Basel Krieg hinterlässt tiefe Spuren

Michael Werndorff
Wäre es nach der Kapitulation Frankreichs zu Kampfhandlungen auf Schweizer Gebiet gekommen, hätte Kleinbasel und die ersten beiden Häuserreihen auf Großbasler Seite evakuiert werden sollen, Unterlagen, die dem Historischen Museum Basel zur Verfügung gestellt wurden, zeugen von den Vorbereitungen. Foto: zVg/Natascha Jansen

Historisches Museum Basel sammelt Exponate aus Zeit des Dritten Reichs.

Basel - In einer Sonderausstellung will das Historische Museum Basel zeigen, wie das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben in der Stadt am Rheinknie zur Zeit des Nationalsozialismus war. Im Januar riefen die Ausstellungsmacher die Basler zur Mithilfe bei der Gestaltung der Schau auf – und das mit Erfolg, wie Projektmitarbeiterin Alexandra Heini im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet.

Gesucht wurden Alltagsgegenstände und Geschichten der Menschen im Dreiland aus dieser Zeit. Gemeldet hatten sich rund 50 Familien, die mit Gegenständen von damals und persönlichen Geschichten zur Ausstellung beitragen wollen.

„Wir sind sehr erfreut über die große Resonanz des Medienaufrufs“, sagt Heini. Zusammengekommen seien viele private Erinnerungsstücke wie Dokumente, Briefe und Fotos.

Basel wurde verdunkelt

Aber auch Verdunkelungslampen und Bombensplitter aus dem Gundeli-Quartier, die von den Fliegerangriffen der Alliierten aus dem Jahr 1945 stammen, wurden dem Museum angeboten.

„Wahrscheinlich war Freiburg das Ziel des Angriffs“, verweist Heini auf einen Navigationsfehler der Flugzeugbesatzung. Und: Die Verdunkelung sei den Baslern in Erinnerung geblieben. An der Verdunkelung ließen sich zudem die Herausforderungen des Lebens an der Grenze zum Nazireich aufzeigen.

Familienerbstück

Zu den Objekten aus der Zeit des Nationalsozialismus zählt auch ein kleiner Plüschhund mit einer persönlichen Widmung von Marschall Philippe Pétain, dem französischen Politiker und Militär, der im Jahr 1940 die Kapitulation Frankreichs erklärte. „Das hochgeliebte Familienerbstück“, erklärt Heini, „wurde einer in Basel lebenden französischen Familie geschenkt und zeigt eindrucksvoll, wie Frankreich versuchte, in einer schwierigen Zeit die französische Nation einzuschwören.“

Tagebuch gibt Einblicke

Einen intimen Einblick in das Leben eines damals zwölfjährigen Jungens ermöglicht dessen Tagebuch. Die sorgfältig archivierten Zeitungsausschnitte, Familien- und Schulerlebnisse oder Notizen über Grenzverläufe und die Entwicklung von Verbraucherpreisen haben bei Heini für Begeisterung gesorgt.

Jüdisches Leben

Nahe ging Heini das Schicksal eines jüdischen Kinds, das in Lörrach lebte und ab dem Jahr 1935 nicht mehr die Schule besuchen durfte. Den Eltern sei es aber gelungen, dass der Junge dann in Riehen zur Schule gehen konnte, wie Korrespondenzen zwischen Eltern und Erziehungsdepartement belegen.

Die Quellenlage bricht mit dem Jahr 1940 ab, dann verlaufen die Spuren der Lörracher Familie im Sand. „Das ist sehr traurig, weil man sich vorstellen kann, was mit den Menschen wohl passiert ist.“ Die Projektmitarbeiterin will aber Licht ins Dunkel bringen. So will sie im Lörracher Stadtarchiv, in der Flüchtlingsdatenbank in Zürich und in der Datenbank der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem nach dem Verbleib der Familie forschen.

Konzeption erstellen

Jetzt gehe es darum, die Ausstellungsinhalte für die in gut einem Jahr startende Schau „Grenzfälle“ zusammenzutragen und die Konzeption zu erarbeiten. Dieser Arbeitsschritt soll bereits im Frühsommer unter Dach und Fach sein.

„Eine Schau lebt zwar von Objekten, die vielen persönlichen Geschichten sollen aber berücksichtig werden“, erläutert Heini. „Viele Themen sind von der Forschung bereits beleuchtet worden, dennoch finden sich immer wieder neue Aspekte, die es verdienen, näher betrachtet zu werden.“ So zum Beispiel die Grenzbeziehung und das Alltagsleben der Menschen, die jenseits des Schlagbaums ihren Arbeitsplatz hatten, dann aber von einem auf den anderen Tag nicht mehr die Grenze passieren durften. Laut Heini könne auf lokaler Ebene noch viel geforscht werden.

Und auch das jüdische Leben beschäftigt die Historiker. Oft stünden Flucht und Vertreibung im Vordergrund, es gebe aber auch eindrückliche Schilderungen finanzieller und emotionaler Herausforderungen im Alltagsleben der Basler Juden, weiß Heini. So sei zum Beispiel die Angst vor einem Einmarsch deutscher Truppen in die neutrale Alpenrepublik groß gewesen.

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