Basel Kaffeetassen von Kandinsky – Obstschalen mit Parolen

Die Oberbadische
Porzellanpfeifen mit Doppelporträt von Natalia Danko 1922 Foto: Dorothee Philipp Foto: Die Oberbadische

Ausstellung: Russisches Porzellan im Basler Spielzeug Welten Museum /  300 Objekte von 64 Avantgardekünstlern

Von Dorothee Philipp

Basel. Russisches Porzellan aus der Zeit von 1917 bis 1927 ist derzeit in einer Sonderausstellung im Basler Spielzeug Welten Museum zu sehen. Die rund 300 Objekte von 64 Avantgardekünstlern spiegeln auf höchst ungewöhnliche Weise die dramatischen Umwälzungen wider, die die ganze russische Gesellschaft erfasst hatten und sich auch in einem neuen Kunstverständnis und neuen künstlerischen Freiheiten niederschlugen.

Kunst als Mittel, auf Gebrauchsgegenständen neues Gedankengut zu transportieren. Obstschalen mit revolutionären Parolen und Propagandabildern, Kaffeetassen, deren Dekor von Kandinsky, Malevich oder Suetin stammt, Porzellanskulpturen, die die arbeitende Klasse verherrlichen, Vasen, Dosen und anderes – einige der Stücke sind weltweit inzwischen einzigartig.

Porzellan ist zerbrechlich. Die Exponate stammen aus der Privatsammlung des in London lebenden ehemaligen Kunsthändlers Vladimir Tsarenkov. In 15 Jahren hat er nach einem Schlüsselerlebnis in Paris, wo in der Galerie Popov russisches Revolutionsporzellan ausgestellt war, eine eigene Sammlung angelegt, die inzwischen Weltruf genießt. Als Grundstock kaufte er damals die gesamte Ausstellung der Galerie Popov auf, weitere Stücke erwarb er aus Sammlungen und bei Auktionen. Vor allem in Ländern außerhalb von Russland, denn in den frühen 1920er Jahren hatte der russische Staat das künstlerisch gestaltete Porzellan in großen Mengen in den Westen verkauft, um Devisen einzunehmen. Das sei ein Glück gewesen, denn im Zweiten Weltkrieg sei in Russland selbst fast alles zerstört worden, sagte der Sammler beim Pressetermin.

Aus den rund 700 Stücken seiner Londoner Sammlung hat Kuratorin Laura Sinanovitch 300 ausgewählt. So finden sich neben den suprematistischen Dekors und den euphorischen Revolutionsparolen auch Stücke mit Motiven aus der russischen Volkskunst, fröhlich, bunt, lebenslustig.

Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist das Schachspiel „Die Roten und die Weißen“ von Natalia Danko. Sie hat 26 Jahre lang in der Staatlichen Porzellanmanufaktur gearbeitet und in dieser Zeit 311 Skulpturen entworfen. Von ihr stammt auch eine kleine Gruppe Porzellanpfeifen, auf deren Kopf jeweils zwei Frauengesichter gemalt sind, ein fröhliches und ein trauriges.

Es ist ein besonderes Verdienst der Ausstellung, dass die Biografien aller 64 Künstler recherchiert und in einem viersprachigen Booklet dargestellt wurden, erklärte Sinanovitch. Sie habe den Personen einen wichtigen Stellenwert geben wollen, weil viele dieser Lebensläufe in den unruhigen Zeiten alles andere als glücklich waren. Viele seien verarmt oder sogar verhungert, viele wurden verfolgt, sofern sie nicht, wie Kandinsky in den Westen gezogen waren.

Die Ausstellungsräume sind in einem besonderen, erdigen Rot gehalten, was den Exponaten eine starke Präsenz verleiht. Unaufdringlich, aber bestimmt erinnern auf dem unteren Teil der Vitrinen schwarze Silhouetten mit vorwärts stürmenden Volksmassen und Gewehren an die unruhigen Zeiten, in denen die Kunstwerke entstanden sind. Ergänzt wird die Ausstellung mit Zeichnungen und Gemälden der gezeigten Künstler, ebenfalls aus der Sammlung Tsarenkov. Dass das Museum sich einem solchen Thema widmet, sei nahe liegend, sagte Sinanovitch. Denn die Dauerausstellung zeigt Spielzeuggeschirr aus vielen namhaften Porzellanmanufakturen.

Um den Kindern den Besuch der Sonderausstellung schmackhaft zu machen, wurde ein Ausstellungsführer für Kinder entworfen, bei dem man mit Meister Petz und der kleinen Mascha ein Ratespiel spielen kann. Wer die Antworten abgibt, bekommt einen Schlüsselanhänger mit einer kleinen Mascha aus Russland.   Malevich, Kandinsky und revolutionäres Porzellan, Kunst und weisses Gold russischer Meister von 1917 bis 1927: 22. April bis 8. Oktober im Spielzeug Welten Museum Basel, Steinenvorstadt 1; täglich von 10 bis 18 Uhr

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