen Theater, passieren kann. Und gibt manches Private preis, etwa, dass er eigentlich Sänger werden wollte und von Berufs wegen eine Sammelwut entwickelt hat.

Das Stück ist aus der Perspektive des Requisiteurs geschrieben, und es braucht schon einen so humorbegabten Solounterhalter wie Michael Kausch, der für diese Paraderolle in die Fußstapfen des großen Vollblutkomödianten Otto Schenk tritt und uns mit gekonntem Mutterwitz hinter die Kulissen des Theaterbetriebs blicken lässt.

Es ist eine Liebeserklärung an das Theater. Ein großer Abend über die Bühnenillusionen. Und auch schauspielerisch eine Leistung, denn es nicht einfach, allein auf der Bühne im Plauderton das Publikum 90 Minuten in Atem und die Spannung aufrecht zu erhalten.

Natürlich tat der Applaus auch unserem Bühnendarsteller gut, „man bekommt ja viel zu wenig Anerkennung“, sagt er, „als Requisiteur schon gar nicht“. Bei der Premierenfeier stehe er sonst vergessen in der Ecke. Aber an diesem Freitag im Kammertheater Riehen steht dieses Bühnentier im Rampenlicht, auf der Hauptbühne, hat seinen großen Auftritt, seinen Soloabend. Kauschs Sternstunde.   Weitere Aufführungen am 19., 20., 26. und 27. Oktober, jeweils 20 Uhr.

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